Eine Wanderausstellung in der Kitzinger Rathaushalle beschäftigt sich noch bis zum 15. Mai mit Geschichte und Gegenwart von Deutschen aus Russland. Die Vorsitzende der Ortsgruppe Würzburg-Kitzingen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Albina Baumann, hatte zusammen mit Eugen Eichelberg als Vertreter des Bundesverbandes zur Eröffnung in die Rathaushalle eingeladen.
In seiner Begrüßung ging Oberbürgermeister Stefan Güntner auf weit verbreitete aber überwiegend unzutreffende Vorurteile und deren Abbau ein. Der Mensch denke in Schubladen. So werde russischen Sportlern als gängiges Vorurteil immer nachgesagt unbedingt gewinnen zu wollen. In Russland gebe es jedoch kein Leben im Wohlstand mit der Folge, dass jeder zu gewinnen versuche, nur um im Leben voranzukommen. Nicht "der Russe" führe Krieg in der Ukraine, es sei Russland. Dort seien längst nicht alle für den Krieg und dürften daher nicht über einen Kamm geschoren werden. Die Ausstellung habe möglichst viele Besucher verdient, auch um aus der Vergangenheit zu lernen.
1763 kam es zu einer Auswanderungswelle
Eichelberg führte in seinem einführenden Vortrag vor Augen, wie die deutschstämmige Zarin Katharina II. mit ihrem Manifest von 1763 eine Auswanderungswelle von 100.000 Deutschen auslöste. Sie sicherte unentgeltliche Landzuweisung zu, dazu 30 Jahre Steuerfreiheit und Gewerbefreiheit, freie Religionsausübung, Befreiung vom Militärdienst, kulturelle Autonomie, kommunale Selbstverwaltung und die völlige Freiheit, das Land wieder zu verlassen. In Wolhynien, im Südkaukasus, im Schwarzmeergebiet und an der Wolga kam es zu umfangreichen Ansiedlungen.
Als der Erste Weltkrieg begann wurden in Russland 1,7 Millionen Deutsche gezählt, die 13.400.000 Hektar Land besaßen. Bereits 1856 hatte Zar Alexander II. mit der Abschaffung von Privilegien begonnen und schaffte 1891 an den deutschen Schulen die deutsche Sprache ab. Im Ersten Weltkrieg wurden mehr als 300.000 Deutsche eingezogen. Während der Oktoberrevolution wurde Tausende enteignet und ermordet. Ab 1937 begann der stalinistische Terror mit beliebigen Verurteilungen, denen Massendeportationen in Zwangsarbeitslager nach Sibirien folgten.
In der Volkszählung 1989 in der Sowjetunion wurden 2,04 Millionen Deutsche registriert. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion begann unter dem sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow und Bundeskanzler Helmut Kohl die Spätaussiedlung zurück nach Deutschland, der sich mit Schwerpunkt in den 1990er Jahren rund 2,2 Millionen Personen anschlossen.
Baumann bekannte, sie sei in Russland im Bewusstsein aufgewachsen, Deutsche zu sein. Sie bat abschließend zu bedenken, dass die Deutschen aus Russland 70 Jahre nicht deutsch sprechen und nicht ihre deutsche Kultur pflegen durften. In Deutschland integriert, könnten sie nun ihren Bräuchen wieder ungehindert nachgehen.
Die Eröffnung der Wanderausstellung wurde vom Chor Druschba musikalisch begleitet.