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KARLSTADT: Beliebter Seelsorger: Ein Platz bekommt Steinerts Namen

KARLSTADT

Beliebter Seelsorger: Ein Platz bekommt Steinerts Namen

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    Pfarrer Paul Steinert mochte kein öffentliches Lob, hatte es aber unbestritten verdient.
    Pfarrer Paul Steinert mochte kein öffentliches Lob, hatte es aber unbestritten verdient. Foto: Foto: MP Archiv

    49 Jahre lang war Paul Steinert Pfarrer in Karlstadt. Vor genau 20 Jahren – am 19. August 1997 – starb er im Alter von 88 Jahren im Lohrer Kreiskrankenhaus. Während seiner Amtszeit, die 1949 begann, wurde er geachtet und geliebt. Auch deshalb wird ein Teil des Kirchplatzes bald nach ihm und seinem Vorgänger Josef Stangl benannt.

    Etliche Karlstadter, die der feinsinnige Seelsorger taufte, zur Erstkommunion führte, firmte und verheiratete kamen mit seinem facettenreichen Charakter in Berührung. Paulchen Steinert, wie ihn viele Karlstadter nannten, hatte viel Talente, die dem Pfarrhaus und der Stadtpfarrkirche zugute kamen. Neben seiner Tätigkeit als Pfarrer war er als Haus- und Kirchenelektriker, Drucker und Architekt und Baumeister bekannt bei diversen Sanierungen.

    Er hatte, was ein Pfarrer braucht

    „Er war die personifizierte theologische Instanz der Stadt“, fand auch der ehemalige Schulleiter Herbert Schneider. Steinert war starrköpfig, gütig und bescheiden, konnte schimpfen, weinen und granteln. Er besaß alle Attribute, die einen Seelsorger ausmachen.

    Der 1909 in Heidingsfeld geborene Steinert studierte Theologie und Philosophie an der Jesuitenhochschule St. Georgen in Frankfurt. 1935 weihte ihn Bischof Mathias Ehrenfried zum Priester. Als Kaplan unterrichtete er in Aschaffenburg Religionsunterricht. Er machte dort seinen Schülern deutlich, dass Juden mit ihren Mitbürgern gleichzustellen seien. Wenig später titulierte ihn eine Nazi-Organisation als „geistlichen Judenknecht“.

    Ab 1942 lernte er als Wehrmachtspriester die Grausamkeiten des zweiten Weltkriegs kennen. Im Pariser Gefängnis, dem damals größten Europas, bekam er den Namen „Franziskus von Fresnes“.

    Persönlicher Dank von Churchill

    Dort schmuggelte Steinert Briefe in die Zellen und begleitete viele Häftlinge bis zur Hinrichtung. Von diesen schlimmen Erfahrungen sprach er selten. Auch sein persönliches Dankschreiben von Winston Churchill, dessen Neffe in Fresnes inhaftiert war, ließ er stets unerwähnt.

    1949 trat Steinert die Nachfolge von Pfarrer Joseph Stangl in der Pfarrei St. Andreas und in der Spitalkirche St. Jakobus an. Später war er auch in Mühlbach und Gambach tätig. Er gründete das Gemeindezentrum St. Maria und die Sozialstation St. Sebastian und war Vorsitzender in vielen katholischen Verbänden und Institutionen.

    Keller: Ein Segen für Karlstadt

    Im April 1996 feierte Paul Steinert seinen Abschied vom aktiven Priesterdasein. Die öffentlichen Auftritte, Belobigungen und Ehrungen, bei denen er im Rampenlicht stand, waren ihm unangenehm. Dabei gibt es nur wenige Karlstadter, die mehr Worte der Anerkennung und des Dankes verdient gehabt hätten. So sah es auch Altbürgermeister Karl-Heinz Keller. Er bezeichnete Steinert als „Segen für Karlstadt“. Viele trauten ihm eine Karriere in der Kirchenhierarchie zu, wenn er sie angestrebt hätte. Doch die praktische, menschennahe Arbeit in der Gemeinde war ihm wichtiger. Selbst seine Herzprobleme im hohen Alter hinderten ihn nicht daran, noch ein Jahr vor seinem Tod in der Gambacher Pfarrei St. Bartholomäus die Messe zu zelebrieren.

    Riesiger Trauerzug

    Wie sehr die Bürger ihren Seelsorger achteten, zeigte sich nach seinem Tod: Die Karlstadter nahmen in der Kirche Abschied von Steinert, dessen Leichnam in der Kirche unter einem durchsichtigen Sargdeckel aufbewahrt war. 800 Trauernde liefen beim größten Zug der jüngeren Geschichte Karlstadts von der Pfarrkirche zum Stadtfriedhof, die Feuerwehr hielt dabei Ehrenwache. Vor seiner Beerdigung am 23. August hatten sich 4500 Menschen aller Konfessionen ins Kondolenzbuch eingetragen.

    Auch viele Jahre nach seinem Tod bleibt vielen Karlstadtern die Erinnerung an den gütigen und humorvollen Seelsorger. Stefanie Popp fasste ihre positiven Erfahrungen mit Steinert in ihrer Zulassungsarbeit zum Staatsexamen für Grundschullehramt in Religion zusammen: „Pfarrer Paul Steinert – Der Franziskus von Fresnes, Seelsorger aus Berufung“.

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