"Ich werde die Arbeit nicht vermissen, aber die Menschen", sagt Thomas Schepping, der Direktor des Amtsgerichts Gemünden. Er leistet an diesem Dienstag seinen letzten Arbeitstag. Seit Dezember 2015 führte der Würzburger und gebürtige Frankfurter das Gericht und seine rund 70 Mitarbeiter. Mit 65 Jahren und sieben Monaten tritt er regulär in den Ruhestand.
Im Juni hat die Ständige Vertreterin des Direktors, Karin Offermann, die passive Phase der Altersteilzeit begonnen. Führungslos ist Gemündens größte staatliche Behörde damit nicht, seit dem 16. Juni hat Richter Volker Büchs die Stellvertretung inne. Büchs arbeitete bis 2006 in Gemünden und zuletzt am Landgericht Aschaffenburg. Die Direktorenstelle werde am 1. Oktober besetzt, informiert Schepping.
Auf die Frage, was er seinem Nachfolger rate, erwidert der scheidende Chef: "Ich gebe keine Ratschläge." Er selbst habe sich vom ersten Tag an wohlgefühlt in Gemünden, und, wie er schon kurz nach dem Amtsantritt bekundet hatte, habe ihm tatsächlich jeder Arbeitstag so gut gefallen wie zuvor am Oberlandesgericht Bamberg. Das lag zuvorderst an den Mitarbeitern: "Besonders positiv" aufgefallen am Gemündener Gericht seien ihm der Zusammenhalt und die Solidarität "der Richter, der Rechtspfleger, von allen: Da arbeitet jeder fürs gemeinsame Ziel. In Gemünden ist das so". Mit Geschäftsstellenleiter Klaus Dluczek habe er ein gutes Führungsteam gebildet.
Nachvollziehbare Entscheidungen
Weiterhin bemerkenswert waren für den Direktor die häufigen Wechsel im Personal, vor allem in der zehnköpfigen Richterschaft. Trotz der dadurch bedingten Ein- und Umgewöhnungsphasen: "Das macht auch Spaß: neue Leute . . ." Thomas Schepping ist ein Menschenfreund, was auch an seiner Prozessführung zu beobachten war. Mit Einfühlungsvermögen und ruhiger Sachlichkeit begegnete er den Zeugen wie den Angeklagten und wirkte ihrer Nervosität entgegen. Der 65-Jährige stimmt dieser Einschätzung zu und bekräftigt: "Menschenfreund muss ein Richter sein, sollte er sein! Die Verfahren betreffen ja Menschen. Und, wichtig: Man muss die Entscheidungen (Urteile) transparent machen können."
Am Amtsgericht Gemünden teilt sich die Direktorenstelle zur einen Hälfte in Verwaltungsarbeit, zur anderen in Richtertätigkeit. Schepping bearbeitete Strafsachen als Einzelrichter und als Vorsitzender des Schöffengerichts. Hier wieder den direkten Kontakt zu den Menschen haben, hatte ihn an der Stelle gereizt, da er zuvor am Oberlandesgericht Bamberg acht Jahre einem reinen Beschlusssenat (Rechtsmittelinstanz) angehörte, der allein nach Aktenlage entschied: "In Gemünden konnte ich wieder die Robe anziehen." Was er dafür hier vermisste, war das Senats- und Kammersystem, in dem mehrere Richter sich beraten – "da kommt das Fachwissen von drei Leuten zusammen".
Reiches Berufsleben
Die schwarze Richterrobe wird Thomas Schepping an diesem Dienstag mit nach Hause nehmen und dort belassen. Er freue sich auf den Ruhestand, bekräftigt er, und werde die Arbeit nicht vermissen, aber er versichert auch, er würde den gewählten Lebensweg noch einmal ganz genauso beschreiten. Er blicke auf ein reiches, interessantes Berufsleben zurück: "Ich habe alles gemacht, was die bayerische Justiz zu bieten hat, außer Familienrecht." Ebenfalls nicht missen möchte er die acht Jahre als Rechtsanwalt in Würzburg zu Anfang seiner Karriere; die Erfahrungen dieser Zeit seien ihm später zupassgekommen.
Von der Pensionierung trennen den Juristen nur noch elf Tage Resturlaub. Die werden er und seine Frau, mit der er drei erwachsene Kinder hat, in Südtirol verbringen. Wandern (Hafenlohrtal, Spessart und Steigerwald) nennt Schepping als eines seiner Hobbys, Boulespielen, gern in Frankreich, als ein weiteres. Weltreisen brauche er nicht.