Ist es die Verschwendung von Steuergeldern, wie in der außerordentlichen Mitgliederversammlung des TSV Rödelsee am Mittwochabend vermutet wurde? Ist es der Versuch der Gemeinde Rödelsee, dem finanziell angeschlagenen Verein unter die Arme zu greifen? Oder ist es, wie Bürgermeister Burkhard Klein sagte, die Chance für die Gemeinde, ihre Entwicklungsmöglichkeiten zu erweitern? Am Ende stimmte die große Mehrheit der Mitglieder einem Verkauf des TSV-Grundstücks an der Staatsstraße in Richtung Iphofen zu.
Ein Fiasko
Der Hintergrund: Im Jahr 2013 war der Verein in die dritte Handball-Bundesliga aufgestiegen. Doch das dreijährige Abenteuer erwies sich als finanzielles und sportliches Fiasko. Auch wenn der Spielbetrieb im Profibereich in eine Unternehmergesellschaft (UG) ausgegliedert worden war: Als die Rödelseer in diesem Frühjahr abstiegen, stand ein Schuldenberg, der den Verein bei ungünstigen Verhältnissen gar in den Ruin treiben könnte.
Da gibt es die „normalen“ Schulden des Vereins, die sich aus Darlehen für die Solaranlage, den TSV-Bus und der Sanierung des Vereinsheims zusammensetzen, rund 300 000 Euro betragen, aber durchaus beherrschbar sind. Denn der Verein hat auf der Plusseite ein Vermögen von rund 600 000 Euro, vor allem aber Anlagevermögen, wie das Sportheim. Dazu kommt die UG, die gut 110 000 Euro an Verbindlichkeiten hat. Und hier liegt das Problem, denn diese Schulden müssen zum Teil recht schnell bedient werden – Umschuldungen lässt sich die Bank ganz gut bezahlen.
Die Vereinsspitze mit dem Vorsitzenden Dietmar Chrischilles und – in Vertretung des erkrankten Kassiers – der Beisitzer Holger Kelle geben die Überforderung mit der 3. Liga zu: „Der Plan für die 3. Liga ist nicht so gelaufen, wie wir gedacht haben“, sagt Kelle. Als diese Erkenntnis reifte, steuerte der Verein gegen: Er trennte sich von den teuren Spielern und fuhr nicht mehr mit dem Reisebus, sondern mit eigenem Gefährt zu den Spielen.
Dann aber kamen Forderungen aus den Jahren in der Bayernliga (2008 bis 2013), etwa Rentenversicherungsansprüche, dazu. Der Gedanke, die UG insolvent gehen zu lassen, war da, aber sowohl der Verein, als auch einige Privatpersonen wären dann als Bürgen im Regen gestanden. Inzwischen spielen die Rödelseer drei Klassen tiefer in der Bezirksoberliga, weil es für oben nicht mehr reichte – weder personell noch finanziell. Die gute Nachricht: Der Verein arbeitet jetzt wieder wirtschaftlich, der Jahresgewinn geht aber voll in die Schuldentilgung. Da bleibt nicht viel Handlungsspielraum, wenn jeder Cent umgedreht werden muss.
Die Lösung: Nun kommt die Gemeinde Rödelsee ins Spiel, die dem Verein im April dieses Jahres ein Angebot machte: das Grundstück an der Staatsstraße zu kau-fen. „Wir wollen uns weiterentwickeln“, sagte der Bürgermeister, und dazu seien bebauungsnahe Grundstücke wichtig.
Eines dieser wichtigen Grundstücke sei das des TSV entlang der Staatsstraße. Auf rund einem Hektar liegen dort der Großfeldplatz, die Tennisplätze und der dringend sanierungsbedürftige Hartplatz. Bis auf die Tennisplätze wird der Rest kaum genutzt, kostet nur Unterhalt. Seit etlichen Jahrzehnten gibt es im Verein diverse Überlegungen, das Gelände zu nutzen – allein die finanziellen Möglichkeiten fehlten.
Für Rödelsee könnte das Grundstück bei einer Erweiterung der Bebauung in Richtung Jahnstraße als „Kopfgrundstück“ zur Erschließung und teilweisen Bebauung dienen. Deshalb auch ein gestaffeltes Angebot für die unterschiedlich nutzbaren Teile des Geländes und auch eine auf einige Jahre gestaffelte Bezahlung. Bis 2026 könnten so rund 170 000 Euro an den Verein fließen. Bis zu einer Nutzung durch die Gemeinde kann der Verein weiter über das Gelände verfügen. Sollten etwa die Tennisplätze wegfallen, verspricht Rödelsee, im Verkaufsfall Eigentümer, Ersatz.
In der Diskussion zeigte sich, dass die Argumente von Verein und Gemeinde bei den Mitgliedern durchaus ankommen. Einige Mitglieder gaben zu, gegen den Verkauf gewesen zu sein. Doch die Vorteile seien da. Zudem sei auf dem Gelände seit vielen Jahrzehnten nichts geschehen – und das werde wohl auch so bleiben.
Schulden tilgen
Der TSV könnte mit einem Teil des Erlöses Schulden tilgen. Der Rest sollte in die Vereinsarbeit, vor allem in die Jugendarbeit gehen. „Wir wären damit wieder handlungsfähig“, sagte Chrischilles. Dazu gab es noch die Zusage, in absehbarer Zeit auch keine Spielergehälter mehr zu zahlen. Am Ende war die Abstimmung deutlich. Von den gut 60 anwesenden Vereinsmitgliedern stimmten sechs gegen den Verkauf, drei enthielten sich. Das etwas kryptische Resümee des Bürgermeisters: „Das Unwahrscheinlichste ist, dass das bald Baugebiet wird.“