Ganz ohne Worte beleidigte während der letzten Laurenzimesse ein Auszubildender zwei Polizisten: Während sich seine Bekannten mit den im Streifenwagen sitzenden Beamten unterhielten, ging er nach hinten und pinkelte gegen das Heck. Das brachte ihn nun eine Jugendstrafe vor dem Amtsgericht Gemünden ein.
Er habe den Angeklagten hinter dem Polizeiauto gesehen und es plätschern gehört, erinnerte sich ein 25-jähriger Polizist vom operativen Ergänzungsdienst. Dieser war am 19. August 2012 zur Unterstützung in Marktheidenfeld. Am späten Abend nach Schließung des Festzelts seien sieben bis zehn junge und merklich alkoholisierte Männer zu dem Streifenwagen gekommen, um sich mit seiner Kollegin auf dem Fahrersitz zu unterhalten. Irgendwann habe sich der 18-Jährige abgesondert und an das Auto uriniert.
„Das nervt ohne Ende, wenn man nicht mal mehr den Kofferraum aufmachen kann, nur weil manche Leute glauben, sich beweisen zu müssen“, erklärte der Zeuge zu solchen Vorfällen. Als er in jener Nacht ausstieg, habe der Angeklagte rasch weggehen wollen, er habe ihn an der Kapuzenjacke gefasst, aber dann nur noch die Jacke in der Hand gehabt. Angefeuert von seinen Kumpels sei der Auszubildende dann weggerannt, er hinterher. Irgendwann habe der Auszubildende dann umgedreht und sei zurück gekommen.
Messer in der Hand
Beim Fesseln der Hände am Streifenwagen gab es eine weitere kritische Situation: Auf einmal hielt der Festgenommene Messer und Gabel in der Hand. Zum Glück reagierte der Polizist gelassen. Es stellte sich heraus, dass der Auszubildende aus dem Festzelt vier Essbestecke im Gesamtwert von 6,50 Euro gestohlen hatte, was ihm neben der Beleidigung auch noch eine Anklage wegen Diebstahls einbrachte.
Er sei mit Kumpels auf der Laurenzimesse gewesen, habe zwei bis drei Maß getrunken und erst am nächsten Tag von seinem Cousin erfahren, was er angestellt hatte, gab sich der Auszubildende zunächst ahnungslos. Doch das nahm ihm Richter Alexander Milkau nicht ab. Schließlich konnte er noch wegrennen; der Alkoholtest hatte knapp 1,3 Promille ergeben. „Da hat man gut einen im Tee, aber man erinnert sich schon noch“, erklärt der Richter. Daraufhin sagt der junge Mann, es habe eine Mutprobe sein sollen und dass er vorher schon einigen Ärger mit der Polizei gehabt habe. Im Bundeszentralregister findet sich davon aber bis auf ein eingestelltes Verfahren wegen Nachstellung nichts.
Seine jetzige Tat hatte er schon gegenüber dem Jugendamt als große Dummheit bezeichnet. Der amtliche Gutachter schlägt vor, den Heranwachsenden nach Jugendrecht zu Sozialstunden zu verurteilen. Das sei sinnvoller als eine Geldstrafe vor, da der Azubi nur einen Samstag im Monat in seinem Lehrbetrieb arbeiten müsse. Er habe an den übrigen Wochenenden genug Zeit.
„Sie sind geständig, waren durch den Alkohol enthemmt und haben heute versucht, sich bei den Polizisten zu entschuldigen“, hält die Staatsanwältin dem jungen Mann zugute. Andererseits sei er schon einmal aufgefallen und diese Art der Beleidigung sei schon sehr eklig. Deshalb beantragt sie 48 Sozialstunden für die Beleidigung und die Übernahme der Verfahrenskosten. Die Anklage wegen Diebstahls lässt der Richter mit ihrer Zustimmung fallen, weil diese Strafe nicht ins Gewicht fallen würde.
Ein Strafaufsatz
Mit 40 Sozialstunden, nach Weisung des Jugendamtes Main-Spessart in drei Monaten abzuleisten, und den Verfahrenskosten bleibt Richter Alexander Milkau einerseits unter dem Antrag der Staatsanwältin. Dazu kommt aber die Weisung an den Auszubildenden, einen dreiseitigen Aufsatz zum Thema „welche Aufgaben hat die Polizei in einem Rechtsstaat, warum ist diese Arbeit wichtig für die Gesellschaft und wieso muss man Polizeibeamten mit Respekt begegnen“ zu schreiben und dem Richter vorzulegen. Alexander Milkau warnt den 18-Jährigen davor, Texte aus dem Internet zu kopieren: „Da sind schon Minister drüber gestolpert.“