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NORDHEIM/ASTHEIM: Schüsse im Weinberg

NORDHEIM/ASTHEIM

Schüsse im Weinberg

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    „Es ist kein ohrenbetäubender Lärm, aber das permanente Knallen nervt“, sagt Ingrid Dusolt. Alle drei Minuten gibt die Schießanlage drei aufeinanderfolgende Schüsse ab. Die Volkacher Stadträtin Dusolt, die in Astheim wohnt, hat bereits 2009 begonnen den Protest in ihrer Nachbarschaft zu bündeln. Ergebnis war eine Liste mit rund 40 Familien, die sich von den Schüssen gestört fühlten – insgesamt über 130 Personen, darunter auch viele Kinder.

    Vor allem in den frühen Morgenstunden und abends, wenn es eigentlich ruhig draußen ist, sei das Knallen besonders störend, so Dusolt. Laut der Stadträtin setzen die Schüsse morgens um 7.30 Uhr ein. Schluss sei abends nicht vor 21 Uhr; andere Anwohner wollen das Knallen auch schon nach 21.30 Uhr gehört haben.

    „Die Vögel fliegen drauf“

    Schmitt hält dagegen: Die Anlage sei nur zwischen 8 und 20 Uhr in Betrieb. Dabei hätte er das Recht von 6 bis 22 Uhr seinen Weinberg zu beschallen. Und auch sonst halte er alle rechtlichen Bestimmungen ein: „Letztes Jahr war die Polizei im Weinberg, hat den Abstand der Schießanlage zum Wohngebiet kontrolliert und eine Dezibelmessung vorgenommen“, sagt er. Alles sei in Ordnung, damals wie heute.

    Nicht „in Ordnung“ finden die Astheimer die Situation. Die Schüsse minderten die Wohnqualität, so Dusolt. Einige Bewohner der Siedlung werfen Schmitt Rücksichtslosigkeit vor. Der sieht das erwartungsgemäß anders: „Ich habe die Anlage ja nicht in Betrieb, um Leute zu ärgern“, betont er. Die Schüsse dienten nur dem Schutz seiner Trauben.

    Bei denen handelt es sich um eine Frühburgunder. „Die sind süß und haben eine leuchtende Farbe“, so Schmitt. „Die Vögel fliegen förmlich drauf.“ Erschwerend kommt hinzu, dass die gefiederten Traubendiebe keinen weiten Weg zu ihrer Beute haben. Der 1000 Quadratmeter große Weinberg, den Schmitt beschießt, liegt in unmittelbarer Nähe zu einem Waldstück oberhalb, in dem viele Vögel zuhause sind.

    Ohne Schießanlage, da ist sich Schmitt sicher, wäre der Weinberg Jahr für Jahr ein „Komplettausfall“, der Verlust für den Winzer groß: Zwischen 800 und 1000 Liter Saft gibt der Weinberg ab. Für Schmitt bares Geld – über 2500 Euro.

    Streitbare Alternativen

    Schützenhilfe bekommt der Winzer von Nordheims Bürgermeister Guido Braun. „Wenn Herr Schmitt seinen Weinberg nicht schützt, braucht er nicht mehr zur Ernte raus“, sagt er. Er bedauere es zwar, dass sich die Astheimer gestört fühlen, „aber einige Wochen muss man das eben ertragen“, findet er. Verständnis für den Winzer hat auch GWF-Weinbaufachberater Hubert Wohlfart. „Schießanlagen sind sehr selten geworden“, sagt er. In Extremfällen aber – und dazu zähle der Anbau von Frühsorten in Waldnähe – sei deren Einsatz aus ökologischer und wirtschaftlicher Sicht „der dankbarste Weg“.

    Außerdem handle es sich über einen überschaubaren Zeitraum, in dem der Weinberg beschossen wird. Frühsorten werden in der Regel Mitte September gelesen. Alternativen zu Schießanlagen beurteilen Experten kritisch. Der Einsatz von Netzen sei problematisch, so Wohlfart. Immer wieder verfingen sich darin Vögel, aber auch Igel und andere Tiere.

    Akustische Geräte, die beispielsweise Vogelschreie nachahmen, erzielen nicht immer den gewünschten Effekt. „Sie haben nicht auf alle Vögel Einfluss“, erklärt Weinbaufachberater Paul Streng vom Amt für Landwirtschaft Kitzingen.

    Wenn die Situation auch schwierig ist: Wünschenswert sei es, dass beide Seiten aufeinander zugehen und insbesondere, was die Uhrzeiten, in denen die Schüsse fallen, angeht, einen Kompromiss finden würden, appelliert Wohlfart.

    In diesem Fall dürfte das ein kompliziertes Unterfangen werden – schließlich herrscht aktuell nicht einmal Einigkeit darüber, zu welchen Uhrzeiten es im Weinberg knallt.

    Stichwort: Vogelabwehr im Weinberg

    Wenige Wochen vor der Lese müssen die Winzer ihre Trauben vor Vogelfraß schützen. Dabei haben die Weinbauern bestimmte Regeln einzuhalten.

    Beispielsweise dürfen Schussapparate und phonoakustische Geräte nur während der Tageszeit eingesetzt werden. Außerdem müssen Mindestabstände zu Wohngebieten eingehalten werden: 300 Meter zu reinen, 500 Meter zu allgemeinen Wohngebieten und 700 Meter zu Misch- bzw. Dorfgebieten. Entsprechend gelten Lautstärkegrenzen (zwischen 50 und 60 dB(A)), die nicht überschritten werden dürfen.

    Die Einhaltung dieser Richtlinien wird von den zuständigen Behörden überwacht. Wie der Weinbauring Franken e.V. mitteilt, „ist die Schusshäufigkeit möglichst gering zu halten“, um Belästigungen zu vermeiden.

    Auch bei der Verwendung von Netzen zur Vogelabwehr sind bestimmte Regeln zu beachten: Bei einer Ganzflächenbespannung dürfen nur blaue Netze mit einer Maschenweite von maximal 30 mal 30 Zentimetern benutzt werden. Die Netze müssen straff und windsicher gespannt werden, wobei ein Mindestabstand zum Boden von etwa 40 Zentimetern eingehalten werden muss.

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