Kommt ein waschechter Münchner nach Kitzingen... Das könnte der Anfang eines Witzes sein. Tatsächlich ist es der Beginn einer schönen Geschichte. Der Geschichte von Willi Hertlein, besser bekannt als Onkel Willi. Er muss sich unsterblich in Kitzingen verliebt haben. So sehr, dass er die Liebe zu seiner Wahlheimat auch weitergeben wollte: Jahrelang war er Gästeführer und gehörte, wenn er Besuchergruppen durch die Straßen führte, irgendwie zum Stadtbild. Und zeigte, das passt ganz gut ins Bild, regelrechte Führungsqualitäten.
Die Hinweise und Fragen der Gäste bei den Führungen durch die Stadt schärften den eigenen Blick für manche Kleinigkeiten, die andere längst nicht mehr sahen. Immer wieder landeten Dankesschreiben in der Tourist-Information: Da wurde von dem Ausflug nach Kitzingen geschwärmt und besondere Grüße sollten doch bitteschön Stadtführer Willi ausgerichtet werden. Willi war für die Stadt erst ein Glücksfall und dann ganz schnell eine Institution.
Wo Frankreich und Polen liegen
Willi kümmerte sich um alles. Etwa um den Wegweiser am Platz der Partnerstädte. Der trägt nicht nur den Namen der drei Kitzinger Partnerstädte Prades, Montevarchi und Trebnitz, sondern weist denen auch eine Richtung zu. Wo es aber wirklich langgeht, wusste nur Onkel Willi: Er zückte den Kompass und musste feststellen: In den angezeigten Richtungen liegen weder Frankreich, noch Italien und schon gar nicht Polen.
Das Sendungsbewusstsein des Neu-Kitzingers ging noch weiter. Es sah die Stadt mit seinen Augen. Es gab nichts, was ihm nicht in irgendeiner Form auffiel. Und weil das gar so viel war, wurde zwischen 2015 und 2017 sogar eine Kolumne in der Zeitung daraus. Einmal monatlich zeigte sich Onkel Willi nun auch den Lesern. Wenn irgendwo Schrauben locker waren oder fehlten, wenn irgendwo die Uhren anders gingen - Willi berichtete darüber. Selbst "Karies im Stadtbild" entging dem Mann mit dem markanten Hut nicht. Er entdeckte Dinge, die einem Durchschnittskitzinger nicht mal ansatzweise auffallen würden. Ein immer gut gelaunter Kitzingen-Erklärer.
Kitzingen ans Herz gewachsen
Jetzt, nach zehn Jahren, hat Onkel Willi mit den Stadtführungen aufgehört. Wobei er natürlich dem Stadtbild erhalten bleibt und beispielsweise noch im Deutschen Fastnachtmuseum tätig ist. Vom Team der Touristinfo gab es natürlich Abschiedsgrüße und ein Präsent. Kitzingen, so betonte Onkel Willi zum Abschied, sei ihm "ans Herz gewachsen". Es hätten sich "viele Bekanntschaften und Freundschaften entwickelt", die allesamt "mehr wert sind als Geld". Der letzte Satz war eine Bitte: "Vergesst den Onkel Willi nicht im Laufe der Zeit!" Die Gefahr dürfte nicht bestehen.
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