Der Hausärztemangel auf dem „flachen Land“ ist besorgniserregend. Er wirkt sich nicht nur enorm steigernd auf den Arbeitsanfall in den Arztpraxen aus, auch der ärztliche Bereitschaftsdienst an Wochenenden, Feiertagen und von Mittwochnachmittag bis Donnerstagmorgen ist betroffen. Dies gilt auch für den Raum Marktheidenfeld. Für den ist der Arzt Martin Bender aus der Luitpoldstraße 35 b der zuständige Obmann.
Er und seine Kollegen müssen seit kurzem für ein viel größeres Gebiet als bisher den Bereitschaftsdienst aufrecht erhalten. Früher umfasste es Marktheidenfeld, Karbach, Zimmern, Roden, Ansbach, Marienbrunn, Glasofen, Eichenfürst, Altfeld, Michelrieth, Bischbrunn, Oberndorf, Hafenlohr, Rothenfels, Bergrothenfels und Windheim. Sogar bis nach Rohrbrunn müssen die Mediziner fahren. Diesem ohnehin großen Bereich wurden jüngst auch noch Urspringen, Duttenbrunn, Birkenfeld und Billingshausen zugeordnet. Der Grund: Der Bereich Zellingen wurde wegen Ärztemangels aufgelöst und neu strukturiert.
Eine Bereitschaftsdienst-Gruppe umfasst in der Regel mindestens zwölf Mediziner. Schrumpft ihre Zahl unter diese Marke, kann sie bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) ihre Auflösung beantragen. Mit 65 Jahren kann sich ein Arzt vom Bereitschaftsdienst befreien lassen. Die ärztliche Standesvertretung muss tätig werden und die Dienstgruppe neu strukturieren.
Danach versehen wieder mindestens zwölf Bereitschaftsärzte ihren Dienst, jedoch wird in aller Regel der geografische Bereich zwangsläufig größer. Und: In Marktheidenfeld ist mittlerweile ein weiteres Seniorenheim dazu gekommen.
In Unterfranken sind in jüngster Zeit sieben Dienstgruppen aufgelöst und neu geordnet worden, informiert Dr. Christian Pfeiffer aus Giebelstadt, zuständig für den Bereitschaftsdienst im Regierungsbezirk. In Lohr sieht es beim Bereitschaftsdienst nicht anders aus. „Die Kollegen sollen ein Gebiet bis Heigenbrücken übernehmen, da die Frammersbacher Ärztegruppe sich wegen Medizinermangels auflöste“, so Bender.
Bereitschaftsdienst – das bedeutet Einsatz bei Nacht und an Wochenenden. Die Dienstzeiten sind Freitag, 18 Uhr, bis Montag, 8 Uhr, an Feiertagen vom Vorabend bis zum folgenden Werktag ebenfalls 8 Uhr und am Mittwoch von 13 bis Donnerstag um 8 Uhr. Ab 8 Uhr geht der Dienst in der eigenen Praxis wieder weiter.
„Angesichts dieses Drucks muss die Bevölkerung Verständnis dafür haben, dass sie nur in wirklich dringendsten Fällen um einen Hausbesuch bittet“, appelliert Martin Bender an die Patienten. „Nicht jedes Kind mit Fieber im normalen Bereich, nicht jeder Erwachsene, der nicht einschlafen kann oder sich unwohl fühlt, braucht den Hausbesuch“, erläutert der Arzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren.
Seine Ehefrau Jutta, die ihm bei der Bereitschaftsdienst-Organisation der Rücken frei hält, ergänzt: „Bei einer beispielsweise 93-Jährigen wird man bestimmt nicht nein sagen. In solch einem Alter bekommt man ja schon Panik, wenn man das Wort Krankenhaus auch nur hört.“
Laut Bestimmungen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern ist ein Hausbesuch dann erforderlich, wenn der Patient nicht transportfähig ist. „In Kanada beispielsweise fahren Leute in ländlichen Gebieten 200 Kilometer einfach, um einen Arzt aufzusuchen“, schildert Martin Bender. „Bei uns sind oft fünf Kilometer und weniger oder 15 Minuten schon zu viel für manchen.“
Ein Arzt im Raum Marktheidenfeld versieht zwischen vier und 14 Diensten im Jahr. „Viele Leuten meinen, ein Bereitschaftsarzt warte im Krankenhaus auf den Notfallruf und düse dann mit dem Auto los zum Patienten. Martin Bender: „Das wäre Zukunftsmusik, die natürlich nie erklingen wird, weil alles immer mehr nach Wirtschaftlichkeitsaspekten geordnet wird und aufgrund des Ärztemangels die Dienstbereitschaft grundsätzlich neu organisiert werden müsste.“
Die höhere Dienstbelastung auf dem flachen Land hält junge Ärzte davon ab, sich außerhalb einer größeren Stadt niederzulassen. Hinzu kommen gedeckelte Budgets für Medikamentenverordnungen, die sogar zu Rückforderungen der Krankenkassen aus der privaten Geldbörse des Arztes führen können.
Ärztlicher Bereitschaftsdienst: 116 117
Unter der bundesweit einheitlichen Rufnummer 116 117 ist der ärztliche Bereitschaftsdienst zu erreichen. Die Nummer funktioniert ohne Vorwahl, gilt deutschlandweit und ist kostenlos.
Handelt es sich um eine Erkrankung, mit der der Patient normalerweise einen niedergelassenen Arzt in der Praxis aufsuchen würde, aber die Behandlung nicht bis zum nächsten Tag warten kann, ist der ärztliche Bereitschaftsdienst zuständig.
Über die Nummer 116 117 spricht der Patient oder Angehörige nicht selbst mit dem Arzt. Die Vermittlungsstelle ist mit ausgebildetem Personal besetzt.
In Fällen mit ungenauen Angaben zum Notfall macht sich der Arzt mit einem Rückruf beim Patienten ein Bild von der Dringlichkeit und kann erste Behandlungsschritte erklären.

Der Bereitschaftsdienst ist nicht zu verwechseln mit dem Rettungsdienst, der in lebensbedrohlichen Fällen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und schweren Unfällen unter Tel. 112 zu erreichen ist.