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Karlstadt: 100 Jahre Turngemeinde Karlstadt

Karlstadt

100 Jahre Turngemeinde Karlstadt

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    Ein herausragender Meilenstein in der Geschichte der Karlstadter Turngemeinde: Das Richtfest für die eigene Halle 1997. Auf dem Gerüst ein Vertreter der Würzburger Stahlbaufirma Uhl zusammen mit dem damaligen Vorsitzenden Hubert Hupfloher (rechts).
    Ein herausragender Meilenstein in der Geschichte der Karlstadter Turngemeinde: Das Richtfest für die eigene Halle 1997. Auf dem Gerüst ein Vertreter der Würzburger Stahlbaufirma Uhl zusammen mit dem damaligen Vorsitzenden Hubert Hupfloher (rechts). Foto: Archiv Turngemeinde Karlstadt

    Die Turngemeinde Karlstadt hat heuer ihren 100. Geburtstag. Eine Gründungsurkunde liegt nicht mehr vor. Die Nationalsozialisten haben 1933 den Verein aufgelöst, die Vereinschronik beschlagnahmt und vernichtet. Einen Anhaltspunkt liefert aber das Mitgliedsbuch von Michael Kitz, der am 7. August 1921 im Alter von 20 Jahren der Turngemeinde beitrat. In dem Büchlein findet sich der Satz: "Der Verein Turngemeinde K. (handschriftlich) ist am 3. VI. 21 gegründet."

    Michael Nick trat der Turngemeinde Karlstadt am 3. Juni 1921 bei. 
    Michael Nick trat der Turngemeinde Karlstadt am 3. Juni 1921 bei.  Foto: Archiv Turngemeinde Karlstadt

    Rund 40 Mitglieder sollen es anfangs gewesen sein. Vermutlich fand diese Gründung ohne großes Aufsehen statt. Das wurde aber nachgeholt, wie kurioserweise der "Zellingen-Retzbacher Lokal-Anzeiger" vom Montag, 12. September 1921, meldete. Dort steht in Frakturlettern gedruckt: "Karlstadt. Die hiesige Turngemeinde beging gestern unter Anteilnahme vieler auswärtiger Brudervereine die Feier der Enthüllung ihrer Standarte. Mit der Feier war ein Preisturnen verbunden." 

    Im Mitgliedsbuch der Turngemeinde Karlstadt zeigt, dass der Beitrag monatlich kassiert wurde. 1921 kostete dieser eine Mark. Im November 1923 war er aufgrund der Hyperinflation auf 30 Milliarden Mark emporgeschnellt. 
    Im Mitgliedsbuch der Turngemeinde Karlstadt zeigt, dass der Beitrag monatlich kassiert wurde. 1921 kostete dieser eine Mark. Im November 1923 war er aufgrund der Hyperinflation auf 30 Milliarden Mark emporgeschnellt.  Foto: Archiv Turngemeinde Karlstadt

    Turnwettkampf schon früh um 6 Uhr 

    Am Samstag hatte es einen Lampionzug durch die Stadt gegeben – "nach dem Marktplatz, woselbst bei bengalischer Beleuchtung einige Pyramiden gut zur Darstellung kamen." Gemeint sind Menschenpyramiden der Turner. "Im Vereinslokal Seuferling fand Kommers statt." Das war die Gaststätte der Löwenbräu. Sie ist längst abgerissen und befand sich neben dem Gebäude der heutigen "Liesl Karlstadt". Am Sonntagmorgen um 6 Uhr schon begannen die Wettkämpfe, die bis 12 Uhr andauerten. Anschließend gab's ein Festessen.

    Die Enthüllung der Standarte fand im Leckertsgarten statt. Nach dem Festzug zum Marktplatz wurden dort turnerische Vorführungen, Volksbelustigung, ein Konzert und die Preisverteilung geboten. Bälle im "Würzburger Hof" (heute Weinbau Frank) und im "Ochsen" (in der Alten Bahnhofstraße neben dem Rathaus) beschlossen das Fest.

    Robert Spies von der Turngemeinde Karlstadt beim Gauturnfest in Zellingen 1962 am Barren.
    Robert Spies von der Turngemeinde Karlstadt beim Gauturnfest in Zellingen 1962 am Barren. Foto: Archiv Turngemeinde Karlstadt

    Dem  Mitgliedsbuch von Michael Kitz ist zu entnehmen, dass die TG dem "Arbeiter-Turn-und- Sportbund" mit Sitz in Leipzig angehörte. Noch bis vor wenigen Jahren galt die TG eher als der Verein der Arbeiter, während der TSV mehr der bürgerliche Verein war. Der junge Verein nahm beim Karlstadter Bankhaus Herold (aus dem die Heroldstiftung hervorging) ein Darlehen über 2000 Reichsmark auf, um Turngeräte zu kaufen. Die Vorstände hafteten dafür persönlich.

    Sport im kleinen Rathaussaal

    Nach dem Krieg kam es 1948 zur offiziellen Neugründung. Turnfeste wurden besucht. Bis 1963 fand der Turnbetrieb im kleinen Rathaussaal statt. Dieser befand sich im Erdgeschoss des alten Rathauses. Dann endlich gab es bei der Zentralschule (heute Grundschule) eine richtige Turnhalle. 1971 begann die erste Erweiterung über das reine Turnen hinaus. Es formierte sich eine Damengymnastikabteilung.

    Robert Spies (links) überwacht bei der 50-Jahr-Feier der Turngemeinde Karlstadt 1971 die Übung einer Turnerin am Stufenbarren.
    Robert Spies (links) überwacht bei der 50-Jahr-Feier der Turngemeinde Karlstadt 1971 die Übung einer Turnerin am Stufenbarren. Foto: Archiv Turngemeinde Karlstadt

    Das war im Jahr des 50-jährigen Bestehens. Dieses wurde im großen Rathaussaal gefeiert. Die Bundesligaturnriege Sailauf und die Kraftsportriege der FT Heidingsfeld sorgten für den sportlichen Showteil, während  die Karlstadter Sängervereinigung und die Stadtkapelle den musikalischen Part beisteuerten.

    1975 erweiterte sich der Verein um eine Wanderabteilung. Ab 1977 veranstaltete die TG internationale Volkswandertage. International deshalb, weil die hier stationierten Amerikaner begeisterte Teilnehmer waren.

    1979 kam die Judoabteilung dazu. Der damalige Vorsitzende Walter Beller hatte die Mitbegründer Bernd Weiglein, Abteilungsleiter Franz Urbanek und Manfred Lasar etwa zwei Jahre lang in Lohr in die Geheimnisse dieser Verteidigungskunst einweisen lassen. Die Abteilung war der Renner. "Es kamen an die 100 Bewerbungen", erinnert sich Lasar. Auch bei Wettkämpfen war die Judoabteilung erfolgreich. Vedat Durak nahm sogar an der deutschen Meisterschaft teil. Heute hat die Abteilung unter der Leitung von Horst Schneider rund 30 Aktive, die nach wie vor Wettkämpfe besuchen. 

    Vedat Durak (links) und Olaf Büttner bei einem Judowettkampf.
    Vedat Durak (links) und Olaf Büttner bei einem Judowettkampf. Foto: Durak

    Nach Jan Ullrichs Gewinn der Tour de France – das war 1997 – gründete Werner Gottfried die Radfahrabteilung. Der Schwerpunkt lag auf Familienwanderfahrten. Nach Gottfrieds plötzlichem Tod übernahm Ingrid Dietrich 1998 die Abteilung. "Nie vergessen werde ich unsere Radtour nach Rieneck mit 144 Teilnehmern", sagt sie. Kai Dietrich erradelte als Zwölf- und 13-Jähriger mit rund 8000 Kilometern in einem Jahr einen bayerischen Meistertitel. Seit 2016 ruht die Abteilung. 

    Lange Suche nach einer Bleibe

    Im Zeitungsbericht zur 50-Jahr-Feier wird kurz auf die jahrzehntelange Suche der Turngemeinde nach einer eigenen Bleibe hingewiesen: Nacheinander wurde geturnt auf der Wiese an der "Schwarzen Allee" (heute Busbahnhof), im Wirtschaftsgarten der Löwenbräu (heute EP-Medienland), im Stadtgraben (Kriegerdenkmal),  im Sändleinsweg (heute Parkplatz gegenüber der Turngemeinde-Halle) und auf dem Platz, auf dem heute die Tennisplätze neben dem Heim des Fußballvereins sind.   

    Halle der Turngemeinde Karlstadt
    Halle der Turngemeinde Karlstadt Foto: Karlheinz Haase

    Mit dem Bau der heutigen Halle im Sändleinsweg unter dem Vorsitzenden Hubert Hupflohrer fand diese schon legendäre Heimatlosigkeit des Vereins ein Ende. Diskutiert wurden verschiedene Standorte: das Hirschfeld, die alte Kläranlage, der heutige Skaterplatz. Im Sändleinsweg war schließlich 1996 der Spatenstich. Die Einweihung folgte Ende 1999. War zunächst eine Einfachhalle geplant, so wurde in Kooperation mit dem Landkreis daraus eine Doppelturnhalle. Baukostenzuschüsse von 1,24 Millionen Euro und viel Eigenleistung ermöglichten den 2,9 Millionen Euro teuren Bau. Zur Finanzierung trägt die Nutzung für den Sportunterricht der Berufsschule bei.

    Weitere neue Abteilungen

    2007 wurde die zuvor privat betriebene Badmintonabteilung offiziell aufgenommen. Leiter ist Johann Gehret. Knapp ein Dutzend Mitglieder spielen dort.

    Vor ungefähr zehn Jahren kam es zur Gründung der Boxabteilung. Uwe Eckstein, der schon vorher verschiedene Kampfsportarten ausgeübt hatte, brachte das Boxen von einer Würzburger Sportgruppe mit. Er ist Trainer und Abteilungsleiter. Die größten Erfolge errang Tochter Katharina Eckstein. Sie wurde  zweimal hintereinander deutsche Jugendmeisterin. Einmal gelang dies Lisa Eisenbrandt. Franziska Eckstein war dort drittplatziert. Rund 40 Mitglieder zählt die Boxabteilung.

    Einige sind parallel beim Kickboxen, das Uwe Eckstein vor rund eineinhalb Jahren einführte. Auch dort ist er Trainer und demnächst auch Abteilungsleiter. Knapp 20 Teilnehmer zählt diese Gruppe. Wie der Name schon sagt, werden dabei auch die Füße eingesetzt.

    Katharina (links) und Franziska Eckstein, erfolgreiche Boxerinnen der Turngemeinde.
    Katharina (links) und Franziska Eckstein, erfolgreiche Boxerinnen der Turngemeinde. Foto: Carolin Münzel

    In erster Linie versteht sich die Turngemeinde als Breitensportverein. Das Turnen selbst wird im Moment lediglich für Kinder angeboten, soll aber auch wieder für Erwachsene eingerichtet werden. Kinder-Badminton soll auch wieder fortgeführt werden. Derzeit gibt es Kurse in Zumba, Spiralmuskelstabilisation, Rückenfit, Damengymnastik und Fasziengymnastik. Zählte der Verein vor 25 Jahren 629 Mitglieder, so sind es heute gut 400, darunter fast die Hälfte Kinder und Jugendliche. Vorsitzende ist Ulrike Jäger, die das Amt von Rudi Gosdschan übernommen hatte. Der wiederum hatte Hubert Hupflohrer abgelöst.   

    Eine Feier zum 100-jährigen Bestehen wird es wegen Corona heuer nicht geben. Fürs kommende Jahr sind ein Kommers vorgesehen und ein Tag der offenen Tür.

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