Der Zugangsbereich zum Areal des Lohrer Bezirkskrankenhauses (BKH) wird auf absehbare Zeit ein gründlich geändertes Aussehen bekommen. Die größte Veränderung wird ein 100-Betten-Neubau sein, der bis 2020 fertig sein könnte.
75 der Betten sind für die Gerontopsychiatrie vorgesehen, also für die Versorgung von älteren Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen. Hinzu kommt eine Station mit 25 Betten der Allgemeinpsychiatrie. Entstehen wird der Komplex auf dem ehemaligen Bolzplatz hinter der heutigen Psychiatrischen Ambulanz am Eingang des Klinikareals.
Auch die psychiatrische Ambulanz selbst soll kräftig umgestaltet und zum Portal für das BKH werden, also zur zentralen Anlaufstelle für alle Patienten und Besucher.
Kosten: über 20 Millionen
Insgesamt wird allein der Neubau wohl über 20 Millionen Euro kosten. Den Großteil davon finanziere der Freistaat Bayern, erklärte Klinikdirektor Bernd Ruß im Gespräch mit der Redaktion. Der Neubau ebenso wie der Umbau sollen im Idealfall fertig sein, bevor am anderen Ende des BKH-Areals der Bau der neuen Zentralklinik des Landkreises beginnt.
Dass in das Bezirkskrankenhaus in den kommenden Jahren Millionen investiert werden würden, ist schon länger bekannt. Neu sind die jetzigen Planungen aber doch. Denn ursprünglich war geplant, den nicht zuletzt aus dem demografischen Wandel resultierenden gestiegenen Flächenbedarf der Gerontopsychiatrie durch einen Anbau an die bestehenden Häuser 9 und 11 zu decken.
Den vom Bezirk ausgelobten Architektenwettbewerb hatte 2015 der Entwurf eines Berliner Büros gewonnen, dass die vom Klinikträger angestrebte Einbeziehung eines sanierten Altbaus in den Neubau vorsah. Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel bezeichnete diese Lösung damals als „Wunschkind“ für die Erweiterung der derzeit 80 Betten zählende Gerontopsychiatrie.
Ministerium zahlt nur bei Neubau
Doch das für die Finanzierung maßgeblich verantwortliche Bayerische Gesundheitsministerium wünschte sich etwas anderes. Es ließ den Bezirk wissen, dass man nur den Neubau, nicht jedoch die Sanierung eines Altbaus fördern werde. Moderne Psychiatrie sei im Altbestand nicht möglich, schildert Ruß die Argumentation aus München. Überdies sei ein kompletter Neubau wohl billiger als die Kombination mit einem zu sanierenden Altbau.
Das Veto aus München veranlasste den Bezirk dazu, vom mit rund 135 000 Euro dotierten Siegermodell des Architektenwettbewerbes wieder Abstand zu nehmen. Stattdessen betrachtete man sich die beiden nachfolgend platzierten Entwürfe nochmals näher. Die Entscheidung fiel dabei auf den Entwurf eines anderen Berliner Architektenbüros.
Bauzeit zwei Jahre
Dieser sieht einen zweigeschossigen und über 4000 Quadratmeter Nutzfläche fassenden 100-Betten-Bau vor, bestehend aus zwei Gebäudeteilen, jeweils mit Innenhof. Gleichzeitig soll die oberhalb des großen BKH-Parkplatzes gelegene Psychiatrische Ambulanz deutlich umgebaut und erweitert werden. Ruß spricht von einem Portal, das stationäre um ambulante Aufnahme ebenso wie die psychiatrische Ambulanz vereint. Dieses Portal soll direkt mit dem oberhalb liegenden Neubau verbunden sein.
Derzeit wird laut Ruß zwischen Bezirk und Architektenbüro das Raum- und Funktionsprogramm abgestimmt. Im Herbst soll der Plan in München für die nächste Fördergeldrunde eingereicht werden. Mit der Entscheidung ist im Januar 2017 zu rechnen. Von da ab dürfte ein weiteres Jahr für die Detailplanung realistisch sein. Die dann womöglich 2018 beginnende Bauzeit schätzt Ruß auf zwei Jahre.
Schon jetzt entsteht für das Lohrer Bezirkskrankenhaus am Außenstandort Aschaffenburg neben dem dortigen Klinikum ein 50-Betten-Haus. Es kostet rund 11 Millionen Euro. Das geplante 100-Betten-Haus in Lohr werde dann wohl „mindestens doppelt so viel“ kosten, so Ruß. Der Charme dieses Neubaus liegt seinen Worten zufolge darin, dass der Betrieb der Gerontopsychiatrie in den jetzigen Häusern ungestört weiterlaufen kann.
Gedanken über weiteren Umbau
Nach dem Umbau soll der denkmalgeschützte Altbestand weiter genutzt werden. Erste Überlegungen gebe es schon, sie seien jedoch noch nicht spruchreif, so Ruß. Bekanntlich ist das Bezirkskrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin chronisch überbelegt. Deswegen, so Ruß, sei man froh über jeden Platz, den man zusätzlich nutzen könne.
Mittelfristig gebe es die Überlegung, das Haus 1, die ehemalige Forensik also, wieder in Nutzung zu nehmen, eventuell als Bistro, so der Klinikdirektor. Veränderungen zeichnen sich auch für das Haus 17 ab, die Werktherapie. Bei diesem nicht denkmalgeschützten Bau aus den 1970er Jahren stelle sich die Frage des Abrisses, so Ruß. Auch Haus 16, die ehemalige Neurologie, sei „nichts mehr Gescheites“.
Sämtliche Investitionen, das betonte Bezirkstagspräsident Dotzel vor einem Jahr, seien als klares Signal zur Stärkung des Lohrer Bezirkskrankenhauses zu sehen. Es sei denkbar, dass die Klinik künftig noch weitere Ergänzungen erfahre, an die man jetzt noch gar nicht denke.
Bezirkskrankenhaus Lohr
Die Lohrer Klinik umfasst ein rund 18 Hektar großes, parkähnliches Areal, auf dem etwa 60 Häuser stehen. Über die Hälfte der Gebäude stammen aus den Gründerjahren um 1912, stehen unter Denkmalschutz und sind nicht mehr auf dem für eine moderne Klinik zeitgemäßen technischen Stand.
Vor diesem Hintergrund hatte das Bayerische Gesundheitsministerium den Bezirk als Träger der Klinik aufgefordert, einen Masterplan für die künftige psychiatrische Versorgung aufzustellen. Es folgte ein Generalausbauplan, als dessen erster Schritt sich nun der Neubau des 100-Betten-Hauses abzeichnet.
Mit rund 1000 Mitarbeitern ist das Lohrer Bezirkskrankenhaus nach der Bosch Rexroth AG der zweitgrößte Arbeitgeber in Lohr.
Pro Jahr behandelt das Bezirkskrankenhaus in Lohr mit seiner Außenstelle in Aschaffenburg über 14 000 Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen oder Suchtproblemen, knapp ein Drittel davon stationär.
Räumlich zuständig ist das BKH für die Städte und Landkreise Würzburg und Aschaffenburg, daneben für die Landkreise Main-Spessart und Miltenberg.