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IPHOFEN: Schwierige Wahl beim Bayerischen Bauernverband im Landkreis Kitzingen: Keiner will Kreisobmann werden

IPHOFEN

Schwierige Wahl beim Bayerischen Bauernverband im Landkreis Kitzingen: Keiner will Kreisobmann werden

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    Das Führungsteam des BBV-Kreisverbandes: Anette vom Berg-Erbar, Helmut Schmidt und Tanja Graber.
    Das Führungsteam des BBV-Kreisverbandes: Anette vom Berg-Erbar, Helmut Schmidt und Tanja Graber. Foto: Foto: Daniela Röllinger

    Betretenes Schweigen: Der Wahlabend beim BBV am Freitag in Iphofen nahm einen Verlauf, wie er so nicht gedacht war. Nachdem Kreisobmann Alois Kraus nach 15 Jahren nicht mehr kandidierte, sollte ein Nachfolger gewählt werden. Doch niemand erklärte sich bereit, das Amt zu übernehmen. Am Ende der mehrstündigen Veranstaltung stand ein ungewöhnliches Ergebnis: So lange es keinen neuen Kreisobmann gibt, übernimmt Kreisbäuerin Anette vom Berg-Erbar den Posten kommissarisch. Sie war zuvor einstimmig in ihrem Kreisbäuerinnen-Amt bestätigt worden. Dass sie bereit ist, für eine Übergangszeit noch mehr Verantwortung zu übernehmen, quittierten die anwesenden Ortsobmänner und Ortsbäuerinnen mit anhaltendem, anerkennenden Applaus.

    Sorgenfalten standen auf seiner Stirn, als Alois Kraus am Freitagabend die Karl-Knauf-Halle in Iphofen betrat. Der Bayerische Bauernverband hatte zur Wahl der Kreisvorstandschaft eingeladen. Kraus, Landwirt aus Biebelried, hatte sich schon vor längerer Zeit entschieden, nicht noch einmal zu kandidieren. Mit 47 Jahren war er zum Kreisobmann gewählt worden. Mit 62 hält er die Zeit für gekommen, das Ruder in jüngere Hände zu übergeben. Kraus hatte sich seit Monaten bemüht, einen Nachfolger zu finden und zunächst schien es auch so, als sei das gelungen. Doch der potenzielle Nachfolger sprang wieder ab – und so zeichnete sich im Vorfeld der Veranstaltung ab, dass die Sache schwierig werden könnte. Sämtliche Gespräche, die Kreisobmann Kraus, Kreisbäuerin Anette vom Berg-Erbar und Kreisgeschäftsführer Wilfried Distler führten, blieben ergebnislos. Alle winkten ab, aus verschiedensten Gründen. Damit blieb dem BBV im Landkreis Kitzingen eine Erfahrung, die viele Vereine und Organisationen und auch andere BBV-Verbände und Ortsgruppen schon gemacht haben, nicht erspart.

    „Bitte lasst nicht zu, dass ein Berufsstand ohne Gesicht in der Öffentlichkeit dasteht.“

    Alois Kraus, scheidender BBV-Kreisobmann

    Den Rückblick auf seine Amtszeit nutzte Alois Kraus, dem anzumerken war, wie sehr ihn die Situation belastet, am Freitagabend noch einmal für einen Appell. Der BBV sei eine große Solidargemeinschaft, die nur funktioniere, wenn alle an einem Strang ziehen. Der Bauernverband sei ein „Mitmach-Verband“, der sehr demokratisch aufgestellt sei und in dem jedes Mitglied seine Meinung sagen solle. In dem aber auch jedes Mitglied gefordert sei, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten einzubringen. Er sei 15 Jahre immer in der ersten Reihe gestanden und – neben anderen – eines der Gesichter des BBV auf Kreisebene gewesen.

    Nun sei es an der Zeit, anderen, jüngeren Leuten die Möglichkeit zu geben, dem BBV ihr Gesicht zu geben und ihren Stempel aufzudrücken. „Bitte lasst nicht zu, dass ein Berufsstand ohne Gesicht in der Öffentlichkeit dasteht“, so Kraus. Das sei an diesem Abend sein größter Wunsch an die Anwesenden. Doch dieser Wunsch sollte ihm nicht erfüllt werden.

    „Die Zusammenarbeit war immer geprägt von gegenseitiger Wertschätzung und absoluter Gleichberechtigung.“

    Anette vom Berg-Erbar, wiedergewählte Kreisbäuerin

    Nach dem Motto „Ladies first“, aber womöglich auch im Bewusstsein, dass die Wahl bei den Männern schwierig werden würde, führten zunächst die Ortsbäuerinnen die Wahl ihrer Vorstandschaft durch. Anette vom Berg-Erbar, Kreisbäuerin seit 2012 und zuvor schon stellvertretende Kreisbäuerin, hob ebenso wie Alois Kraus hervor, wie gut die Zusammenarbeit in den Vorstandsteams und zwischen den Männern und Frauen im Kreis Kitzingen funktioniere. „Sie war immer geprägt von gegenseitiger Wertschätzung und absoluter Gleichberechtigung.“ Man habe gemeinsam geplant, gemeinsam durchgeführt, manchmal gemeinsam gefeiert „aber auch gemeinsam die Ärmel hochgekrempelt und Scherben zusammengefegt“.

    Wie zufrieden die Ortsbäuerinnen mit der Arbeit von Anette vom Berg-Erbar sind und welch großen Respekt sie ihrer Kreisbäuerin zollen, machte das Wahlergebnis deutlich: Von den 42 anwesenden Stimmberechtigten gaben ausnahmslos alle der 52-jährigen Gnodstädterin ihre Stimme.

    Neu zu besetzen war das Amt der stellvertretenden Kreisbäuerin, da Ute Mulzer nicht mehr kandidierte. Einzige Kandidatin war die neue Euerfelder Ortsbäuerin Tanja Graber, die 41 von 42 Stimmen bei einer Enthaltung erhielt. Völlig problemlos verlief auch die Wahl der Beisitzerinnen Margarete Uhlmann (Mönchshondheim), Sonja Brügel (Mönchsondheim), Marion Röschert (Dettelbach), Andrea Mahr (Ebersbrunn) und Jutta Bernard (Volkach).

    Kreisobmann, Stellvertreter, Beisitzer – in dieser Reihenfolgte hätten dann auch die Ortsobmänner wählen sollen. Doch als Wahlleiter Dr. Wilhelm Böhmer, Direktor der BBV-Bezirksverbände Ober-, Mittel und Unterfranken, nach Kandidaten für das Amt des Kreisobmanns fragte, herrschte erst mal längere Zeit betretenes Schweigen. Der Name Wilfried Distler wurde genannt – eine Wahl wäre theoretisch möglich gewesen, da auch er Ortsobmann ist, zugleich aber eben auch Kreisgeschäftsführer des BBV. „Wir haben darüber diskutiert, aber das macht keinen Sinn“, so Distler.

    Zuvor war bereits Helmut Schmidt vorgeschlagen worden. Der Gnötzheimer ist bisher stellvertretender Kreisobmann – und für diesen Posten stand er auch wieder zur Verfügung. Ganz an die Spitze aber wollte er nicht, was den Anwesenden auch bekannt war. Er ist über 60 Jahre alt, hat keinen Nachfolger, das Ende des Betriebs in wenigen Jahren ist in Sicht. Das sei nicht ideal für einen Kreisobmann und daher bat Schmidt „Kräfte, die vielleicht einen Junior daheim haben oder einen aktiven Betriebsleiter, sich heute doch noch zur Verfügung zu stellen“. „Wie schaut es aus, meine Herren?“, fragte daraufhin Wahlleiter Böhmer – und wieder schwieg die Versammlung.

    In der Hoffnung, dass sich aus dem gewählten Vorstandsteam später doch noch jemand bereit erklärt, zog Böhmer die weiteren Wahlen vor. Helmut Schmidt bekam als stellvertretender Kreisobmann mit 50 Stimmen die volle Unterstützung aller Stimmberechtigten. Er hob nochmal hervor, wie gut das Team im Vorstand zusammenarbeite und sagte zu, den neuen Kreisobmann mit Rat und Tat zu unterstützen.

    Für die fünf Beisitzer-Posten stellten sich sechs Personen zur Wahl, das Vertrauen ausgesprochen wurde Simon Haag (Repperndorf), Thomas Schmitt (Willanzheim), Pascal Böhnlein (Dimbach), Johannes Weigand (Dornheim) und Klaus Burger (Schwarzach).

    Doch was würde passieren, wenn an diesem Abend kein neuer Kreisobmann gefunden werden sollte? Wie Wilhelm Böhmer erklärte, gebe es keine feste Vorschrift dazu, aber drei mögliche Regelungen für Ortsobmänner, die man auf die Kreisebene übertragen könne: 1. Der Amtsinhaber bleibt im Amt. Das sei aber dafür gedacht, wenn die Wahlen zeitlich verschoben werden müssen. 2. Der Stellvertreter vertrete den Kreisobmann. 3. Die Kreisbäuerin übernehme bis zur Wahl kommissarisch das Amt – ein Satz, der zu erleichtertem Lachen im Saal führte. Es schien, als wüssten die Anwesenden genau, dass sich da eine Zwischenlösung finden würde.

    Die Gewählten berieten sich noch einmal in kleiner Runde mit Alois Kraus und Anette vom Berg-Erbar, doch auch dabei meldete sich niemand für den vakanten Posten. Und weil auch im Saal weiter Schweigen auf erneute Nachfragen herrschte, schloss Böhmer die Wahlen am inzwischen sehr späten Abend ab. Man wird sich in einigen Wochen oder Monaten erneut zu einem Wahltermin treffen müssen.

    Anette vom Berg-Erbar blieb das Schlusswort. Es gebe keinen Grund, die Köpfe hängen zulassen, erklärte sie. „Die Vorstandschaft ist gewählt, wenn auch nicht vollständig. Wir werden jetzt in uns gehen.“ Und bis der neue Kreisobmann gefunden sei, müssten die Männer damit leben, dass sie das Amt ausübe – im Team mit Helmut Schmidt und den Vorstandsmitgliedern. „Gemeinsam werden wir eine Lösung finden.“

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