Außergewöhnlichen Besuch hatte Arnstein dieser Tage: Werner Adelmann aus dem brasilianischen Porto Alegre war zu Gast. Er ist pensionierter Ingenieur und war Direktor einer großen Zellstofffabrik sowie Universitätsdozent. Zudem ist er Buchautor und Präsident einer der ältesten deutschen Vereine in Brasilien, der sich um die Bewahrung deutscher Kultur bemüht. Sein Großvater Wilhelm Adelmann stammt aus Arnstein. Dessen Lebenslauf und Weg nach Brasilien ist ein wahres Abenteuer.
1879 wurde Wilhelm Adelmann als Sohn des Kaufmanns Franz Adelmann in Arnstein geboren. Sein Geburtshaus ist heute als ehemaliges Schmitts-Haus in Arnstein bekannt. Auch das gegenüberliegende „Gasthaus zur Post“ gehörte zum Familienbesitz. Wilhelm Adelmann wuchs nach dem frühen Tod seines Vaters bei seinem Onkel mütterlicherseits Johann August Leusser auf. Der Onkel war Wirt des Gasthauses zum „Goldenen Löwen“ und zudem Arnsteiner Bürgermeister. Insgesamt stellte die Familie Leusser von 1868 bis 1900 drei Bürgermeister hintereinander. Wilhelms Großvater Michael und sein Onkel Karl Stephan Adelmann waren von 1841 bis 1880 die beiden ersten Posthalter von Arnstein.
Nach der Schulzeit trat Wilhelm Adelmann beim „Norddeutschen Lloyd“ als Schiffsjunge ein. Dann diente er bei der Marine. 1903 ging er mit 24 Jahren als Polizeimeister nach Deutsch-Neuguinea. Seit 1884 hatten die Deutschen das Gebiet in Besitz genommen. 1914 gab es neben den 600 000 Ureinwohnern mehr als 1000 Deutsche, hauptsächlich Kolonialbeamte mit ihren Familien neben Angestellten von Handelsfirmen, Händlern Missionaren und Pflanzern.
Blutige Verfolgungen
Adelmann war ab 1903 in der Hauptstadt Herbertshöhe eingesetzt und dann auf der Insel Neu-Mecklenburg. Über das gefährliche Leben auf diesem Posten berichtete damals die Werntalzeitung, so beispielsweise über das „Baining-Massaker“ auf Neupommern, bei dem zehn Missionare und Missionsschwestern umgebracht worden waren, einen Taifun auf den Karolinen-Inseln oder einen Fall von Kannibalismus im Bismarckarchipel. Sie berichtete auch über eine Strafexpedition, an der Wilhelm Adelmann maßgeblich beteiligt war.
Aus heutiger Sicht sind die Vorgänge von damals zu verurteilen. So war es üblich, Dörfer zu beschießen und die Hütten der Einwohner niederzubrennen, mutmaßliche Täter gnadenlos zu verfolgen, zu erschießen oder drakonische Strafen zu verhängen.
Ende 1907 bis Anfang 1908 besuchte Wilhelm Adelmann Arnstein und heiratete Emma Ruß aus Brünnstadt bei Gerolzhofen. Zurück in Neu-Mecklenburg, wurde er später Leiter der Polizeistation Herbertshöhe. Er geleitete mehrere Expeditionen durch das Gebiet, unter anderem eine mit Beteiligung des Malers Emil Nolde.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs schließlich kapitulierte die Kolonie. Das Gebiet wurde australisch. Heute gehört der größte Teil zur unabhängigen Republik Papua New Guinea. Adelmann kehrte 1916 nach Deutschland zurück und meldete sich zum Kriegsdienst bei der Marine. Bis 1923 leistete er im Auswärtigen Amt in Berlin Dienst, wanderte aber 1926 nach Süd-Brasilien aus. Der Grund lag wahrscheinlich in der desolaten Lage Deutschlands zu jener Zeit.
In der Provinz Santa Catharina kaufte er ein größeres Gut. Er wollte eine fränkische Siedlung sowie eine Beratungs- und Unterkunftsstelle für Einwanderer einrichten, starb aber überraschend mit 47 Jahren 1927 in Blumenau.
Sohn Max besuchte in Brasilien zunächst eine katholische Schule und begann danach früh zu arbeiten. 1932 heiratete er seine Frau Käthe, die aus Kiel stammte. Das Paar hatte eine Tochter und drei Söhne, einer davon Werner, der jetzt zusammen mit seiner Frau Lilian Arnstein besuchte. Zustande gekommen war der Kontakt durch Klaus Göbel vom Heimatkunde-Verein.
Führung durch Arnstein
Die Adelmanns besuchten auch Verwandte in Veitshöchheim. In Arnstein führte Göbel nach einer Begrüßung durch Bürgermeisterin Linda Plappert-Metz und einem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt zusammen mit Günther Liepert die Gäste durch den Ort. Werner Adelmann selbst spricht gut deutsch, da es bei ihm zu Hause üblich war, deutsch zu sprechen.
Wie Werner Adelmann berichtet, findet in seiner Geburtsstadt Blumenau jährlich das zweitgrößte Oktoberfest weltweit – nach München – statt.