Rudi Roos ist fahrender Postbote in einem der größten Zustellbezirke im Landkreis Main-Spessart. Seine täglichen Dienstfahrten führen ihn seit 27 Jahren durch eine der schönsten Regionen im südöstlichen Spessart. Gut 500 000 Kilometer war er bislang im Dienst der Deutschen Bundespost und später der Deutschen Post AG unterwegs. Seit 1979 trägt er Briefe und Pakete aus. Und wenn es die Launen der Natur erlaubten, war er auch immer pünktlich.
Begegnung mit Prinz Philipp
Die Frage, warum sich Roos für ein Leben in Gelb entschieden hat, ist schnell beantwortet. "Ich wollte in die Fußstapfen meines Vaters treten", erinnert sich der 51-jährige Beamte. Vater Willi Roos war von 1946 bis 1979 als Zusteller unterwegs und, wie heute der Sohn, Postbote mit Leib und Seele. Auf Schusters Rappen stellte der die Briefe zu, zum Teil auf einsamen Waldpfaden, die heute noch als Postbotenlinie vielen Spessartern ein Begriff sind. Viele erinnern sich noch, wie Willi Roos sogar auf dem Pferd und in schneereichen Spessart-Wintern auf Skiern unterwegs war. Einmal, als er mit dem Moped unterwegs war, hatte er auf der Karlshöhe sogar mit dem zur Jagd im Spessart weilenden englischen Königsgemahl Prinz Philipp eine flüchtige Begegnung.
Sohn Rudi wandert gerne auf den väterlichen Spuren. Wind und Wetter haben ihn nach dem Motto "Die Post muss durch!" noch nie davon abgehalten, seine Spessart-Tour nicht nach Plan zu fahren. Im Gegenteil: Bei normalem Wetter erreicht er in der Regel plus-minus zehn Minuten seine Kunden. Wenn allerdings die Waldwege, wie im vergangenen Winter, tief verschneit sind, dann kann der stets gut gelaunte Postbote seinen Fahrplan nicht immer einhalten.
Vor allem dann nicht, wenn vor ihm noch kein Schneepflug oder Langholzfahrzeug eine Spur gefahren haben. Ein einziges Mal kam er wegen Schneeglätte etwas von der Fahrbahn ab. Kräftige Männerhände - eine Wandergaststätte befand sich in der Nähe - sorgten dafür, dass es bald weiter vorwärts gehen konnte. Ein anderes Mal streikte der Anlasser, ein Ersatzfahrzeug aus Marktheidenfeld ließ nicht lange auf sich warten.
Der Arbeitstag des fahrenden Postboten beginnt vor dem Morgenläuten seines Heimatdorfes Bischbrunn. Gegen sechs Uhr trifft er am Zustellstützpunkt der Post am Marktheidenfelder Nording ein, wo die für seinen Bezirk bestimmten Sendungen empfängergerecht vorsortiert werden. Dann heißt es: Ab geht die Post . . .! Ab nach Bischbrunn, Strasslücke, Torhaus Aurora, Breitsohl, Schleifthor, Karlshöhe, Neubau, Silvan und teilweise Oberndorf.
Rund 70 Kilometer fährt der freundliche Beamte zu den Empfängern. Ab und zu geht's noch weiter. Schon weitab seines Zustellbezirks liegt noch eine Adresse, die, wenn sie denn bewohnt ist, ebenfalls postalisch betreut wird: das ehemalige Forsthaus Kropfbrunn im stillen Kropfbachtal - zwischen Schollbrunn und Altenbuch gelegen.
2000 Pakete und Briefe am Tag
Hat der Bischbrunner Postler auf seiner Tour durch den Forst noch ein offenes Auge für die landschaftlichen Schönheiten? Natürlich genieße er die Farben des Herbstes oder das erste Grün des erwachsenden Frühlings, erzählt er. Das Auge des Naturfreundes fährt eben immer mit. Nicht mehr so häufig wie früher kommen Fuchs, Hase, Reh oder Hirsch in sein Blickfeld. Dafür begegnet er regelmäßig Spessartwanderern. Diejenigen, die ihn nach dem Weg fragen, erhalten, können mit seiner präzisen Auskunft oft mehr anfangen als mit einer Wanderkarte.
Etwa 2000 Sendungen muss er Tag für Tag ausliefern. Und wenn die Versand- und Möbelhäuser ihre Kataloge unters Volk werfen, wird's im Laderaum des gelben Posttransporters etwas eng.
Auch privat zieht es den Postboten immer wieder mal in den nahen Wald. Dann hat er meistens Axt und Säge dabei, um den häuslichen Holzvorrat mit "Rechtlerholz" aufzustocken. Dann ohne sein gelbes Auto.