Am 14. August 1893 fand in Paris die weltweit erste Fahrprüfung statt. Grund war das gestiegene Verkehrsaufkommen, das zu einer steigenden Anzahl von Unfällen führte. Heute feiert die erste Fahrprüfung der Welt ihren 125. Geburtstag. Zu diesem Anlass haben wir mit Fahrlehrern im Landkreis Kitzingen gesprochen und sie nach ihren Erlebnissen befragt.
Bis auf 240
Stefan Grau ist seit 1992 Fahrlehrer und leitet die Fahrschule Avanti in Kitzingen. „Wir waren bei starkem Regen auf der B 8 in Richtung Würzburg unterwegs. Der Fahrschüler findet den Scheibenwischer nicht und fährt weiter. Der Prüfer hat zum Schüler gesagt, was für eine Sau sein Fahrlehrer ist, der die Scheiben nicht sauber gemacht hat. Der Fahrschüler hat ja gesagt.“
Der Prüfer ließ den Fahrschüler dann anhalten. Er sollte einen Lappen holen und die Scheiben sauber machen. „Als er nass wurde, hat er dann gemerkt, dass es regnet“, sagte Grau augenzwinkernd. „Am Ende hat er aber bestanden.“
Ebenfalls auf der B 8 war Grau in seiner nächsten Geschichte unterwegs. „Der Prüfer fragte mich, ob wir es in 15 Minuten vom Autobahnkreuz über die A 3 zum Kiliansbäck schaffen. Ich habe ihm geantwortet, dass der Prüfling dann Gas geben muss. Die A 3 war frei und der Fahrschüler beschleunigte immer mehr. Bei 240 war es dem Prüfer dann aber zu schnell.“
Selbstzerstörungsknopf
Wer vor den Fragen des Prüfers am Anfang der Prüfung Angst hat, wird von Grau auch beruhigt: „In einer Theoriestunde habe ich erklärt, dass man eigentlich bei den Fragen nicht durchfallen kann. Selbst wenn man sagt, dass der Warnblinker der Selbstzerstörungsknopf ist. Ein paar Wochen später wurde dann ein Fahrschüler nach dem Warnblinker gefragt. Er hat gesagt, es sei die Selbstzerstörung.“
Eine weitere skurrile Erfahrung erlebte Grau bei der Prüfung eines weiteren Fahrschülers. „Normalerweise zählt man bei einem Stoppschild bis zwei und fährt dann weiter“, erklärte Grau.
Ein Fahrschüler sagte allerdings: „Eine kleine Micky Maus, zieht sich mal die Hose aus, zieht sie wieder an und du bist dran.“ Er wiederholte den Spruch bei jedem Stoppschild. „Am Ende sagte der Prüfer zu mir, dass er ihn zwar bestehen lässt, obwohl bei ihm nicht alles richtig war. Es stellte sich aber heraus, dass der Fahrschüler mit einem Freund gewettet hat.“
Spiegelglatte Angelegenheit
Walter Schellhorn ist seit 39 Jahren Fahrlehrer und leitet seit 1985 die Fahrschule Schellhorn in Kitzingen und Schwarzach. In seiner Anfangszeit als Fahrlehrer war er in Würzburg unterwegs.
„Eine ältere Dame hatte Prüfung. Sie konnte mit der Automatik nicht umgehen. Der Prüfer ließ sie durchfallen, weil sie ein Stoppschild überfahren hatte. Die Frau war etwas durcheinander und gab einfach Gas. Ich hatte Mühe das Fahrzeug zum Stehen zu bekommen.“
Im Winter vor ungefähr 25 Jahren war Schellhorn in Richtung Kaltensondheim unterwegs. „In Kitzingen war es schon sehr kalt. Die Fahrschülerin sah die scharfe Linkskurve nicht. Sie fuhr für diese Verhältnisse zu schnell. Ich warte immer so lange wie möglich ab, bevor ich bremse.“ Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt war es allerdings glatt. Das Fahrzeug rutschte gegen das Schild. „Die Stoßstange war geknickt und ein Verkehrsschild umgefahren. Es entstand ein Schaden von 6000 Mark. Die Schülerin fragte, ob sie jetzt durchgefallen ist.“
Rund ums Krankenhaus
Fahrlehrer Arno Reiner von der Fahrschule Martin Müller in Iphofen kann auf 21 Jahre in diesem Beruf zurückblicken. „Ich hatte eine Prüfung mit einer Hochschwangeren, die 14 Tage später entbunden hat. Der Prüfer ließ sie die ganze Zeit ums Krankenhaus fahren. Es war schwer zu entscheiden, wer nervöser war. Die Fahrschülerin oder der Prüfer. Sie hat bestanden.“
Zweimal nicht bestanden hat allerdings ein anderer Fahrschüler. „Ein junger Mann ist in Kitzingen vor seinem eigenen Haus durchgefallen. Sein Vater hat die Biotonne vors Haus gestellt. Er dachte, es wäre frei, und hat die Tonne voll erwischt und nicht bestanden. Die zweite Prüfung hat er mitten in der Fahrt abgebrochen, weil ihm der Stress zu groß war.“
Verlorener Prüfling
Claus Kerschensteiner ist seit 20 Jahren Fahrlehrer und Leiter des Verkehrsbildungszentrums Mainfranken. „In einer Prüfungsfahrt durch Kitzingen ist der Prüfling immer am Limit gefahren. Er war hart an der Grenze durchzufallen. Er hat bestanden, aber am Ende fragte ihn der Prüfer, warum er so schnell gefahren sei. Er antwortete, dass er zur Arbeit müsse.“
Über weite Strecken besser machte es eine Fahrschülerin. „Sie ist eine Dreiviertelstunde sauber gefahren. Am Bleichwasen kann sie sich einen Parkplatz aussuchen. Sie nimmt den Platz gegenüber des Autos vom Prüfer und stößt leicht dagegen. Es ist nichts passiert, aber die Prüfung war beendet.“ Kerschensteiner hat auch schon einen Prüfling verloren. „Während einer Traktor-Prüfung haben wir einen Schlepper verloren, weil er falsch abgebogen ist. Ich habe zum Prüfer gesagt, dass er bestimmt zurück zu seinem Hof gefahren ist. Dort war er auch. Er hat über Funk verstanden, dass er bestanden hat.“
Der Anfang vom Ende
Sehr kurze Prüfungen hat Stephan Friedlein, Leiter der gleichnamigen Fahrschule in Marktbreit, erlebt. „Ein Prüfling hat sich auf seine Brille gesetzt. Damit war die Prüfung vorbei, bevor sie überhaupt angefangen hat, weil der Fahrschüler nicht ohne Brille fahren darf.“
Die neuen Medien machen auch vor Prüfungen nicht halt: „Ein Prüfling hat während der Prüfungsfahrt mit einem Kumpel am Handy geschrieben.“ Klar, dass sich die Prüfung damit erübrigt hatte.