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WÄSSERNDORF: Vierzehn Tage stand das Schloss in Flammen

WÄSSERNDORF

Vierzehn Tage stand das Schloss in Flammen

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    Künstlerwerk: Ein Modell des brennenden Schlosses hält die Vorsitzende des Schlossruinenvereins, Monika Rützel in Händen.
    Künstlerwerk: Ein Modell des brennenden Schlosses hält die Vorsitzende des Schlossruinenvereins, Monika Rützel in Händen. Foto: Foto: Gerhard Krämer

    Das Wässerndorfer Renaissanceschloss ist heute eine Ruine. Wohl eine der letzten des Zweiten Weltkriegs. Amerikaner hatten das Schloss am 5. April 1945 in Brand gesteckt. 70 Jahre ist das nun her und am Ostersonntag gedenken die Wässerndorfer dieses Ereignisses.

    Eine Burganlage aus dem 13./14. Jahrhundert hoch über der Iff hatte das Gelände einst im Blick. Nach den Herren von Seinsheim ging die Burg an das Haus Schwarzenberg über. 1555 ließ Friedrich von Schwarzenberg ein dreigeschossiges Schloss erbauen, das alte Burgteile mit dem Baustil der Renaissance verband. Kurz vor Kriegsende zündeten Amerikaner es an.

    „Bald dringt blauer Rauch aus der Vorderfront und eine halbe Stunde später schlägt eine ungeheure Flamme wie eine Locke geformt aus dem linken Flügel empor.“

    Armin Knab Augenzeugenbericht

    Die genauen Gründe dieser Tat sind nicht geklärt. Vielleicht finden sich in den Aufzeichnungen der Amerikaner einmal Hinweise. Deutsche Soldaten befanden sich jedenfalls keine im Schloss und die Behauptung, dass aus dem Schloss heraus ein amerikanischer Offizier erschossen worden sein soll, sei ebenso falsch, wie die, dass Schützengräben vorhanden gewesen sein sollen, erklärt Monika Rützel, Vorsitzende des bald zehn Jahre alten Schlossruinenvereins. Zeitzeugen hätten dies nicht bestätigen können. Allerdings soll tatsächlich in der Nähe des Schlosses ein Offizier getötet worden sein und das Niederbrennen des Schlosses ein Akt der Rache gewesen sein.

    So kann man es zumindest in diversen Quellen oder in Niederschriften von Erinnerungen nachlesen. Stück für Stück werden sie vom Schlossruinenverein in einer Schriftenreihe vor dem Vergessen bewahrt.

    Im Archiv der Ludwig-Maximilians-Universität München finden sich Hinweise auf den Schlossbrand, waren doch nicht nur Archivalien und Kunstgegenstände aus Würzburg im Schloss aufbewahrt, sondern auch rund 1500 Kisten dieser Universität. Erhalten ist ein Brief von Götz Freiherr von Pölnitz, dessen Familie von 1942 bis 1945 das Schloss bewohnte, an den Rektor der Universität, in dem er diesem den Verlust der aufbewahrten Gegenstände mitteilte. Pölnitz schreibt, dass ein Captain persönlich eine Brandpackung im Schloss gelegt habe, weil ein Freund von ihm im Kampf um den Ort gefallen sei. „Nur mühsam war zu erreichen, dass er wenigstens die rund 80 bis 100 Zivilpersonen, die im Keller Zuflucht gesucht hatten (darunter Kranke, Kinder und verwundete Frauen) den Abzug erlaubte. Irgendwelche Bergungsversuche oder gar Löschen wurde verboten.“ Wer dies versucht hätte, wäre wohl ebenso von den Amerikanern erschossen worden, wie ein Bauer, der sein brennendes Anwesen hatte löschen wollen, vermutet Pölnitz.

    Augenzeugen hatten berichtet, dass das Schloss 14 Tage lang gebrannt haben soll. Pölnitz schreibt in seinem Brief vom 15. Juli, dass „die Brandmasse aber so wirksam war, daß an gewissen Stellen das Feuer bis acht Wochen später immer wieder zu offenen Flammen auflohte“.

    Über die Ereignisse gibt es von Pölnitz ein Protokoll, das an das Landratsamt und an die Militärbehörde gesandt worden ist. Mehrere Schlossinsassen, die Zeugen der Ereignisse waren, sollen das Protokoll unterzeichnet haben. Darin soll auch die Willkürlichkeit des amerikanischen Verhaltens angeprangert worden sein. Denn der Widerstand sei nur von deutschen Truppen ausgegangen. Aus dem Schloss heraus sei kein einziger Schuss abgegeben worden.

    Zu den Augenzeugen zählt auch der Kitzinger Komponist Armin Knab, der seine Erlebnisse in dem Büchlein „Seltsame Merktage“ aufgeschrieben hat. Denn am 19. Februar, seinem Geburtstag, erfuhr er in Würzburg durch eine Steigerung der Zahl der abgeworfenen Bomben erstmals eine unmittelbare Bedrohung. Am 27. Februar, dem Todestag seiner Mutter, hatte sich von Pölnitz bereit erklärt, ihn und seine Familie im Wässerndorfer Schloss aufzunehmen. Seine erste Nacht im Schloss verbrachte er am 6. März, dem Geburtstag seiner Mutter. Und am 5. April, dem Sterbetag seines Vaters, brannte das Schloss.

    Gegen ein Uhr mittags, so die Erinnerung Knabs, habe die Frau Baronin verkündet: „Sofort mit dem Gepäck den Keller verlassen, das Haus wird angezündet!“ Zuvor seien die Leute von einem Amerikaner wieder zurück in den Keller gestellt worden, bevor die Baronin sich für deren Rettung vor dem Verbrennen eingesetzt hätte. Hinter einem Backhaus hätte man dann draußen ersten Schutz gefunden und den Untergang des Schlosses mit ansehen müssen: „Bald dringt blauer Rauch aus der Vorderfront und eine halbe Stunde später schlägt eine ungeheure Flamme wie eine Locke geformt aus dem linken Flügel empor. Barons sprechen bei all dem ruhig weiter und lassen sich nicht einmal anmerken, daß sie Haltung wahren müssen, um bei der Vernichtung reichen Ahnenerbes und liebevollst gesammelter neuer Schätze ruhig zu erscheinen.“

    Heute gehört die Ruine des Schlosses der Familie Roethe, die dem Schlossruinenverein alljährlich bei einem Fest das Tor für die Besucher öffnet, wofür Monika Rützel sehr dankbar ist. Zusammen mit dem Verein möchte sie mit der Schlossruine als Mahnmal den nachfolgenden Generationen die Sinnlosigkeit eines Krieges aufzeigen.

    Gedenkfeier

    „70 Jahre danach“ ist die Gedenkfeier am Ostersonntag, 5. April, überschrieben. Bereits am Vormittag läuten die Glocken in Wässerndorf. Um 19.30 Uhr beginnt der ökumenische Gottesdienst in der Cyriakuskirche. Es folgt eine stille Lichterprozession zum Friedhof mit Kranzniederlegung und dem Verlesen der Gefallenen. Die musikalische Begleitung übernimmt die Musikkapelle Eibelstadt. Danach findet ein Schweigemarsch zur Schlossruine statt. Nach Glockenläuten und Friedensgebet und dem Segen führt die Prozession zur alten Schule. Dort sind Zeitzeugenberichte zu hören, bevor der Abend mit einem Beisammensein ausklingt.

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