Am Pfingstwochenende feiert Wiesentheid 50 Jahre Freundschaft mit der französischen Gemeinde Rouillac. Zum Festwochenende werden rund 80 Gäste Gäste aus dem Département Charente erwartet. Neben deinem Festakt des Wiesentheider Partnerschaftskomitees um Vorsitzende Christine Gumann steht das Gesellige im Mittelpunkt.
Es sind vor allem persönlichen Beziehungen und Freundschaften zwischen den Menschen der beiden Orte, die diese Verbindung trotz der 1200 Kilometer Entfernung, die zwischen der "Commune" in der Region Cognac und Wiesentheid liegen, nach wie vor recht lebendig machen. Viele Wiesentheider und Wiesentheiderinnen pflegen diese seit Jahrzehnten. Einige wenige sind vom Beginn 1972 an dabei, oder stießen kurz danach hinzu.
Dass es ganz zum Anfang gar nicht so leicht war, Vorbehalte und Grenzen zwischen beiden Ländern zu überwinden, das erlebte Lotte Stöcker selbst mit. Die heute 83-jährige Wiesentheiderin gehörte zur allerersten Delegation aus der Marktgemeinde, die sich 1972, damals mit dem Zug über Paris, auf den Weg in den nicht nur für sie völlig unbekannten Ort machte. Sie hat noch viele Details aus der Zeit im Kopf.
Es war Vorsicht geboten
In ihrer Rückschau schilderte Lotte Stöcker ein Erlebnis vom Empfang bei der Ankunft im Rouillacer Rathaus, das für die Zeit nicht untypisch war. "Ich wollte zwischendurch einfach mal nach draußen gehen, um Luft zu schnappen. Da nahm mich eine Frau kurz zur Seite und meinte: Gehen sie besser nicht raus. Es gibt da vielleicht Leute, die das nicht so gut finden, dass wir hier Freundschaft knüpfen."
Auslöser für die Stöckers, sich an der Entstehung der Freundschaft zwischen den beiden Gemeinden zu beteiligen, sei ihr verstorbener Mann Georg gewesen. Lotte Stöcker erzählt, dass es gerade ihm ein großes Anliegen gewesen sei, auf die Menschen im Nachbarland zuzugehen, die einst als Feinde galten. Ihr Mann hatte den Krieg mitgemacht, als beide Seiten gegeneinander kämpften. "Ihm war die Versöhnung sehr wichtig, dass man Freundschaft schließt, anstatt sich sinnlos zu bekämpfen."
Lehrerin macht den ersten Schritt
Auf Rouillacer Seite gehörte ein deutscher Kriegsgefangener, der damals in Frankreich und in der Nähe von Rouillac geblieben war, zu den Antreibern der Verbindung zwischen den Gemeinden. Den eigentlichen Schritt machte mit Lucie Fort eine Lehrerin, die aus dem Elsaß stammte und in Rouillac an der Schule unterrichtete. Sie fragte in Wiesentheid an, ob Interesse an der Partnerschaft bestehe. Mit ihr verband Lotte Stöcker eine Freundschaft.
Es folgten zahlreiche Besuche der Stöckers im Nachbarland. Ihre Kinder nahmen an den Austauschen teil, die vom Start der Partnerschaft an erfolgten. "Wir waren oft drüben, oder hatten Gäste bei uns. Zu einigen halte ich heute noch Kontakt", sagte Lotte Stöcker. Sie freut sich auf ein Wiedersehen mit manchen an Pfingsten.

Bereits 1972, damals als Jugendlicher kurz vor dem Abitur, stattete Heinz Dürner der künftigen neuen Partnergemeinde einen Besuch ab. "Wir waren in Südfrankreich und sind dann mal nach Rouillac gefahren. Dort campierten wir für einen Tag und richteten im Rathaus schöne Grüße aus Wiesentheid aus." Man bedankte sich höflich, das war es schon, so Dürner.
Fußballer wurden hofiert
Ein Jahr später kehrte er mit den Wiesentheider Fußballern zum Besuch zurück, zwei VW-Busse voll mit Jugendlichen. "Für uns wurde riesig aufgefahren, wir wurden hofiert", weiß er noch. Die jungen Gäste genossen diese Gastfreundschaft und durften sogar im dortigen Schloss übernachten.
Heinz Dürner kam seither viele Male in die kleine Gemeinde nach Südwestfrankreich zurück. Er verbrachte mit seiner Familie ein Jahr als Austauschlehrer bei Bordeaux, unweit von Rouillac. Später war er einige Jahre Vorsitzender des Wiesentheider Partnerschaftskomitees.
In diesem wirkt Helga Ruppert seit 40 Jahren mit. Sie pflegt mit ihrer gesamten Familie eine intensive Freundschaft mit einer Familie aus der Partnergemeinde. Diese kam über ein Treffen der Sportvereine zustande, wo beide Männer als Funktionäre tätig waren. Vieles war hier und dort ähnlich, die Kinder im gleichen Alter. Es entstand eine persönliche Verbindung über Jahrzehnte.
Abenteuerlust als Motivation
"Die Maurins waren 1975 erstmals bei uns. Das passte einfach, Wir haben uns gegenseitig häufig besucht und sind zusammen sogar in Urlaub gefahren", erzählte sie. Die Kontakte haben Helga Ruppert schon früh motiviert, Französisch an der Volkshochschule zu lernen.
Beim allerersten Jugendaustausch zwischen den Gemeinden 1973 war Rudolf Bohlender dabei. Eine Mischung aus Abenteuerlust und der Sprache reizte den damals 16-jährigen Gymnasiasten, wie er sagt. Sein "Draht" nach Frankreich blieb seither aufrecht. Genauso wie Heinz Dürner, die Stöckers, oder die Familie Ruppert, empfängt auch Bohlender diesmal über Pfingsten wieder Freunde aus Rouillac.