Mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 war der zweite Weltkrieg in Europa beendet. Lohr und seine Umlandgemeinden wurden bereits in den letzten März- und ersten Apriltagen eingenommen.
Zunächst flogen Tiefflieger der Alliierten Angriffe auf Züge und Bahnanlagen. Bei einem derartigen Angriff am 18. März auf Lohr gab es 18 Tote. Am 25. März nahmen die Tiefflieger die Eisenbahnbrücke in Sackenbach unter Beschuss, allerdings trafen die Bomben nicht die Brücke, sondern den Ortskern, der völlig zerstört wurde. Neun Menschen kamen dabei ums Leben. Der letzte Luftangriff im Raum Lohr fand am 27. März statt. Er galt vermutlich der Staustufe Steinbach, die aber unbeschädigt blieb. Auch Personen kamen dabei nicht zu Schaden.
Im Steinbacher Schloss kam es zu Fenster- und Dachschäden, hervorgerufen durch Bordwaffenbeschuss, zugleich mit den Bombenabwürfen. Abgebrannt ist das Steinbacher Schloss erst am 3. April 1945, als die Amerikaner Lohr eingenommen hatten und Ort um Ort besetzten.
Ebenfalls am 27. März rollten die Amerikaner über den Spessart Richtung Lohr. Mit der Absicht, sie bei ihrem Vormarsch aufzuhalten, sprengten deutsche Einheiten einen Flusspfeiler der Lohrer Mainbrücke (heute: alte Mainbrücke).
Standrechtlich erschossen
Am 2. April (Ostermontag), als die Amerikaner bereits vor der Stadt standen und in die Hauptstraße schossen, wurde der Arzt Dr. Karl Brand nach einem Standgerichtsurteil erschossen, weil er Lohr kampflos übergeben wollte. Der aus Rothenbuch stammende Brand war für das Lohrer Krankenhaus dienstverpflichtet worden und wohnte im nahegelegenen Hotel „Post“. Als er am Abend des 1. April (Ostersonntag) erfuhr, dass sein Heimatort Rothenbuch am Nachmittag in die Hände der Amerikaner gefallen war, gab er der Besitzerin der „Post“ den Auftrag, eine weiße Fahne herzurichten.
Weil Brands Vorhaben jedoch bekannt wurde, wurde der Arzt noch in der gleichen Nacht verhaftet. Um 6 Uhr des 2. April trat im ersten Stock des Schlosses das Standgericht zusammen. Der Angeklagte, der wahrscheinlich unter dem Einfluss von Morphium stand, leugnete nicht. Er wurde zum Tode verurteilt.
Weil bei der Hinrichtung die Anwesenheit eines Arztes vorgeschrieben war, zog man einen Oberarzt von einem Feldverbandsplatz an der Bahnunterführung nach Wombach ab. Er fuhr im Kugelhagel quer durch die Stadt zum Schloss. Dort wurde Brand im Schlossgarten gegen 16 Uhr von einem Kommando von zehn Soldaten erschossen. Zum Zeitpunkt seiner Erschießung waren bereits die ersten Stoßtrupps der 14. US-Panzerdivision in die Stadt eingedrungen. Panzer folgten. Die Verteidiger der Stadt schossen zehn Panzer ab oder machten sie kampfunfähig.
Am frühen Nachmittag wurden im oberen Teil der Hauptstraße zwei amerikanische Panzer abgeschossen, einer davon von einem Hitlerjungen. In der Turmstraße wurden das Weigand-Haus (Stadtmühlgasse 1) und das Haus des Messerschmieds Friedel von einem Panzer in Brand geschossen. Am späteren Nachmittag erhielten die Amerikaner von Süden her Verstärkung durch das 7. US-Infanterieregiment, das zunächst Rodenbach und dann Wombach einnahm, das von einer kleinen SS-Einheit verteidigt wurde. Dabei gab es zwei Tote, möglicherweise durch Artilleriefeuer, mit dem deutsche Einheiten von der anderen Mainseite aus den Vormarsch der Amerikaner aufhalten wollten. Ein Wohnhaus und mehrere Scheunen brannten nieder.
Endgültig erobert wurde Lohr in den ersten Apriltagen 1945 durch die 99. Infanterie-Division. Die Verwaltung der besetzten Gebiete übernahm die amerikanische Militär-Regierung.
Die letzten Lohrer Einwohner, die am Ostermontagabend (2. April) die Innenstadt noch nicht verlassen hatten, waren zu ihrem eigenen Schutz von den Amerikanern außerhalb der Stadt in Sicherheit gebracht worden – denn noch gab es Artilleriefeuer, diesmal von der deutschen Wehrmacht, die von Sackenbach her die Amerikaner beschoss. Zu den Sammellagern gehörten das Aloysianum, die Knabenschule und die Villa Gillardon, die am Brunnenwiesenweg stand, sowie die Räume der Glashütte, damals an der Partensteiner Straße.
Am 3. April wagten sich die Leute in die Stadt zurück, um nachzuschauen, was aus dem eigenen Haus geworden war. Zwar war Lohr im Vergleich zu anderen Städten kaum zerstört, aber immerhin 23 Häuser lagen im Schutt und Asche, sechs allein im Eckbereich Oberen Brückenstraße/Fischergasse.
Kaum mehr Widerstand
Die Amerikaner hatten ihr Lager auf den so genannten Stumpf-Wiesen, dort, wo heute das Autohaus Grampp steht. Weil die Lohrbrücke gesprengt war, rollten die amerikanischen Panzer, die in Richtung Sackenbach und Neuendorf fuhren, durch das Rexroth-Gelände.
Ernsthaften Widerstand von Seiten der Wehrmacht gab es nicht mehr. Für die Lohrer war der Krieg zu Ende. Schon am nächsten Tag, Mittwoch, 4. April, gab es dann auch das erste Anzeichen für einen Neubeginn: Malermeister Anton Franz wurde von den Amerikanern als kommissarischer Bürgermeister eingesetzt. Zu seinen ersten und schwierigsten Aufgaben gehörte es, die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln sicherzustellen und die obdachlos gewordenen Familien unterzubringen. Er blieb bis zum 29. Juli 1945 im Amt. Dann bat er um seine Ablösung „zwecks Ausübung seines Berufes“.
Von amerikanischer Seite her war ab 1. September Captain Edward E. Kelly zuständig. Zwar blieb Kelly nur ein knappes Jahr in Lohr – bis 15. August 1946 – doch diese kurze Zeit das genügte dafür, ihm einen Platz in der Stadtgeschichte zu sichern: Denn Kelly war nicht nur mit großem Einsatz darum bemüht, die materielle Lage der Bevölkerung zu verbessern, er förderte auch das kulturelle Leben mit Theateraufführungen, Konzerten und anderen Veranstaltungen.