Im Corona-Jahr 2020 beginnen viele Sätze mit "eigentlich". Eigentlich sollte in diesem Jahr die 75. Spessartfestwoche gefeiert werden, und eigentlich sollte vorher ein Buch des Vhs-Arbeitskreises Heimat und Geschichte darüber erscheinen. Die Jubiläumsfestwoche ist ausgefallen, aber das Buch wird es geben.
Im Frühjahr, als der erste Lockdown verhängt wurde, sei man schon ziemlich weit gewesen, berichtete Arbeitskreisleiter Karl-Heinz Schroll im Gespräch mit dieser Redaktion. Bevor es wieder weitergehen konnte, habe man sich mit elektronischer Kommunikation beholfen. "Wir haben wirklich hart gearbeitet." Die Verzögerung hatte aber ihr Gutes: "Das Buch sollte eigentlich im Februar oder März erscheinen. Jetzt ist es viel besser geworden, weil wir noch vieles gefunden haben. Es tauchen ständig neue Sachen auf", erläuterte Schroll. Der Umfang beträgt jetzt rund 130 Seiten.
Nicht bei null begonnen
Im November vorigen Jahres begannen acht Arbeitskreismitglieder mit der Arbeit am Buch, die sich nunmehr ein Jahr lang hinzog. Sie mussten aber nicht bei null anfangen. "Im Hinterkopf hatten wir es schon lange", meinte Adele Hauck. Laut Schroll konnte während der Arbeit an vorhergehenden Büchern schon viel Material gesammelt werden.
Der Arbeitskreis befragte Zeitzeugen, wertete die Lohrer Presse und Festschriften aus. Das fiel umso leichter, weil die meisten Arbeitskreismitglieder selbst Zeitzeugen vom Beginn der Festwoche sind und auf eigenes Archivmaterial zurückgreifen konnten. "Material habe ich schon viel", sagte Brigitte Krautwald.
Sie konnte zudem auf Unterlagen ihres Vaters zurückgreifen, des Lohrer Ehrenbürgers Franz Back, der einer der Mitbegründer der Festwoche war. Ihr "Vaddi", wie sie ihn stets nennt, habe "willkürlich gesammelt". Krautwald kann zudem eine Menge Anekdoten beisteuern, etwa wie sie als "erster DJ Lohrs" mit Plattenauflegen das Unterhaltungsprogramm in der Festhalle bestritt.
Als wichtige Quelle für Fotos erwies sich das Lohrer Stadtarchiv. Dessen Leiter Josef Harth habe den Arbeitskreis darauf hingewiesen, dass es im Stadtarchiv unter anderem viele Bilder von den Festzügen der 1950er Jahre gibt, erläuterte Schroll. Hans-Joachim Wirthmann und er hätten diese eingescannt. Die Stadt half auch noch in anderer Hinsicht: mit einem Zuschuss, dessen Höhe der Arbeitskreisleiter nicht nennen wollte. "Wir haben das Buch ja auch für die Stadt gemacht."
Zudem haben laut Schroll viele Menschen Bilder beigesteuert, die nicht dem Arbeitskreis angehören. Aus seiner Sicht seien "mehr oder weniger alle wichtigen Lohrer auf den Bildern drauf".
Titelbild von 1949
Als Titelbild für das Buch wählte der Arbeitskreis das Festplakat von 1949 von Hans Bukor mit dem Bayersturm, für die Rückseite das Festplakat von Jan Peter Kranig mit dem Keiler, der mit Maßkrug aus der Basstuba springt. Es wird seit 1991 verwendet.
Schwieriger als die Auswahl des Titel- und Schlussbildes sei der Titel des Werkes gewesen, ließen Arbeitskreismitglieder durchblicken. Nach langen Diskussionen, so Schroll, heißt es jetzt "75 Jahre Spessartfestwoche Lohr 1946 bis 2020". Im Gespräch seien auch noch "Spessartfestwoche gestern und heute", "75 Jahre Spessartfestwoche – Im Archiv geblättert" und andere gewesen.
Das Buch ist chronologisch-thematisch gegliedert. Der Leser erfährt etwas über die Anfänge der Festwoche in den späten 1940er Jahren, als noch Industrie-, Handels- und Gewerbeausstellungen, Kunstschauen, Kultur- und Sportveranstaltungen im Mittelpunkt standen.
Beleuchtet werden die Festzüge zur Festwoche und deren Schauplätze, erst der heutige Freibadparkplatz mit der hölzernen Fest- und Sporthalle, dann die Mainlände. Es geht um die Auftritte von Stars der 1950er Jahre, Misswahlen, Festwirts- und Schaustellerfamilien und viele weitere Themen.
Zwei Lohrer haben nach Schrolls Worten viel von ihrem Wissen als regelmäßige Festwochenbesucher beigetragen: der langjährige städtische Festwochenorganisator Dieter Daus und Jupp Keil vom Stammtisch "Fünf Fässer". Keil habe beispielsweise vom ersten Festwochenabend des neuen Festwirts Xaver Widmann 1976 berichtet, der niederbayerischen Gepflogenheiten folgend früh den Bierausschank einstellen wollte und prompt von den protestierenden Lohrern das Mobiliar zerlegt bekam.
Der Arbeitskreis widmet sich seinem nächsten Thema, das sich laut Mitgliedern als "unendliches Projekt" erwiesen hat: der Geschichte der Lohrer Vereine.

Neues Buch über die FestwocheRund 130 Seiten stark ist das neue Buch des Vhs-Arbeitskreises Heimat und Geschichte über 75 Jahre Lohrer Spessartfestwoche. 285 Bilder und 30 Illustrationen enthält es. Das Format ist wie gewohnt DIN-A4, erstmals wird es zweispaltig gesetzt. Derzeit wird es bei G-Medien in Lohr gedruckt.Die geplante öffentliche Vorstellung in der Alten Turnhalle musste wegen des Lockdowns abgesagt werden. Statt dessen informierte der Arbeitskreis in einem Gespräch mit dieser Redaktion über die Inhalte. Der Lohrer Geschichts- und Museumsverein, in dessen Schriftenreihe auch dieses Buch des Arbeitskreises erscheint, hat sich einen Kostenvoranschlag über 2000 Exemplare machen lassen. Zunächst sollen aber weniger Ausgaben gedruckt werden. Weil Vereinsvorsitzender Wolfgang Vorwerk, Kursleiter Karl-Heinz Scholl und Kursmitglieder über 30 Sponsoren gewinnen konnten, wird sich der Preis wohl nur um zehn Euro bewegen. Erhältlich ist das Werk voraussichtlich ab dem kommenden Wochenende in der Schöningh-Buchhandlung Bücherecke Hauptstraße 18, beim Buchservice Elisabeth Schmidt, Sendelbacher Straße 12, und bei Grote an der Gärtnerstraße.Quelle: metjm