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KARLSTADT: 21 000 Kindern gab er den Wimpel

KARLSTADT

21 000 Kindern gab er den Wimpel

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    Bernhard Klodt zeigte den Kindern neben richtigem Verhalten im Straßenverkehr auch die Polizeiarbeit auf dem Wasser, wie hier einer Gruppe aus dem Ferienprogramm im August 2005.
    Bernhard Klodt zeigte den Kindern neben richtigem Verhalten im Straßenverkehr auch die Polizeiarbeit auf dem Wasser, wie hier einer Gruppe aus dem Ferienprogramm im August 2005. Foto: Archivfoto: Jürgen Kamm

    Etwa 21 000 Kinder hat Verkehrserzieher Bernhard Klodt in seiner Laufbahn geschult, schätzt er. Der 60-jährige Polizist verbrachte seine gesamte Dienstzeit bei der Polizeiinspektion Karlstadt, davon 24 Jahre als Verkehrserzieher. Zum 1. April verabschiedet er sich in den Ruhestand. Generationen von Schülern aus Karlstadt, Arnstein und Zellingen lernten unter seinen Fittichen das Radfahren im Straßenverkehr – und erhielten aus seiner Hand Wimpel, Fahrradpass und Urkunde.

    „Das ist für mich kein harter Bruch, da ich den Abschied langsam begehe“, sagt der Polizeihauptkommissar über seinen Eintritt ins Pensionsalter. Seinen letzten Verkehrsunterricht hat er schon hinter sich und feiert jetzt noch Überstunden und Urlaubstage ab. Schnell schaltete der 1979 zur Karlstadter Polizei gekommene Gemündener in den „Pensionsmodus“, wie er sagt. Dennoch erinnert sich der Vater von zwei Töchtern gerne an seine aktive Zeit zurück.

    Die Praxisübungen im Radfahren fanden stets von Februar bis November statt, erzählt Klodt. So konnte es auch schon mal zu Schneefall kommen. „Da haben wir dann kurzfristig einen Räumdienst organisiert.“ Doch waren nicht immer alle Schüler so gut wie die Polizisten vorbereitet. „Irgendwann haben wir eine Kiste mit Handschuhen angeschafft, da es immer Kinder gab, die ihre zu Hause vergessen haben und sich zitternd an ihren Lenker geklammert haben“, blickt Klodt schmunzelnd zurück.

    Lachen muss der langjährige Verkehrserzieher auch, als er sich erinnert, wie manch einer mit platten Reifen oder verdrehtem Lenker zu fahren versuchte. Oder wie einmal ein Schüler bei der sogenannten Realfahrt im echten Straßenverkehr in der Karlstadter Siedlung sich verfuhr. Obwohl immer mindestens fünf Eltern die Strecke beaufsichtigen, schaffte es der Junge, die zuvor abgegangene Strecke zu verfehlen. Heil und sicher schaffte es irgendwann jedoch jeder Knirps ins Ziel.

    Auch dank der wachsamen Augen des Polizisten. „Einmal kam ein Mädchen mit ihrem Rad in den Gegenverkehr.“ Doch Klodt war zur Stelle und rief dem Kind rechtzeitig „Achtung!“ zu, sodass nichts passierte. An die Situation erinnert sich der Hauptkommissar heute noch gut, diesmal ohne zu schmunzeln.

    Bernhard Klodt wird es auch im Ruhestand nicht langweilig werden. Er kümmert sich um Schwiegermutter, Enkeltochter und will seine Frau, die noch als Lehrerin tätig ist, in Haus und Garten entlasten. Das Foto entstand auf seiner Terrasse in Gemünden mit Blick ins Maintal.
    Bernhard Klodt wird es auch im Ruhestand nicht langweilig werden. Er kümmert sich um Schwiegermutter, Enkeltochter und will seine Frau, die noch als Lehrerin tätig ist, in Haus und Garten entlasten. Das Foto entstand auf seiner Terrasse in Gemünden mit Blick ins Maintal. Foto: Foto: Lukas Will

    Meist konnten die Schüler in der vierten Klasse, wenn sie die Radprüfung ablegen müssen, schon fahren. Den anderen brachten es Klodt und seine Kollegen bei. Im Lauf der Jahre hat der Polizist die beste Methode herausgefunden: „Wir setzen das Kind aufs Rad und lassen es eine leicht abschüssige Straße runterrollen. So bekommen sie schnell ein Gefühl fürs Gleichgewicht.“ Fast alle schafften auf Anhieb die Prüfung. Für die schlechteren Radfahrer gab es auch mal einen zweiten oder dritten Versuch. Falls es dann in seltenen Fällen immer noch nicht klappte, sei das immer eine riesen Enttäuschung gewesen, weiß Klodt. „Aber bei zehn Praxisstunden und fünfzehn Theoriestunden kann man das nicht einfach verschenken.“

    Für die Kinder ist es die erste wichtige Prüfung in ihrem Leben. „Das ist dann schon das bestimmende Thema im Elternhaus“, sagt Klodt. Die Eltern seien oft helfend zur Hand gegangen und hätten bei der Wimpel-Übergabe meist noch Kuchen mitgebracht oder ein Buffet aufgebaut. „In Wochen mit Abschlussfeier hat man locker ein Kilo zugenommen“, scherzt der Fast-Pensionär.

    Die Kilos sieht man ihm heute aber nicht mehr an. Die sind wohl bei Volleyball, Basketball, Fußball, Badminton, Schwimmen und natürlich Radtouren abtrainiert worden, denn Klodt war auch Sportübungsleiter der Polizei in Karlstadt. „Wenn wir freitags Sport gemacht haben, war das immer eine willkommene Gelegenheit, es dem Chef zu zeigen. Da ließ sich so manches kompensieren“, sagt der 60-Jährige diebisch grinsend.

    „Die rückläufigen Unfallzahlen sprechen für den Erfolg unserer gemeinsamen Arbeit.“

    Bernhard Klodt Verkehrserzieher

    Ein Moment, an den Klodt sich besonders gern zurückerinnert, ist die Veranstaltung mit der Band von Kinderliedsänger Rolf Zuckowski in der Turnhalle Himmelstadt im vergangenen September. 400 Vor- und Grundschulkinder sowie 50 Erzieher kamen da zur musikalischen Verkehrserziehung zusammen.

    Nicht nur die Kleinen lernten unter Klodt Sicherheit im Verkehr. Vom Kindergarten bis in die höheren Klassen des Gymnasiums oder der Berufsschule war Klodt Lehrer in Sachen Verkehrserziehung, Schülerlotsenausbildung, Drogenprävention oder Internetrecht. Selbst Senioren hat Klodt schon im Pedelec-Umgang geschult. Daher ist der Polizeihauptkommissar in Karlstadt und Umgebung auch bekannt wie ein bunter Hund. „Herr Klodt, kennen Sie mich noch?“, hört er öfters, wenn er in der Kreisstadt unterwegs ist.

    „Mein und unser Ziel war es immer, die Kinder frühzeitig für den Verkehrsablauf zu sensibilisieren“, sagt Klodt. „Die rückläufigen Unfallzahlen sprechen für den Erfolg unserer gemeinsamen Arbeit“, zieht er Bilanz und denkt dabei auch an Kindergärten, Schulen, Behörden und Unternehmer, mit denen er in den vergangenen Jahren zusammenarbeitete.

    Diesen Freitag wird Klodt noch von Schülern der Grundschule Karlstadt mit einer Überraschung verabschiedet, eine Woche später offiziell mit Urkunde von der Polizei. Doch auch wenn Klodt nun keine Kinder mehr in Fahrradfahren und sonstigen Dingen unterrichten wird, ist er noch täglich am Schulweg in der Schwebenriederstraße in Arnstein zu sehen. Dort steht er als lebensgroßer Pappkamerad zum mahnenden Denkmal in Sachen Verkehrssicherheit.

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