Der Anfang war etwas holprig. Die Wahl von Uwe G. Hartmann (Bayernpartei) zum Kitzinger Umweltreferenten stieß nicht gerade auf Gegenliebe der Grünen-Fraktion. Längst sind die Differenzen beigelegt. Längst arbeiten Hartmann und Klaus Sanzenbacher Hand in Hand. Ein Gespräch mit dem Umweltrefenten der Stadt und dem Umweltreferenten des Landkreises Kitzingen über Erreichtes, Erwünschtes und Erhofftes.
Frage: Kurz nach Ihrer Wahl zum Umweltreferenten der Stadt Kitzingen kursierte ein Video im Netz, das sie nicht gerade vorteilhaft porträtierte. Absender: die Grünen.
Hartmann: Schnee von gestern. Wir haben uns schnell zusammengesetzt und die Dinge ausgeräumt. Die Sache ist uns wichtig. Und dafür kämpfen wir gemeinsam.
Sanzenbacher: Das war ein unglücklicher Start mit sehr emotionalen Reaktionen. Aber mittlerweile arbeiten wir eng zusammen, ziehen am gleichen Strang in dieselbe Richtung. Im Kitzinger Stadtrat geht in Sachen Umweltschutz auf jeden Fall mehr als im Kreistag.
Wo Sie der Umweltreferent sind. Warum ist das so?
Sanzenbacher: Die Stadt hat mehr Zuständigkeiten und damit umfangreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Letztendlich ist Umweltschutz beim Landratsamt ja eine staatliche Aufgabe, die auf die einzelnen Gemeinden heruntergebrochen wird. Wo zum Beispiel mit der Abfallwirtschaft nur wenige Aufgaben direkt beim Landkreis und damit beim Kreistag liegen. Dennoch würde ich mir wünschen, dass sich der Kreistag künftig noch deutlicher für den Umweltschutz positioniert.
Zum Beispiel?
Sanzenbacher: In Kitzingen ist kürzlich eine Streuobstwiese eingeweiht worden, der Vorschlag passierte problemlos den Stadtrat. Die meisten Stadträte haben Bäume gesponsort. Unser Vorschlag für eine Kreistags-Allee wurde im Kreistag abgelehnt.
Wie entstehen Ideen für einen besseren Umweltschutz in Kitzingen?
Hartmann: Wir sprechen uns regelmäßig im Umweltbeirat ab. Der tagt immer vor dem Verwaltungs- und Bauausschuss. Im Beirat sind Experten aus allen Fraktionen vertreten und bringen ihre Vorschläge ein. Erfreulicherweise haben wir grundsätzlich die gleichen Vorstellungen. Es geht in den Diskussionen meistens nur um Nuancen.
Welche Vorstellungen haben Sie, wenn es um die Zukunft der Stadt geht?
Hartmann: Kitzingen soll grüner werden und damit auch lebenswerter.
Sanzenbacher: Die Mainpromenade auf der Stadtseite hätte ich in dieser Form zum Beispiel nie genehmigt. Es sind dort zu viele versiegelte Flächen und zu wenig Grün.
Hartmann: Ich auch nicht. Ich wünsche mir vielmehr eine Renaturierung der Bachläufe und mehr Bäume in der Stadt ...
Sanzenbacher: Photovoltaik auf den Dächern...
Hartmann: Begrünte Fassaden ...
Sanzenbacher: Weniger Flächenfraß ...
Hartmann: Den Ausbau des Königsplatzes zum Stadtpark.
Sanzenbacher (lacht). Sie merken: Es gibt viele Projekte und Ideen. Da ist ganz viel Bewegung in diese Thematik gekommen.
Hartmann: Wurde auch Zeit. Wir haben einige Jahre in Kitzingen vergeudet, aber mit diesem Stadtrat ist Zug in die Sache gekommen.
Welche konkreten Projekte sind bereits umgesetzt worden?
Hartmann: Neben der Streuobstwiese haben wir eine Förderung von Photovoltaik auf Einfamilienhäusern beantragt. 800 Euro sind nicht viel, aber immerhin ein zusätzlicher Anreiz.
Sanzenbacher: Und ein Zeichen, dass es uns Ernst ist. Flachdächer in Gewerbegebieten sollen künftig begrünt oder mit Photovoltaik bestückt werden. Gleichzeitig informieren wir uns über neue Technologien und deren Einsatzmöglichkeiten in der Stadt. Solardachziegeln und überall anbringbaren PV-Folien gehört meiner Meinung nach die Zukunft.
Zieht die Bevölkerung bei Ihren Plänen mit?
Hartmann: Das ist wie immer: Es gibt Bürger, die uns unterstützen und selbst Ideen einbringen, während andere eher bremsen.
Sanzenbacher: Vor allem, wenn es um eigene Interessen geht.
Stichwort Steigweg: Dort soll ein Areal mit Wohnblocks gebaut werden, Bäume müssen gerodet werden. Eine Bürgerinitiative hat sich gegründet und 2711 Unterschriften gesammelt, um das Projekt zu verhindern. Wie stehen Sie zu dem Vorhaben?
Sanzenbacher: Grundsätzlich müssen wir wegkommen vom Flächenfraß. Es ist besser, in die Höhe zu bauen als in die Breite. Hier passt aber zum Beispiel die Planung mit rund 350 Stellplätzen nicht zu den örtlichen Gegebenheiten, wie auch dem Verkehrsgutachten zu entnehmen ist. Insgesamt ist recht nebulös, wer dort was genau plant, was auch eine Akzeptanz durch die Bevölkerung deutlich erschwert.
Hartmann: Natürlich haben die Anlieger ein Interesse daran, dass nicht vor ihrer Haustür gebaut wird. Am Steigweg kommt hinzu, dass es bis heute nicht ganz klar ist, was genau dort entstehen soll.
Sanzenbacher: Deshalb hätte ich mir einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan gewünscht. Dann hätte die Stadt mehr Einflussmöglichkeiten gehabt und jeder hätte gewusst, was geplant ist und auch umgesetzt wird.
Hartmann: Wir müssen immer abwägen zwischen den Interessen der Stadt und dem Umweltschutz. Der Investor hat uns einen schlüsselfertigen Kindergarten versprochen. Der wäre natürlich ein großer Gewinn für die Stadt. Die geplante autarke Energieversorgung wäre ein Pluspunkt in Sachen Umweltschutz.
Sanzenbacher: Aber all das ist nirgendwo festgeschrieben. Es sind momentan nur Ankündigungen und Versprechungen des Investors, wie schon vor einigen Jahren beim Bahnhof.
Beim Klimaschutzkonzept für Kitzingen blieb es bislang auch nur bei einer Ankündigung.
Hartmann: Sehr ärgerlich. Ich hatte es im April angefordert. Mein Ziel war es, dass der Klimaschutzmanager Anfang kommenden Jahres auf Grundlage dieses Konzeptes loslegen kann. Jetzt wird der Posten erst zum 1. Juni 2022 vergeben und der Manager soll selbst ein Konzept erstellen. Wir verlieren auf diese Art und Weise ein Jahr, mindestens.
Sanzenbacher: Auf der anderen Seite kann der neue Mitarbeiter eigene Schwerpunkte setzen. Im Landratsamt ist diese Stelle vor kurzem besetzt worden. Anke Hormel bringt ganz schön Zug in die Sache.
Welche Ziele setzen Sie sich für Kitzingen?
Hartmann: Zunächst einmal freue ich mich auf die Eröffnung eines Biberlehrpfades und dann möchten wir im kommenden Jahr ein Lichtkonzept umsetzen.
Sanzenbacher: Da geht es nicht nur um die Wahl der richtigen Leuchtmittel. Es geht auch darum, die Beleuchtung insgesamt zu reduzieren. Schon alleine, um Insekten zu schützen.
Hartmann: Da liegt eine Menge Überzeugungsarbeit vor uns. Mein Fernziel lautet, Kitzingen energieautark zu machen. Ich träume davon, dass wir uns eines Tages selbst versorgen können mit Strom aus Windkraft, Solar und Wasserkraft. Aber das ist sicherlich die härteste Schlacht, die kommen wird.
Werden Sie Ihren Stadtratskollegen bei diesem Kampf beistehen?
Sanzenbacher: Wenn eine Umsetzung realistisch ist, natürlich. Aber wir haben in Kitzingen jetzt schon aufgrund der geltenden Abstandsregelungen keine Flächen mehr für Windkrafträder. Wir dürfen beim Klimaschutz nicht den Artenschutz vernachlässigen und Lebensräume von Tieren für den Bau von Windkraftanlagen opfern. Ich würde erst einmal im Kleinen anfangen, zum Beispiel beim Energie sparen, und das vorhandene Potenzial an Dachflächen für PV-Anlagen nutzen. Ein funktionierendes Stadtbus-System, bei dem alle Stadtteile angebunden sind, ist auch dringlich.
Hartmann (lacht): Sie sehen, langweilig wird uns so schnell nicht.