Für manche war es eine Erlösung, als vor gut zehn Jahren das Rauchen in gastronomischen Betrieben in Bayern verboten wurde, für andere der Untergang der Tradition. Seit dem 1. Januar 2008 ist das Rauchverbot in Bayern in Kraft. Gerungen wurde darum politisch aber noch zweieinhalb weitere Jahre, bis der Volksentscheid „Nichtraucherschutz“ im Juli 2010 das Gesetz in seiner heute noch gültigen Form festlegte.
In Main-Spessart gab es damals unterschiedliche Meinungen zu Sinn oder Unsinn des Rauchverbots. Auch unter den Gastronomen. Bei denen herrschte vorwiegend Pessimismus. War die Sorge um die wirtschaftliche Zukunft viel Rauch um nichts? Drei Wirte aus dem Landkreis geben beispielhaft Auskunft.
Viele Gäste sind weggeblieben
„Das wird uns das Genick brechen“, sagte Rainer Wiesner, Inhaber des Bistros „La Belle“ in Gemünden, noch kurz vor dem Volksentscheid 2010. Schon als er zwei Jahre zuvor sein Bistro zu einem Nichtraucherlokal machte, sei der Umsatz eingebrochen, klagte er damals. Und wie sieht es heute für das „La Belle“ aus, zehn Jahre nach der Einführung des Rauchverbots? „Wir kämpfen uns durch“, sagt Wiesner. In dem Bistro sind heute weniger Gäste als vor dem Rauchverbot, und damit auch der Umsatz geringer. „Das habe ich schon deutlich gemerkt“, sagt der Gastronom.
Gäste draußen, Wirt alleine drin
Viele Raucher würden gar nicht mehr so oft Kneipen aufsuchen, berichtet er, sondern hätten es sich zu Hause gemütlich eingerichtet. „Da brauchen wir nicht mehr weggehen“, hat er in der Zeit der Einführung des Nichtrauchergesetzes von Rauchern gehört. Jetzt ziehen Wiesners Gäste draußen an ihren Zigaretten, „ganze Trüppchen“ gehen oft gemeinsam raus. „Teilweise stehe ich eine ganze Zeit allein in der Kneipe, weil alle vor der Tür sind“, erzähl Rainer Wiesner lachend. Drei Tische hätte er im Sommer an Außengastronomie. Da sitzen dann auch rauchende Gäste. Doch im Winter bleiben davon wieder einige weg.
Besondere Veranstaltungen sollen Gäste anlocken
Wiesner setzt verstärkt, mehr als vor dem Rauchverbot, auf besondere Veranstaltungen im „La Belle“. „Wir haben hier jetzt öfters Livemusik oder DJ-Abende“, sagt er. Oder – immer besser besucht – Dart-Turniere wie an diesem Wochenende. „Da ist immer was los. Wenn die Hälfte erscheint, von denen die gesagt haben, sie kommen, bin ich sehr zufrieden“, sagt der 53-Jährige. Seit 24 Jahren hat er das Bistro „La Belle“ in Gemünden. Zehn Jahre wird er wohl noch machen, schätzt Wiesner. Und er hofft, dass die besser laufen werden, als die vergangenen zehn Jahre – oder zumindest nicht noch schlechter.
Rauchfreies Bistro schließt nun früher
Mit einem lachenden und weinenden Auge sieht Norbert Becker im Rückblick auf das Rauchverbot. Vom ersten Tag des damals neuen Nichtrauchergesetzes an änderte sich schlagartig alles in seinem Bistro „Madeleine“ in Marktheidenfeld. „Als noch geraucht wurde, waren bis zum Schluss die Tische voll, um 1 Uhr nachts musste wir die Gäste regelrecht rauswerfen, auch während der Woche“, erinnert sich Becker.
Ein Kommen und Gehen an den Tischen
Damit war ab dem 1. Januar 2008 von heute auf morgen Schluss. Die Gäste, die noch kamen, blieben nicht mehr so lang. „Die haben fast nur noch kurz was gegessen und getrunken“, sagt der Gastronom, „und waren dann schon wieder weg.“ Viele Gäste fanden es nicht mehr so gemütlich. „In Gruppen ist halt immer am Tisch ein Kommen und Gehen, weil welche nach draußen zum Rauchen gehen“, sagt Becker. „Und wenn man Pech hat, bleibt man am Tisch mit dem einzigen anderen Nichtraucher zurück – und den mag man vielleicht gar nicht so“, lacht Becker, der selbst nicht raucht. Üblicherweise ist jetzt zwischen zehn und elf Uhr Schluss. „Ich werde ja auch immer älter, da finde ich das mittlerweile gar nicht mehr so schlimm“, sagt der 57-Jährige schmunzelnd.
Von Trinklokal zum Speiselokal
Zum Lachen fand er anfangs die Entwicklung aber gar nicht – im Gegenteil. „Wir hatten damals wirklich richtig Angst um unsere Existenz“, sagt Becker. Denn die Umsätze brachen erst mal ein. Das habe sich aber wieder beruhigt – auch Dank des schon im Jahr 2000 eröffneten Restaurantbereichs „La Cabana“. Das Geschäft verlagerte sich nach dem Rauchverbot von der Trinkgastronomie mehr zur Speisegastronomie. „Allerdings ist an Getränken mehr verdient“, gibt Becker zu bedenken. Doch er habe das Glück, dass das Restaurant eigentlich immer voll sei, damit komme er gut über die Runden.
Viele kleine Kneipen musste schließen
Norbert Becker ist Mitglied des Vorstands des Hotel- und Gaststättenvereins Marktheidenfeld. Von daher weiß er auch, dass nicht alle Gastronomiebetriebe in der Umgebung so relativ unbeschadet das Rauchverbot überstanden haben wie er mit seinem „Madeleine“. „Gerade von den kleinen Wirtschaften haben viele inzwischen schließen müssen, vor allem auf dem Land“, sagt er.
Das lag nicht nur am Rauchverbot, aber das sei aus seiner Sicht sicher mit Schuld an dem Kneipensterben. „Wir mussten uns auch vorher schon immer anpassen und uns etwas Neues einfallen lassen“, sagt Becker. „Aber das Rauchverbot, das war schon der härteste Wandel.“
Bis 2012 wurde im „Karschter Eck“ geraucht
Einer der vehementesten Gegner des Rauchverbots war vor zehn Jahren der Inhaber des „Karschter Ecks“ in Karlstadt, Rainer Keller. Mit Plakaten in der Kneipe führte er einen regelrechten Wahlkampf gegen das Nichtrauchergesetz. Selbst nach dem Volksentscheid ließ er in seiner Wirtschaft das Rauchen zu. „Dann hat mich 2012 die Polizei angezeigt, ich habe eine hohe Strafe zahlen müssen.“ Keller gab nach und verbannte die Raucher vor die Tür.
Junge Leute rauchen weniger
„Ich habe mir absolut nicht vorstellen können, dass das funktionieren wird“, erinnert er sich. Doch er wurde eines Besseren belehrt. „Sogar die Stammgäste waren sehr tolerant und haben draußen geraucht.“ Er habe natürlich den Vorteil eines recht gemischten Publikums, auch viele junge Gäste seien in seiner Kneipe. „Von denen rauchen ohnehin nicht so viele, und die sind es gewohnt, dass drinnen nicht geraucht wird“, erklärt der Gastronom.
Rauchverbot hat positive Seiten
Am Umsatz habe sich nichts geändert, seit das „Karschter Eck“ rauchfrei ist. Und Keller, selbst Raucher, sieht vor allem Vorteile seitdem. „Die Luft ist besser, an den Tischen ist weniger Dreck und es gibt da auch keine Brandlöcher mehr – es ist drin einfach angenehmer geworden“, zählt er auf. Seit 30 Jahren hat er das „Karschter Eck“, 20 Jahre wurde davon drinnen geraucht. „Wenn das Rauchen in der Gastronomie wieder erlaubt würde – ich weiß gar nicht, ob ich das noch wollen würde.“