(wde) Acht frischgebackene Krankenschwestern/Krankenpfleger für Psychiatrie erhielten nach zweijähriger Fortbildung am Montag am Bezirkskrankenhaus (BKH) Lohr ihre Zeugnisse überreicht.
Es sei nicht selbstverständlich, sagte BKH-Betriebsleiter Jochen Reutter, dass man sich nach Feierabend noch weiterbilde. Seit vor 20 Jahren in Lohr die „erste und einzige“ Weiterbildungsstätte für psychiatrische Pflege in Unterfranken eingerichtet worden sei, hätten dies 140 Mitarbeiter genutzt. Dadurch habe man in der Klinik eine Fachkraftquote von 30 Prozent erreichen können, freute er sich.
André Wallner, Leiter der Akademie für medizinische Berufe am BKH Lohr, lobte im Zusammenhang mit dieser Weiterbildungsstätte den Ärztlichen Direktor des BKH, Professor Dr. Gerd Jungkunz. Ihm sei es zu verdanken, dass diese Einrichtung 1988 nach Lohr gekommen sei. Jungkunz habe damit „die Fenster der Klinik weit aufgemacht und mit frischem Wind die verkrusteten Strukturen des Krankenhauses durcheinandergeblasen.“
Mehrere Pflegedienstleitungen hätten seitdem „mehr oder weniger segensreich gewirkt“. Aktuell sei Marianne Schaffarczik, die die Klinik kenne „wie kaum eine Zweite“ und selbst eine der ersten Teilnehmerinnen dieser Weiterbildung gewesen sei, für diesen Bereich verantwortlich. Professionelle Personalentwicklung stehe „in ihrer Agenda ganz weit oben“, lobte Wallner.
Seinen Worten zufolge wurden in Deutschland in den letzten zehn Jahren 50 000 Pflegekräfte abgebaut, was rund 14 Prozent entspreche. Gleichzeitig aber habe sich der Patientendurchlauf erhöht. Auch dies sei ein wichtiger Grund, weshalb man auf gut ausgebildetes Pflegepersonal Wert legen müsse. „Wer sich in schwierigen Situationen besser zu helfen weiß, brennt langsamer aus“, so Wallner.
Die acht Absolventen des Weiterbildungskurses bezeichnete er als engagiert. Dies sei auch an den Noten zu sehen. Drei hätten mit „sehr gut“, alle anderen mit „gut“ abgeschlossen. Pflegedienstleiterin Marianne Schaffarczik sagte, der Hauptaspekt der pflegerischen Tätigkeit sei „die Beziehungsarbeit zum Patienten“. Und genau diese Beziehungsarbeit könne durch die psychiatrische Weiterbildung „eine erhebliche Weiterentwicklung erfahren“.
Laut Schaffarczik ist die einzelne Pflegeperson „in hohem Maß daran beteiligt, wie ein Patient sich hier in unserem Krankenhaus aufgehoben und betreut fühlt“. Moderne Psychiatrie versuche die Patienten so wenig wie möglich einzuschränken, sondern durch partnerschaftliche Beratung in die Lage zu versetzen, „nach der Akutbehandlung mit ihrer Erkrankung adäquat umgehen zu können“.
Gesundheitswesen im Umbruch
Allerdings vollziehe sich im Gesundheitswesen „durch eine immer stärkere ökonomische Ausrichtung ein schleichender Paradigmenwechsel“. Als Beispiel nannte sie den durch die Medien gegangenen „schrecklichen Todesfall einer 49-jährigen Patientin in einer psychiatrischen Ambulanz in New York“. Vor diesem Hintergrund wünschte sie sich, „dass wir mindestens unsere 30-prozentige Fachpflegequote für die Zukunft erhalten können“.
Zwar hätten sie mit dem Abschluss ihrer Weiterbildung „einen wichtigen Schritt“ getan, sagte Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel den Absolventen, riet aber gleich zur weiteren beruflichen Fortbildung. „Wer weiter lernt bleibt jung – ob er 20 oder 80 Jahre zählt“, gab er einen Spruch wider, der bei ihm zu Hause an der Pinnwand hänge.
Personalratsvorsitzender Winfried Bils sah dies genauso. Er riet den Kursabsolventen, sich auch künftig an innerbetrieblichen Fortbildungen zu beteiligen. In Sachen Personalabbau sei im Gesundheitswesen die „Grenze erreicht“, sagte er. Dies zeige sich auch dadurch, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Aktion „Der Deckel muss weg“ (wir berichteten) an einem Strang zögen. Sie und ihre Kollegen hätten es als Privileg empfunden, an dem Kurs teilnehmen zu dürfen, sagte Teilnehmerin Martina Baus. Zwar sei diese Fortbildung „recht kostenintensiv“ gewesen, doch sie sei überzeugt, dass sich die Ausgaben auch für das Krankenhaus rechneten.
Die Kursteilnehmer
Folgende acht BKH-Mitarbeiter haben die Fortbildung erfolgreich abgeschlossen: Lohr: Martina Baus, Joachim Höfling, Alexander Zierof. Burgsinn: Gabriele Kistner, Tanja Klübenspies. Gemünden: Sabrina Appel. Neustadt: Marianne Fischer. Mömbris: Eva Werthmann.