Es ist jedes Jahr das Gleiche. Während der Dezember noch durch warmen Lichterglanz besticht, kommt der Januar kahl, kühl und grau daher. Im Februar wird's erst mal nicht besser. Der Weg bis zum Frühling zieht sich hin. Wenn die Sonne auf das Graubraun scheint, geht es noch. Wenn nicht, dann friert der Körper und auch die Seele setzt die eine oder andere Frostbeule an. Die allermeisten Menschen sehnen sich jetzt nach Licht und Farbe – „besonders nach frischem Grün“, weiß Gärtnermeisterin Bettina Hägerich. Mit ihr würden derzeit viele Frauen und sicher auch einige Männer gern tauschen. Denn ihr Arbeitsplatz ist die „Fränkische Toskana“ in Wiesentheid – eine Oase für alle, die dem Winterblues entwischen wollen.
DIE KITZINGER: „Wenn du einen Tag glücklich sein willst, besaufe dich; wenn du ein Jahr glücklich sein willst, heirate; wenn du ein Leben lang glücklich sein willst, werde Gärtner.“ – Ist was dran an diesem schönen japanischen Sprichwort?
Bettina Hägerich: Auf jeden Fall. Oder haben Sie schon mal einen Gärtner mit Depressionen gesehen?
Liegt das Glück also im Grünen, im Wachsen? Oder woran?
Eine Pflanze ist etwas Lebendiges, jede Pflanze bedeutet Leben. Psychologen wissen seit langem, dass man ruhiger und ausgeglichener wird, wenn man von Grün umgeben ist. Pflanzen sind quasi natürliche Antidepressiva. Zudem haben Pflanzen in Wohn- und Arbeitsräumen ja auch wichtige Funktionen: Sie schlucken Schall und verbessern die Luft.
Früher hat es immer geheißen, dass man bloß keine Grünpflanzen ins Schlafzimmer stellen soll – wegen des Sauerstoffverbrauchs.
Das ist ein Gerücht, das sich hartnäckig hält. Natürlich „atmet“ jede Pflanze nachts, wenn sie keine Photosynthese betreibt. Aber ihr Sauerstoffverbrauch ist so gering, dass das dem Schlafenden überhaupt nicht schadet. Im Gegenteil. Denn tagsüber verwandelt die Pflanze ja Kohlendioxid in viel mehr Sauerstoff, als sie nachts verbraucht.
Gibt es Pflanzen, die besser als andere die Stimmung heben?
Grundsätzlich gilt: Gut für einen ist, was einem individuell gefällt. Es gibt ganz viele Wohlfühlpflanzen, die langlebig und robust sind – also ideal für Leute, die nicht allzu viel Zeit für die Pflege aufbringen wollen: Elefantenfuß oder Efeutute zum Beispiel. Oder auch Bogenhanf, die typische Wirtshauspflanze.
Das sind ja alle altbekannte Hausgenossen. Gibt es etwa einen Retro-Trend?
Ja, viele Altbekannte feiern ein Revival. Sie kommen wieder, weil das Zusammenleben mit ihnen einfach gut funktioniert. Allerdings werden sie anders präsentiert.
Inwiefern?
Heute will man nicht mehr möglichst viele kleine Pflanzen haben, sondern lieber ein, zwei große, die in schönen Gefäßen an herausragenden Stellen präsentiert werden.
Das liegt wahrscheinlich daran, dass Häuser heute anders gebaut werden als früher, etwa mit großen Fensterfronten.
Genau. Da bietet es sich richtig an, sich zum Beispiel eine schöne Zimmerlinde – die ist allerdings etwas pflegeintensiver – oder einen Drachenbaum ins Wohnzimmer zu holen. Dann können die Männer übrigens auch den Spruch verwenden, den mein Partner immer sagt: 'Mein Feuer geht nie aus, denn ich habe einen Hausdrachen daheim.'“
Na, das ist ja ein Anreiz. Verdient der Drachenbaum wenigstens seinen Namen oder lässt er die Blätter hängen, wenn man mal das Gießen vergisst?
Grundsätzlich gibt es viele Pflanzen, die alle möglichen Fehler verzeihen; Hydrokulturen sind da das Paradebeispiel – die sind auch sehr langlebig. Aber es gilt auch: Nur gesunde Pflanzen machen Spaß und haben die genannten positiven Effekte. Jede Pflanze ist ein lebendiges Objekt, für das man ein bisschen was tun und über das man ein bisschen was wissen sollte.
Mögen es die lebendigen Objekte eigentlich, wenn man sie abstaubt? Gerade nach dem Winter scheinen das einige Grünlinge nötig zu haben.
Keine Pflanze will unter einer Staubschicht leben. Deshalb ist es auf jeden Fall gut, wenn man mal mit einem feuchten Zewa vorsichtig über die Blätter wischt. Oder die Pflanzen an einem halbschattigen Frühlingstag draußen mal richtig abspritzt. Auf saubere Blätter kann man auch Blattglanz sprühen, das hält den Staub künftig etwas ab. Aber das Zeug ist halt chemisch...
Was brauchen „Pflanzen für die Seele“ noch?
Dünger. Für die eher Faulen unter uns – dazu gehör' ich auch – empfehlen wir Langzeitdünger; den muss man nur zweimal pro Jahr geben.
Und was ist, wenn trotz aller Liebe und Pflege Wollläuse oder Spinnmilben den Weg ins Haus gefunden haben?
Das kann im hygienischsten Haushalt passieren. Das Zeug fliegt einfach rein oder wird durch andere Pflanzen mit reingeschleppt. Oft gibt es gerade im Winter Schädlingsbefall, wenn das Licht nicht optimal ist. Da hilft entweder die chemische Keule oder der Einsatz von Nützlingen. Unter www.nuetzlinge.de gibt es dazu viel Wissenswertes.
Sind die Pflanzen eigentlich eher vor Schädlingsbefall gefeit, wenn sie in einem Wintergarten stehen?
Nur dann, wenn der Wintergarten ihren jeweiligen Bedürfnissen optimal Rechnung trägt. Es gibt vier verschiedene Typen von Wintergärten: die gar nicht geheizten, die kalten, in denen es nicht friert, die Fast-Wohnwintergärten mit 12 bis 16 Grad Temperatur und die Wohnwintergärten mit 18 bis 22 Grad. Natürlich gedeihen nicht alle Pflanzen überall.
Wer sich also einen Wintergarten wünscht, weil viel Licht und schöne Pflanzen die Stimmung heben, muss er erst mal festlegen, was genau er für einen will.
Exakt. Wenn man am Wintergarten spart, dann zahlt man das später an den Pflanzen drauf. Belüftung und Beschattung sind heutzutage nicht mehr unbedingt Rieseninvestitionen. Es lohnt sich, sich genau zu informieren. Dann kann der Wintergarten zum wahr gewordenen Wohntraum werden und dafür sorgen, dass der Winterblues künftig keine Chance mehr hat.
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