Wenn der Wind mal wieder stärker ist und heftiger Regen lautstark aufs Wellblech-Dach prasselt, dann ist sie sofort wieder da. Die Angst, die die Bewohner der philippinischen Insel Calicoan in der Nacht auf den 8. November 2013 heimsuchte. Der Wirbelsturm „Yolanda“ zerstörte damals ihr Zuhause. Der Deutsche Norbert Gresser, Leiter der Sozialstation MediCare in Fröhstockheim, und seine philippinische Ehefrau Mary Ann waren eine Woche nach dem Unglück als Ersthelfer vor Ort. Damals haben sie dem Heimatdorf von Mary Ann versprochen, wiederzukommen. Und das taten sie. Im Januar war das Ehepaar erneut dreieinhalb Wochen vor Ort. Wiederaufbau war diesmal das Motto ihrer Mission. Bei ihrer Abreise hatten sich die Trümmer einer Schule in eine vernünftige Unterkunft verwandelt.
400 Kilogramm Zement, 210 Kilogramm Nägel und 305 Kubikmeter Palmholz. Beeindruckende Zahlen, die jedoch noch beeindruckender werden, wenn man die Bedingungen vor Ort kennt: Transportiert wurde das Material nach und nach über 70 bis 240 Kilometer mit einem Kleinbus, der eigentlich nur mit 300 Kilogramm beladen werden durfte. „Eigentlich“, wiederholt Norbert Gresser und erzählt von dem geplatzten Vorderreifen, der das Übergewicht bei der x-ten Fahrt dann doch nicht mehr gepackt hat. „Zirka 300 Tonnen hatten wir am Ende damit transportiert“, sagt er.
Alles auf Anfang
Dazu kamen Dauerregen und Sturm, die Ausläufer eines weiteren heftigen Wirbelsturms Anfang des Jahres. Die Folgen: Die Arbeiter hatten nach tagelangem Werkeln im Nassen wunde Füße. Die von der UN für die obdachlosen Bürger aufgestellten Zelte flogen davon, stürzten ein oder begannen zu schimmeln.
„Es gibt dort immer noch nur begrenzt fließendes Wasser und keinen Strom“, versucht Mary Ann Gresser einen Eindruck von der Situation vor Ort zu geben. Die Bewohner leben zu acht auf zehn Quadratmetern. Nicht nur die meisten Häuser sind zerstört, sondern auch die Lebensgrundlage.
Um zumindest die Versorgung zu gewährleisten, hat die Philippinin den Bau eines geschützten Gewächshauses vorangetrieben. „Damit der Regen nicht wieder alles kaputt macht“, erklärt sie. Bohnen, Tomaten, Bittermelonen und mehr werden dort bald sprießen.
Vier Unterrichtsräume
Gefreut haben sich die Gressers über die Begegnungen mit Menschen, denen sie im November geholfen haben. Ihnen wurde jede Menge Dankbarkeit entgegengebracht – von einem Friseur, der nach schlimmen Schnittverletzungen an der Hand und an den Fingern schon wieder Haare schneiden kann oder von einem kleinen Mädchen, das Dank eines aus einer PET-Flasche gebastelten Verbandes am Ende doch nicht ihr Auge verloren hat.
Das eigentliche Ziel ihrer Mission war jedoch der Wiederaufbau der Schule. „Stillstand in der Ausbildung heißt Stillstand in der Gesellschaft“, sagt Norbert Gresser. Gerade deshalb war es ihm wichtig, schnell vier Unterrichtsräume zu schaffen und die sanitären Einrichtungen auf Vordermann zu bringen. Mit Motorsägen wurde Holz aus Kokospalmen gesägt. Dann ging es los. Vier Wochen später war das vorherige Trümmerfeld nicht mehr wiederzuerkennen. Zirka 200 Kinder danken es.
Anfang März wird es auf den Philippinen endlich trockener und weniger stürmisch. Die Regenzeit ist vorbei. Und die Menschen auf Calicoan Island hoffen darauf, bald nicht mehr so oft voller Angst aus ihren Betten hochzuschrecken.
ONLINE-TIPP
Einen ausführlichen Bericht über die erste Mission der Gressers finden Sie im Internet unter www.infranken.de
Hilfe für Calicoan Island
„Yolanda“: Am 8. November schlug ein Taifun mit 380 Stundenkilometern aufs Festland der Philippinen ein. Er hinterließ über 6000 Tote und eine Spur der Verwüstung. Auch Calicoan Island, der Heimatort von Mary Ann Gresser, war schwer betroffen. Das Ehepaar Gresser versorgte damals etwa 10000 Menschen mit medizinischer Hilfe und Nahrungsmitteln.
Hilfsprojekte: Die Gressers stecken nicht nur Eigenkapital in Hilfe und Wiederaufbau, sondern werben auch gezielt um Spendengelder, um den Menschen als nächstes durch den Bau von Fischerbooten einen Teil der entzogenen Lebensgrundlagen zurückgeben zu können. Vereine, Schulen und Privatpersonen beteiligten sich bereits. Auch die Aktion „Rödelsee hilft“ widmet sich heuer dem Hilfsprojekt.
Spenden: Es gibt ein Spendenkonto für alle, die das Ehepaar Gresser bei seiner Arbeit unterstützen möchten: Humanitäre Hilfe Landsberg e.V., Konto-Nr. 306704000, BLZ 70091600, Betreff: Hilfe für Samar.