Im Rahmen der World-Press-Photo-Ausstellung bieten der Freundeskreis der Partnerstädte Kitzingen und die Volkshochschule am Freitag, 6. März, um 19 Uhr in der Alten Synagoge einen Vortrag des Neurobiologen und Lernforschers Prof. Dr. Martin Korte an. Dabei geht es um die Frage, wann Routinen, Gewohnheiten und Intuitionen gewinnbringend für menschliches Handeln sind und wo sie stören können.
Frage: Wenn Sie das menschliche Gehirn in fünf Sätzen beschreiben müssten...
Martin Korte: Das Gehirn ist die komplexeste Struktur des Universums mit seinen 15 Trillionen Synapsen. Es ist der Sitz unseres Bewusstseins und unseres Ichs – ohne dass wir benennen können, wie das Gehirn diese Leistungen hervorbringt oder wo diese ihren Sitz haben. Es ist lernfähig und lernt am liebsten durch Nachahmung. Es hat einen ungeheuren Energiehunger, es verbraucht 20 Prozent der Energie, die wir täglich zu uns nehmen, aber es hat keinen eigenen Energiespeicher und braucht als Tank unser Fettgewebe. Wann möglich schaltet das Gehirn in den Autopilotenmodus, so dass 80 Prozent aller menschlichen Tätigkeiten als Routinen und Gewohnheiten erledigt werden.
Was fasziniert Sie an diesem Thema?
Korte: Das Wunderbar an der Gehirnforschung ist, dass alles was man dort erforscht, etwas mit uns selbst zu tun hat und wunderbar interdisziplinär ist.
Was ist die unglaublichste Fähigkeit unseres Gehirns?
Korte: Es kann sich an Fakten und autobiographische Erinnerungen 80 und mehr Jahre erinnern.

Wenn ich meinem Gehirn etwas Gutes tun will...
Korte: …schlafe ich ausreichend, denn nichts erholt besser, hält das Gehirn jung und regeneriert den Körper besser.
Warum sind wir vergesslich?
Korte: Um immer wieder Wichtiges von Unwichtigem trennen zu können. Manchmal auch, weil wir die falschen Prioritäten setzen oder eine wichtige Assoziation nicht gelingen will.
Wenn man sich das Hirn als Festplatte vorstellt: Kann die Festplatte mit den Jahren voll sein und wir merken uns weniger?
Korte: Das Gehirn hat keine Festplatte. Wenn wir etwas lernen, verändert sich die Verschaltung im Gehirn sowohl strukturell wie funktionell – wer viel Wissen erworben hat, kann differenzierter wahrnehmen, denken und handeln. Das Gehirn kann dabei nie voll werden, da die Verschaltungen der Neurone, die Synapsen, sich immer wieder neu verschalten können. Sie können wachsen und Lernen selbst führt zur Bildung neuer Nervenzellen im Hippocampus, einer wichtigen Struktur unserer Gedächtnissysteme im Gehirn.
Wo sind die Erinnerungen gespeichert - und warum verblassen diese?
Korte: Im Grunde sind die Erinnerungen über die Grosshirnrinde verteilt und vielfach abgespeichert, vor allem aber im Schläfenlappen. Sie verblassen, wenn sie lange nicht genutzt wurden. Dann werden die Synapsen der neuronalen Netze, die die entsprechende lange nicht genutzte Erinnerung speichern, schwächer und es wird schwieriger, die Inhalte zu finden.
In Kitzingen geht es in meinem Vortrag außerdem darum...
Korte: ... wie wir Gewohnheiten erlernen, warum Routinen so schwer zu ändern sind und warum auch Vorurteile und Süchte zu unseren erlernten Eigenschaften gehören.