Die Stadt Lohr macht, zumindest in ihrem Zuständigkeitsbereich, den Weg frei für die Nutzung von Sonnenenergie durch entsprechende Anlagen auf den Dächern der Altstadt. Der Stadtrat beschloss am Montagabend einstimmig, die bisherige Regelung zu kippen, wonach Solar- und Photovoltaikanlagen auf Lohrer Altstadtdächern weitgehend untersagt sind.
Die Entscheidung ist allerdings nicht gleichbedeutend mit der generellen Erlaubnis solcher Solaranlagen, denn auch weiterhin obliegt es dem Landesamt für Denkmalschutz im Einzelfall zu entscheiden, ob es im denkmalgeschützten Ensemble der Lohrer Altstadt PV-Anlagen auf einem Dach zulässt. Allerdings steht hier eine Gesetzesänderung bevor, die das Genehmigen solcher Anlagen zum Regelfall machen soll, gegebenenfalls jedoch mit Auflagen beispielsweise zum Aussehen der Anlagen.
ÖDP-Stadtrat Ruf hatte Änderung beantragt
Die Gesetzesinitiative wird voraussichtlich noch heuer greifen. Das hatte ÖDP-Stadtrat Torsten Ruf zum Anlass für einen Antrag genommen, wonach die Stadt Lohr ihre Satzung ändert, die PV-Anlagen in der Altstadt bislang weitgehend verhindert: In Paragraf 5, Absatz 3, der städtischen "Satzung über besondere Anforderungen an bauliche Anlagen und Werbeanlagen" ist geregelt, dass neben Dachfenstern auch Solar- und Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Altstadt nur zulässig sind, wenn man sie von öffentlichen Verkehrsflächen aus nicht sehen kann.
Man müsse vor dem Hintergrund der Energie- und Klimakrise dort, wo es sinnvoll sei, bisherige Hemmnisse für die Nutzung der Sonnenenergie streichen, argumentierte Ruf. Die Stadt brauche keine eigene Reglementierung in Form der Satzung, da der Aspekt des Denkmalschutzes doch ohnehin von der entsprechenden Behörde geprüft werde.
Für diese Prüfung sieht die auf dem Weg der Umsetzung befindliche bayerische Gesetzesinitiative vor, bisherige Vorgaben und Einschränkungen zu Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden oder Ensembles deutlich zu lockern. Man müsse, so die Begründung der Staatsregierung, bei der Energieversorgung alle Potenziale ausschöpfen. Laut Positionspapier des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege soll die "Nutzung von Sonnenenergie zur neuen Normalität am Baudenkmal" werden.
Bürgermeister Mario Paul vertrat nun im Stadtrat wie Ruf die Ansicht, dass es über die allgemeingültigen Bestimmungen des Denkmalschutzes hinaus in Lohr keine zusätzliche städtische Regulierung brauche. Durch die Streichung der betreffenden Formulierung in der städtischen Satzung entfalle in der Stadtverwaltung der bisherige Aufwand einer Einzelfallprüfung.
Wird es weitere Lockerungen geben?
In der Diskussion gab es ausschließlich dem Antrag Rufs zustimmende Redebeiträge, allerdings mit Nuancen. So fragte Eric Schürr (Bürgerverein), weswegen man nicht gleich "den großen Wurf" wage und in der städtischen Satzung auch gleich Dachfenster oder sonstige Eindeckungen erlaube. So könne man Hemmnisse beseitigen, die bislang womöglich Dachausbauten in der Innenstadt entgegenstünden, argumentierte Schürr.
Uli Heck (Freie Wähler) regte an, sich zunächst Gedanken über weitere Änderungen der innerstädtischen Gestaltungssatzungen zu machen. Es bestehe bei der Satzungsänderung zunächst keine Eile, da ja auch das Gesetz zur Lockerung bei der Praxis der Solaranlagen noch nicht greife.
Bürgermeister Paul erklärte, dass man in der Verwaltung kontrovers über den Zeitpunkt der Satzungsänderung diskutiert habe. Ergebnis sei gewesen, dass man guten Gewissens schon jetzt die städtischen Einschränkungen bei den Solaranlagen im Altstadtbereich aufheben könne. Wer sich weitere Änderungen der Satzung wünsche, solle diese der Verwaltung mitteilen. Dann würden die Vorschläge geprüft.
ÖDP-Stadtrat Ruf plädierte dafür, dass die Stadt jetzt sofort ein Signal zur vermehrten Nutzung von Sonnenenergie aussenden solle. Ein solches Signal wirke vielleicht "über Lohr hinaus". Mathilde Lembach (Grüne) bezeichnete Rufs Initiative ebenso wie die Gesetzesinitiative der Staatsregierung als sehr begrüßenswert. Man müsse bei der Nutzung von Solarenergie auf vorhandenen Dächern möglichst "alle Hemmnisse aus dem Weg räumen".
Am Ende beschlossen die Stadträte einstimmig, das bisherige Verbot von öffentlich sichtbaren Solar- und PV-Anlagen ersatzlos aus der städtischen Gestaltungssatzung zu streichen.