Eigentlich sollte das Fahrradhotel von Christoph von Hutten in Steinbach schon im Frühsommer in Betrieb gehen. Daraus, so viel steht fest, kann nichts mehr werden. Den Bauherrn jedoch versetzt das nicht in Unruhe. "Wir sind fertig, wenn wir fertig sind. Die Devise lässt mich ruhiger schlafen", sagt der 57-Jährige beim Rundgang über die Baustelle.
Dass der ursprünglich angepeilte Eröffnungstermin der "Bike Lodge Spessart" nicht gehalten werden konnte, hat laut von Hutten mehrere Gründe. Einer davon sind Lieferengpässe bei manchen Baumaterialien. "Man bettelt nach Material", beschreibt der Bauherr. Daneben habe ihn auch das Ausmaß der behördlichen Auflagen komplett überrascht.
Dachstuhl musste weichen
Fast in jedem Raum des künftigen Radhotels kommt er auf das Thema zu sprechen, wobei sein Unverständnis kaum zu überhören ist. Das Radhotel entsteht durch einen Umbau des ehemaligen Betriebshofs auf dem früheren RMD-Areal. Den Dachstuhl, der Jahrzehnte problemlos gehalten habe, hätte nach von Huttens Vorstellung nach dem Aufstocken um eine Etage eigentlich wieder aufgesetzt werden sollen. Doch das sei aus statischen Gründen nicht gestattet worden. Zum Teil habe eine Schneelast von mehreren Metern als Basis der Berechnung gedient – wegen denkbarer Schneeverwehungen, so von Hutten kopfschüttelnd.
Auch dass im Speisesaal drei Feuersirenen gefordert worden seien, statt nur einer, will er nicht so recht verstehen. Das gleiche gelte für die Notbeleuchtung, die in jedem der Zimmer im Fall der Fälle acht Stunden lang leuchten müsse, obwohl jeder Raum einen direkten Ausgang ins Freie habe. All der Aufwand werde sich bei den Baukosten und somit auch bei den Zimmerpreisen niederschlagen, so von Hutten. Er sagt: "Man kann heute keinen wirklich günstigen Beherbergungsbetrieb mehr machen."
Doch die Lust an seinem Projekt, das ist zu spüren, hat der Schlaks mit der zumeist wilden Mähne nicht verloren. von Hutten ist überzeugt davon, dass das Radfahrerhotel funktionieren wird. Es sei das erste dieser Art in der Region. Der Radtourismus erlebe einen Boom, nicht zuletzt wegen Corona. Der unweit des Hotels verlaufende Maintalradweg soll die Kundschaft nach Steinbach bringen.
Managerin ist schon da
Bereits seit April ist die Hotelmanagerin da: Svenja Korff. Die 43-Jährige kam aus Wilhelmshaven nach Steinbach, also von der Nordsee an den Main. Sie begleitet nicht nur das Bauprojekt, sondern ist auch mit dem Aufbau von Buchungssystem und Kontakten zu Anbietern von Radreisen befasst.
Das ganze Konzept ist auf Radtouristen auf Durchreise ausgerichtet: 100 überdachte Fahrradstellplätze soll es direkt am Hotel geben, daneben Ladestationen für E-Bikes und einen Werkstattbereich zum selber schrauben, aber auch mit einem professionellen Reparatur-Service. Neben dem Waschsalon mit Trocknern liegt der Speisesaal für 80 Gäste. Dort soll der noch zu findende Koch jeden Tag die beiden gleichen Gerichte anbieten, ein vegetarisches und ein nicht-vegetarisches. von Hutten geht davon aus, dass die meisten Gäste nach einem Tag weiterradeln.
Rustikaler Stil
Beim Stil der Bike-Lodge hatte der Bauherr ein rustikales nordamerikanisches Motel im Kopf, mit komplett umlaufendem Außengang im oberen Stock. Die komplette Fassade ist mit Lärchenholz verkleidet. Alle Bretter und Balken wurden aus Bäumen gesägt, die im Hutten'schen Wald rund um Steinbach gewachsen sind. Angesichts der Entwicklung der Preise für Schnittholz sei er heilfroh, dass er das eigene Holz habe verwenden können, insgesamt über 200 Festmeter, so von Hutten. Auch beim Innenausbau setzt von Hutten auf rustikale Elemente. Der Ausbau der Zimmer und Bäder ist bereits weit gediehen.
Wenn man die für Bauvorhaben widrigen Rahmenbedingungen betrachte, sei er sehr zufrieden mit dem Baufortschritt, sagt von Hutten. Er rechne damit, dass man nun im Spätsommer fertig werde und im Herbst eröffnen könne. Im Grunde genommen sei dies ohnehin der bessere Zeitpunkt: "Ein neues Hotel in der Hauptsaison zu eröffnen, das wäre Harakiri gewesen." Nun könne man in der ausklingenden Radsaison den Betrieb zunächst mit einer Teilbelegung testen. Auch das Personal, rechnerisch sieben Vollzeitstellen, müsse man noch finden, so von Hutten.
Über den Winter wolle man die Zimmer unter anderem an Monteure oder Forstschüler vermieten. Die Küche soll während dieser Zeit allerdings geschlossen bleiben. Den Speisesaal beispielsweise für Familienfeiern zu vermieten, sei aktuell nicht geplant.
2023 durchstarten
Mit Beginn der Fahrradsaison 2023 soll die "Bike Lodge Spessart" dann richtig durchstarten. Das kleine Schwimmbecken, das von Hutten auf der Freifläche neben dem Hotel zur Erfrischung der Radfahrer geplant hat, wird da jedoch sicher noch nicht realisiert sein: "Ich will mir keinen Stress machen", lautet auch hier von Huttens Devise.
Von Huttens ImmobilienprojekteDas Radhotel "Bike Lodge Spessart" wird 42 Zimmern und 98 Betten haben. Christoph von Hutten baut es mit seiner Firma Skanwood. Auftraggeber ist die Bike Lodge GmbH, bei der von Hutten ebenfalls Geschäftsführer ist.Das Kostenvolumen für das Hotel umschreibt von Hutten mit einem "niedrigen siebenstelligen Betrag", was seinen Worten zufolge eine Spanne bis zu vier Millionen Euro umfasst. Bei der Finanzierung des Hotels hat von Hutten mehrere Mitinvestoren. Das Hotel entsteht durch den Umbau des ehemaligen Betriebshofs auf dem früheren RMD-Gelände.Das rund 14.000 Quadratmeter große Areal hatte von Hutten 2015 gekauft. Das frühere Verwaltungsgebäude hat er seither bereits zu einem Wohnhaus mit 14 Wohnungen umgebaut. Daneben hat der 57-Jährige auf dem Gelände verschiedene Wohnhäuser errichtet, derzeit ist ein weiteres Doppelhaus in Bau. Auf dem übrigen Areal hatte von Hutten einmal ein Baugebiet mit 28 Reihenhäusern geplant. Nach mehrjähriger Planung verabschiedete er sich aufgrund der in seinen Augen zu großen behördlichen Auflagen wieder von dem Vorhaben. Auf dem noch unbebauten Teil des Geländes seien einige weitere Reihen- oder Doppelhäuser denkbar, so von Hutten über weitere Ideen.Eine weiteres Projekt, das in der Planung bereits weit gediehen ist, ist der Bau eines Wohngebäudes mit 14 Appartements. Entstehen soll es im so genannten Pfarrgarten in der Steinbacher Ortsmitte. Das 1200 Quadratmeter große Grundstück hat von Hutten in Erbpacht für 99 Jahre von der Kirche übernommen. Auch hier hat er einen Mitinvestor. Die Wohnungen sollen nach Fertigstellung vermietet werden.(joun)