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Lohr: Busunternehmen von Baldur Goldmann ist nicht mehr beim Lohrer Stadtbus

Lohr

Busunternehmen von Baldur Goldmann ist nicht mehr beim Lohrer Stadtbus

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    Nach über 50 Jahren ist die Ära von Baldur Goldmann im Lohrer Stadtbussystem zu Ende gegangen.
    Nach über 50 Jahren ist die Ära von Baldur Goldmann im Lohrer Stadtbussystem zu Ende gegangen. Foto: Archiv Familie Goldmann

    Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit ist Anfang des Monats mit der Änderung der Stadtbuslinien eine Ära zu Ende gegangen. Nach über 50 Jahren ist das Busunternehmen von Baldur Goldmann aus Neuhütten nicht mehr beim Lohrer Stadtbus dabei. Im Gespräch mit unserer Redaktion blickt der 85-Jährige zurück.

    Bis kurz vor seinem 80. Geburtstag ist Goldmann noch selbst Bus gefahren. Er sei damit einer der ältesten Busfahrer weit und breit gewesen, berichtet er. Für die neuen Stadtbuslinien hat er sich nicht beworben: "Einmal muss man aufhören." Zudem sei unsicher gewesen, ob er die Linie noch einmal bekommen hätte. Für sein Busunternehmen ist kein Nachfolger da. Derzeit fährt seine Firma noch eine Schulbuslinie zwischen Neuhütten und Frammersbach im Auftrag des Steinfelder Unternehmens Hock.

    Start im Mai 1970

    In Lohr ging es für Goldmann im Mai 1970 mit der Linie zwischen der Lindig-Siedlung und dem früheren Frauenkloster (heute zentraler Omnibusbahnhof ZOB) los. Auf dieser Strecke waren von 1962 bis Januar 1970 in Eigeninitiative schon Leo Englert und Georg Englert unterwegs gewesen. Unter anderem wegen fehlender finanzieller Unterstützung durch die Stadt stellten sie die Fahrten ein. Doch die Bürger hatten sich bereits an den Bus gewöhnt und protestierten gegen das Ende. Baldur Goldmann arbeitete zu diesem Zeitpunkt bei Achsen-Sauer an der Rodenbacher Straße an Drehbank und Fräsmaschine.

    Gelernter Autoschlosser

    14 Jahre lang war der gelernte Autoschlosser bei diesem Unternehmen, hatte aber auch Erfahrungen mit dem Busfahren. Als in seinem Heimatort Neuhütten der Schulverband gegründet wurde, mussten die Schulkinder nach Wiesthal gefahren werden. Goldmann machte den Busführerschein und kaufte einen kleinen Bus.

    Diesen Auftrag bekam er nicht, aber neben der Arbeit bei Sauer war er frühs und abends mit dem Bus auf der Strecke Neuhütten – Heigenbrücken – Wiesthal Bahnhof unterwegs. Zudem kannte er die Englerts. Die Stadt Lohr und er wurden sich einig und Goldmann fuhr ab Mai 1970 die Linie Lindig – Frauenkloster als erste offizielle Stadtbuslinie.

    "Ich bin halt gerne gefahren", erklärte Goldmann sein Engagement abseits des ursprünglich erlernten Berufs. Im Oktober 1970 kam die "Nebenlinie" von Lohr nach Sendelbach hinzu. Ein Experiment mit einer Linie nach Steinbach musste 1979 mangels Interesse nach wenigen Wochen wieder eingestellt werden. Die Einzelfahrt kostete Anfang der 1970er Jahre 50 Pfennig, die Fünferkarte zwei Mark.

    Mit Judokas verbunden

    Zudem fuhr Goldmann über 20 Jahre lang die Kindergartenkinder von Sackenbach in die Lindig-Siedlung, hin und zurück vier Fahrten am Tag. "Ich habe das schon gerne gemacht", so Goldmann. Über seine Fahrgäste lässt er nichts kommen: "Sie waren alle nett, auch die Jugendlichen und Schüler, ich habe nie groß Ärger gehabt."

    Auch die Zusammenarbeit mit der Stadt Lohr sei immer gut gewesen. Viele Jahre sei ihr Vater in Eigenregie gefahren, das sei finanziell hart gewesen, berichtete Goldmanns Tochter Claudia Fiedler. Neben dem Linienverkehr habe ihr Vater auch Ausflugsfahrten gemacht. So sei er mit den Lohrer Judokas sehr verbunden gewesen.

    Der Stadtbus von Baldur Goldmann 1999. 
    Der Stadtbus von Baldur Goldmann 1999.  Foto: Archivfoto: Helmut Larösch

    In den mehr als 50 Jahren sind einige Anekdoten zusammengekommen. So bot ein Fahrgast, der zum Bahnhof wollte, aber kein Geld hatte, Goldmann eine halbe Flasche Wein als Bezahlung an. Einen lebhaften Schüler, der andere ärgerte, setzte er unterwegs mit der Bemerkung ab, er solle das letzte Stück laufen. Dieser verabschiedete sich bei ihm mit "danke, Herr Busfahrer", denn Goldmann hatte ihn direkt vor der Haustür aus dem Bus geschickt.

    Täglich über 300 Kilometer gefahren

    Viele Fahrgäste kannte und kennt er beim Namen. Seine Kunden erinnern sich gern an Goldmann, denn ältere und kranke Leute ließ er öfter an deren Wohnung heraus, auch wenn das eigentlich verboten war. Wenn Goldmann nach Lohr kommt, wird er von früheren Fahrgästen häufig angesprochen, erzählt er.

    Ähnliches hat seine Tochter Claudia Fiedler erlebt. Der Lehrer ihrer Tochter am Gymnasium bekam mit, dass Goldmann ihr Opa war, und erzählte ihr, dass er selbst als Kind gerne mit ihm Bus gefahren sei. Ihrem Vater seien die Fahrten mit den Kindern sehr im Gedächtnis geblieben, so Fiedler.

    Das bestätigt Goldmann: Es habe ihm sehr leidgetan, dass er die Sackenbacher Kinder nicht mehr habe fahren können. In den vergangenen acht Jahren im Stadtverkehr (so lange lief der Vertrag) waren Goldmann beziehungsweise seine Fahrer täglich 270 Kilometer unterwegs, mit Anfahrt aus Neuhütten über 300 Kilometer.

    Bis zum Schluss engagiert

    Im Ruhestand fährt Baldur Goldbach öfter nach Lohr und hat auch "daheim zu arbeiten". Was man sich darunter bis vor Kurzem vorzustellen hatte, erläuterte seine Tochter: Ihr Vater habe sich bis zum letzten Einsatztag im Lohrer Stadtverkehr um die Technik des Busses gekümmert – und ihre Mutter Gerda ihn bis zum Schluss sauber gemacht. Wenn ihr Vater könnte, "würde er gerne die Uhr zurückdrehen und wieder von vorne anfangen".

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