Otto Dümig öffnet die schwere Eichentür am denkmalgeschützten Rodener Rathaus. Das Büro des Rathauschefs ist weniger beeindruckend, dafür aber penibel aufgeräumt. Am Tisch an der Wand steht eine Schreibmaschine, darüber hängt das Gemeindewappen. Einige Schreibtische sind zusammengeschoben, an einem davon nimmt Dümig Platz. Nicht mehr oft wird er hier arbeiten, bald ist Schluss für den dienstältesten Bürgermeister im Landkreis Main-Spessart. Seit 1. Mai 1990 führt er die Gemeinde Roden, blickt zurück auf drei Jahrzehnte mit Höhen aber auch mit Tiefen, die er durchschritten hat, jedoch – wie er betont – stets gestützt von seinem Gemeinderatsgremium, das hinter ihm stand wie eine Eins.
Schon immer habe er sich für die Gemeinde- und Kommunalpolitik interessiert und auch dafür, was in der Gemeinde vorangeht, erzählt Dümig. 1984 gelang ihm aus dem Stand der Sprung in den damals noch acht Mitglieder zählenden Rodener Gemeinderat unter Leitung von Bürgermeister Leo Behr aus Ansbach. Damals, so erinnert er sich, sei nach der Gebietsreform 1976 das "Kirchturmdenken" noch sehr ausgeprägt gewesen. Das sei aber nicht sein Denken gewesen, sagt er.
1990, als Behr nicht mehr antrat, ließ sich Otto Dümig für die Wählergemeinschaft Roden als Bürgermeisterkandidat aufstellen. Für die Bürgergemeinschaft Ansbach kandidierte Betty Lemke. Dümig hatte die Nase vorn, Lemke wurde seine Stellvertreterin. "Es war und ist bis heute ungeschriebenes Gesetz, dass der Zweite Bürgermeister aus dem anderen Ortsteil kommt." Das sollte auch so bleiben, meint Dümig.
Seit vier Jahrzehnten ist Dümig Mitglied in der CSU. Doch Partei- und Kommunalpolitik sind für ihn zwei Paar Schuhe, die nicht zusammenpassen, sagt er. "Es gilt sich darauf zu konzentrieren, was die Gemeinde voranbringt, Parteiklüngel hat dabei nichts zu suchen", so seine Überzeugung.
Große Brocken in der ersten Amtsperiode
Seine erste Amtsperiode prägten gleich "große Brocken" an Entscheidungen. So unter anderem der Anschluss der Gemeinde Roden an die Kläranlage der Stadt Marktheidenfeld. "Das habe ich schon als Gemeinderatsmitglied mitbekommen", erinnert er sich. Die Absetzbecken in Roden und Ansbach seien nicht mehr genehmigungsfähig gewesen. Eine eigene Kläranlage – finanziell utopisch. Deshalb entschied sich das Ratsgremium unter Dümig zum Anschluss an Marktheidenfeld. "Das war das Beste was wir machen konnten, denn alleine hätten wir weder die Auflagen noch die Kosten stemmen können", sagt er.
Ebenfalls in seine Amtszeit fiel die Dorferneuerung in Ansbach mit dem kompletten Ausbau der Ortsdurchfahrt samt Kanal- und Wasserleitungssanierung und Oberflächengestaltung. Auch Roden habe davon profitiert, denn ohne Ansbach wäre Roden nicht in dieses Dorferneuerungsverfahren gekommen, sagt Dümig.
Weil die eigenen Quellen recht nah an der Oberfläche liegen und dadurch schnell Keime ins Trinkwasser gelangen konnten, schloss die Gemeinde den Ortsteil Ansbach an die Fernwasserversorgung Mittelmain (FWM) an. In Eigenregie und mithilfe der Gemeindearbeiter wurde eine zwei Kilometer lange Wasserleitung vom Wasserwerk in Erlach hinauf nach Ansbach gebaut. Vor einigen Jahren wurde diese dann nach Roden verlängert. Seitdem wird auch dieser Gemeindeteil von der FWM versorgt.
Forst: Gemeinde Roden geht eigenen Weg
Bürgermeister Otto Dümig Stärken liegen im Bereich Wald und Forst. Hier hat er mit der Gemeinde Roden 1997 einen eigenen Weg beschritten. Damals war sie die erste Gemeinde in Bayern, die ihren Gemeindewald nicht staatlich beförstern ließ. Dümig und sein Ratsgremium entschieden sich für die Fürstlich Castell’sche Forstverwaltung. "Das haben wir nicht bereut", betont Dümig. Seit 2017 ist die Forstbetriebsgemeinschaft Main-Spessart West für die Belange im Rodener Gemeindewald zuständig. Was er noch auf den Weg gebracht hat, und worauf Otto Dümig auch stolz ist, ist die Waldflurbereinigung in Roden, die vor fünf Jahre begonnen hat und aktuell zum Abschluss kommt.
Klar gibt es für einen Bürgermeister auch immer wieder mal die Zeiten, in denen er am liebsten sein Amt hinschmeißen würde. Otto Dümig blieb von solchen Gedanken nicht verschont. "Es gab Zeiten, in denen ich dachte, ich will nicht mehr", sagt er. "Das waren Zeiten, in denen Anfeindungen unter die Gürtellinie gingen." Doch stand stets sein Ratsgremium hinter ihm.
Eigene "Schwächen" sieht Dümig beim "Kastle" - also dem Computer, den Mails und neuen Medien. Da ist er ganz offen und ehrlich. Dass er einigermaßen Schritt halten konnte, verdanke er seinem engen Mitarbeiter Helmut Schreck. Als er das Amt des Bürgermeisters übernahm, war für ihn klar, Schreck muss das Amt des Gemeindeschreibers übernehmen. Nun legt Schreck legt sein Amt als Gemeindeschreiber ebenso nieder wie Dümig sein Bürgermeisteramt.
Otto Dümig ist in der Kreispolitik kein unbeschriebenes Blatt. Er war 18 Mitglied des Kreistags Main-Spessart, ebenso lange im Rechnungsprüfungsausschuss und im Umweltausschuss tätig. Eine Amtsperiode gehörte er dem Bauausschuss an. Er war stellvertretender Vorsitzender des Zweckverbandes Fernwasserversorgung Mittelmain und zehn Jahre lang Schöffe am Würzburger Landgericht.
Bürgermeister muss zuhören können
In die Arbeit seines Nachfolgers will er sich nicht einmischen. Was er ihm mit auf den Weg gibt? Dass Zuhören bei einem Bürgermeister ganz wichtig ist, ob im Ratsgremium oder bei den Menschen im Ort. Bei wichtigen Entscheidungen wäre es gut, sie einmal zu "überschlafen" und sich der fachkundigen Expertise der Fachleute in der Verwaltungsgemeinschaft zu versichern. Eine Erkenntnis ist für den Bürgermeister aber unumstößlich, sagt Otto Dümig, dass "man es nicht jedem Menschen immer recht machen kann".
Für heute zieht Otto Dümig die schwere Eichentür des Rathauses hinter sich zu. Bald zum letzten Mal. Dann ist Zeit für den dienstältesten Bürgermeister Main-Spessart "Tschüss" zu sagen und sich in den Ruhestand zu verabschieden.