Meere voller Plastikmüll, Tiere, die an Kunststoffteilen im Magen sterben. Paul Sagstetter, 15 Jahre, sagt: „So geht es nicht weiter. Wir müssen selbst die Veränderung sein, die wir uns für diese Welt wünschen.“ Also gründete Paul eine eigene Firma und entwickelte einen nachhaltigen Produktionsapparat. Seit Februar dieses Jahres – damals war Paul noch 14 – ist „wachsfrisch“ ein angemeldeter Gewerbebetrieb und stellt in Obernbreit Bienenwachstücher her – als praktische und umweltverträgliche Alternative zu Frischhalte- und Alufolie.
Als der junge Mann in die Unterstufe des Marktbreiter Gymnasiums kam, gab es dort einen Imkerkurs. „Man muss ja ein paar Wahlfächer belegen, also habe ich gedacht, ich mach? da halt mal mit“, blickt Paul zurück. Zwei Jahre lang lernte er alles rund um die Bienenzucht. „Auch wenn man das vielleicht nicht denkt: Es ist wirklich faszinierend!“
2017 kaufte er sich selbst zwei Bienenvölker, gemeinsam mit seinem Vater. Genügend Platz für die Bienenhäuser, Beuten genannt, war im Garten der Sagstetters vorhanden. Vater und Sohn waren rasch begeistert von den „wunderbaren Tieren“, ihrer Kommunikation und Staatenbildung. Und natürlich von ihrer Honigproduktion.
„Bienen produzieren aber nicht nur Honig, sondern auch Wachs zum Bau ihrer Waben“, erklärt Paul. Im Sommer könne man das Wachs aus dem Bienenstock entnehmen. „Ich wusste, dass das Bienenwachs viele antibakteriell wirkende Bestandteile hat. Nachdem ich einen Artikel über Bienenwachstücher gelesen hatte, kam mir die Idee: So etwas könnte ich doch auch produzieren, und am besten komplett nachhaltig.“
Also begann der damals 14-Jährige, in der Küche der Eltern erste Erfahrungen mit der Herstellung von Bienenwachstüchern zu sammeln. Er legte Wachs auf Stoffe und schon beides in den Backofen. Das nötige Reinigen des Wachses machte jedoch viel Mühe. Paul experimentierte weiter. Mit Erfolg: Auf der Kirchweih in Obernbreit bot er erstmals seine Bienenwachstücher an. „Das kam richtig gut an“.
Paul entwarf eine Beschichtungsmaschine. Er ließ sie in Mellrichstadt professionell herstellen, und zwar in dem Imkerbetrieb, der ihm bereits seine Honigschleuder geliefert hatte. „Ich wollte auch in größerem Umfang Wachstücher herstellen können“, erzählt der Schüler. „Deshalb musste der Produktionsablauf professionalisiert werden.“
Als das Gerät geliefert war, funktionierte Paul einen Raum im Keller seines Obernbreiter Elternhauses in ein Produktionsstudio um. Er zog verschiedene Stoffe durchs Wachsbad, um herauszufinden, welche Stoffstärke sich am besten eignet. „Von Anfang an war für mich aber klar, dass es ein ÖkoTex-zertifizierter Baumwollstoff sein muss. Zusätzlich zum Bienenwachs gebe ich noch Kiefernharz und Bio-Jojobaöl hinzu, damit die Tücher sich schön um alle möglichen Gefäße schmiegen und geschmeidig bleiben.“
Obwohl der junge Obernbreiter mittlerweile der Herr über neun eigene Bienenvölker war, reichte das Wachs seiner „Haustiere“ für seine Zwecke nicht aus. Also begann der 15-Jährige, den Rohstoff in Fünf- bis Acht-Kilo-Blöcken von einer nahe gelegenen Imkerei zu beziehen. „Das Wachs kommt schon gereinigt an, das erspart mir auch noch einmal viel Mühe.“ Um seine Produkte gesetzeskonform verkaufen zu können, meldete Paul bei der Stadt Marktbreit sein eigenes Gewerbe an.
Das Amtsgericht Kitzingen gab ihm dazu die Erlaubnis. „Vorher musste ich bei der IHK ein Gründerseminar besuchen und einen Business-Plan erstellen.“ Ob da noch andere sehr junge Leute gewesen seien? Paul schüttelt den Kopf. „Ich denke, einen 14-Jährigen hatten die da noch nicht oft.“ Den naturwissenschaftlich interessierten Jungen störte das jedoch nicht.
Als die Produktion gut anlief, dachte sich Paul: „Ein Online-Shop wäre nicht schlecht.“ Wenige Wochen später ging „wachsfrisch“ tatsächlich online. Das Logo – den Schriftzug „wachsfrisch“ neben einer stilisierten Bienenwabe – hatte Paul selbst kreiert.
Etwa 25 Stunden pro Woche wendet der inzwischen 15-Jährige durchschnittlich für seine Firmenarbeit auf. „Der Online-Shop ist gut angelaufen, die Kunden erhalten ihre Bestellungen nach etwa drei Tagen. Natürlich möchte ich aber auch in Geschäften der Region präsent sein.“ Mittlerweile haben fünf Verkaufsstellen in der näher Umgebung die „wachsfrisch“-Tücher im Sortiment. Paul stellt vier verschiedene Größen mit verschiedenen Designs her; auf Wunsch auch Sondergrößen.
Jedes Tuch wird in eine dünne Kartonage aus Graspapier verpackt. „Dessen Herstellung braucht viel weniger Wasser und Chemie als die von Papier auf Holzbasis.“ Bedruckt wird das Graspapier CO2-neutral in einer Druckerei vor Ort. „Ich habe die Verpackung selbst entworfen.“
Aktuell ist Paul mit der Entwicklung seiner kleinen Firma voll zufrieden. „Immer mehr Leute sehen Bienenwachstücher als eine Möglichkeit, ihren eigenen Plastikkonsum zu reduzieren.“ Für die Zukunft plant der junge Mann, auch Bienenwachsbeutel herzustellen, für Brot oder Gemüse. „Aber da bin ich noch in der Erprobungsphase.“
Auf der einen Seite freut sich Paul, dass er nun praktischen Umweltschutz betreiben kann, auf der anderen Seite findet er es aber auch wichtig, sich in der Gruppe Gehör zu verschaffen. Auf eine „Fridays for Future“-Demo würde er „sofort wieder mitgehen“.
Bienenwachstücher Reinigen: Mehrere hundert Mal kann man ein Bienenwachstuch benutzen, sagt Paul Sagstetter, wenn man es stets mit einem feuchten Tuch oder einfach unter handwarmem, fließenden Wasser reinigt. Bei Fettrückständen oder hartnäckigen Verschmutzungen helfe ein mildes, alkoholfreies Spülmittel. Nicht wegwerfen: Paul Sagstetter sagt, zerschlissene Bienenwachstücher könne man fünf Minuten lang bei 80 Grad in den Backofen legen; das töte Bakterien ab und lasse das Tuch wieder schön glatt werden. Erst wenn auch das nichts mehr nützt, sei eine „Restverwertung“ angesagt: „Zusammengerollt sind die Tücher als Ofen- oder Grillanzünder super!“ Selbst herstellen: Es gibt gereinigte Bienenwachsplättchen zu kaufen, die man auf einen gewaschenen Stoff legt und diesen im Backofen auf 80 Grad erhitzt. „Der Stoff zieht das Wachs an wie ein Docht“, sagt Sagstetter. Info: wachsfrisch.de