Wenn er das Rührgerät einschaltet, wird es laut. Und wie es duftet! Nicht nach Bratensoße oder Kuchenteig. In Josef Nachtmanns „Küche“ riecht es nach frischem, feuchtem Beton. Ein Traum für alle Neubau-Fans – neuerdings auch für diejenigen, die umweltschonend bauen möchten.
Wasser, Sand, Kies, Gestein: Mit den Zutaten für Beton ist es ähnlich wie mit Gas und Öl. Sie sind nur begrenzt auf der Erde verfügbar. „Vor allem mineralische Rohstoffe müssen geschont werden“, schlussfolgert Josef Nachtmann, Betontechnologe der Firma LZR. Er und seine Kollegen haben einen Weg gefunden, den oft in der Kritik stehenden Beton ein Stück nachhaltiger zu machen.
Nachhaltiges Bauen hat sich auch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen auf die Fahnen geschrieben. Jährlich sollen 400.000 Wohnungen errichtet werden, bis 2045 soll der Gebäudebestand klimaneutal sein, steht auf der Homepage des Ministeriums. Doch wie soll das gehen?
In der Praxis sind es Unternehmen wie LRZ in Kitzingen, die daran arbeiten, Primär-Rohstoffe durch Sekundär-Rohstoffe aus der Region zu ersetzen – und dadurch die Umweltbelastungen zu reduzieren. Jahrelang haben Nachtmann und seine Kollegen an einem Rezept für Ressourcen-schonenden Beton getüftelt. Seit April 2022 gibt es den R-Beton nun zu kaufen. „Das Interesse der Kunden wird immer größer“, sagt Elisabeth Ziegler vom LZR–Marketing.
Aktuell wird auf dem Recyclingplatz in Hörblach der Betronbruch der bei Rothof (nördlich von Biebelried) gesprengten Autobahnbrücke aufbereitet. Aus der A7-Brücke entsteht R-Beton für die „neue Mitte“ von Niederwerrn: ein Bürgerzentrum mit Café und Energiescheune.
Wenn er von dem Projekt erzählt, leuchten Manuel Baumanns Augen begeistert. Baumann ist Projektleiter Recycling und Entsorgung bei LRZ. Um R-Beton herzustellen, ist ein selektiver Rückbau an der Baustelle wichtig, erklärt er: „Beim Abbruch werden zuerst kontaminierte Bauteile ausgebaut und die verwertbaren Abbruchmaterialien getrennt gesammelt.“ Sie sollen sortenrein sein, also eine homogene Masse, die in Hörblach so lange gesiebt wird, bis sie als Gesteinskörnung für neuen Beton dienen kann.
Eng arbeitet Baumann mit Nachtmann und dessen Labor zusammen. Aktuell dürfe man 35 bis 45 Prozent der Gesteinskörnung durch Recycling-Material ersetzen, „je nach Beton-Klasse“, so Nachtmann. „Technisch ginge mehr, aber wir müssen uns natürlich streng an die Vorgaben halten.“ Er betont: „R-Beton hat ein etwas anderes Saugverhalten. Aber er ist genauso hochwertig wie Beton aus Primär-Rohstoffen.“
Manuel Baumanns erste Bilanz klingt so: „R-Beton ist zwar aufwändig und auch teuer – vor allem wegen der nötigen Prüfverfahren –, aber dafür ein aktiver Beitrag zur Kreislaufwirtschaft und zu mehr Nachhaltigkeit am Bau.“ Sinnvoll sei die Herstellung speziell in Regionen, in denen es hochwertiges Abbruchmaterial und kurze Transportwege gibt.
Sowohl Baumann als auch Nachtmann finden es schade, dass man nicht alle Primär-Rohstoffe wiederverwerten darf. Brechsand etwa – 40 Prozent des Siebmaterials – darf in Deutschland nicht recycelt werden. „Für Beton muss weiter Natursand verwendet werden“, bedauert Elisabeth Ziegler. „Die Schweiz ist da materialtechnisch schon viel weiter.“
Josef Nachtmann in seiner Betonküche nickt. Er hat schon etliche bewährte Rezepturen entwickelt und weiß: „Da gibt's noch viel Potenzial!“
Was ist Ressourcen-schonender Beton? R-Beton: Mit dem Begriff R-Beton werden Betone umschrieben, die mit rezyklierter – recycelter – Gesteinskörnung hergestellt werden. Das heißt: Statt neuer Rohstoffe wird anorganisches oder mineralisches Material wiederverwendet, das zuvor schon als Baustoff eingesetzt war. Aktuell bereitet die Kitzinger Firma LZR zum Beispiel Teile der bei Würzburg abgerissenen Rothofbrücke auf. Verwendung: Nicht nur als einfacher Fundamentbeton, sondern auch für Innen- und Außenbauteile findet der zertifizierte R-Beton Verwendung. Nicht erlaubt ist es aktuell, ihn als Spannbeton zu verwenden oder für Projekte in besonderen Frost-/Tausalzbereichen.