In diesem Monat haben viele Jugendliche im Landkreis Main-Spessart ihre Lehre begonnen. Obwohl sich die Ausbildungssituation im Landkreis zuletzt etwas entspannt hat, besteht noch immer ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage: Im August standen im Lohrer Agenturbezirk den 73 freien Ausbildungsstellen noch 122 Jugendliche gegenüber, die eine Lehrstelle gesucht haben.
Am „Bayerischen Tag der Ausbildung“ am Montag besuchten Politiker der Freien Wähler und Vertreter der Arbeitsagentur die Schreinerei Zoepf in Lohr, um zu zeigen, welche Perspektiven Jugendliche, insbesondere auch leistungsschwächere, auf dem Arbeitsmarkt haben und wie Firmen den beruflichen Einstieg junger Menschen unterstützen können. Getreu dem Motto: „Nur wer heute ausbildet, verfügt morgen über qualifizierte Mitarbeiter.“
Bewährter Ausbildungsbetrieb
Landtagsabgeordneter Günther Felbinger aus Gemünden, Kreisvorsitzender Heinz Nätscher (Urspringen), Fraktionschefin Brigitte Riedmann (Lohr), Martin Heilmann (Geschäftsstellenleiter der Agentur für Arbeit in Lohr), Berufsberater Bernd Welzbacher und Markus Hahn (stellvertretender Teamleiter Arbeitgeberservice) erfuhren von Firmeninhaberin Brigitte Zoepf, dass der Arbeitsschwerpunkt in ihrer 1986 gegründeten Schreinerei auf Denkmalpflege und Restaurierung, Modifikation und Rekonstruktion von Fenstern, Türen, Innenausstattungen und Holzböden liegt. Der Betrieb bildet regelmäßig aus und beschäftigt derzeit neben zwei Meistern und fünf Facharbeitern auch drei Azubis.
Dabei machte Zoepf klar, dass für sie bei der Wahl ihrer Auszubildenden nicht das Zeugnis ausschlaggebend ist. „Bei mir kann sich eigentlich jeder bewerben, vom Förderschüler bis zum Gymnasiasten. Ein Zeugnis sagt nichts über die handwerklichen Fähigkeiten, das für den Beruf wichtige räumliche Vorstellungsvermögen oder den Umgang mit anderen Menschen aus“, sagte sie. Ein Praktikum gebe den besten Aufschluss darüber, ob ein Jugendlicher für den Beruf geeignet sei.
Dabei, so Zoepf, nehme sie auch gerne Mädchen. „Gemischt ist immer gut. Mädchen haben viel Feingefühl, außerdem ist der Ton auf den Baustellen doch ein anderer.“ Allerdings: Nach wie vor stehen für Mädchen heutzutage kaufmännische Berufe im Vordergrund, wie Bernd Welzbacher bestätigte.
Gezielte Förderung
Günther Felbinger sprach die leistungsschwächeren Jugendlichen an: „Es gibt heutzutage Hauptschulabgänger ohne Abschluss oder auch Jugendliche mit Behinderungen. Gerade ihnen sollte man aufzeigen, welche Möglichkeiten sie haben und sie unterstützen.“ Dies unterstrich auch Heinz Nätscher: „Das sind nicht die schlechtesten. Im Gegenteil. Sie sind arbeitswillig.“
Laut Welzbacher gelte es hier, die Schwächen und Stärken zu erkennen und bei der Ausbildungsvermittlung angemessen zu berücksichtigen. Passende Angebote der Arbeitsagentur wie beispielsweise Nachhilfeunterricht in der Berufsschule oder eine sozialpädagogische Begleitung könnten hierbei helfen, bestehende Defizite abzufedern. „Die Förderung ist immer nur der Weg zum Ziel“, so Welzbacher, der betonte, dass eine Förderung individuell abgestimmt werden müsste.
Wie Martin Heilmann informierte, waren Mitte August noch 73 Lehrstellen vakant. Betriebe und Verwaltungen im Landkreis Main-Spessart hatten im Zeitraum von Oktober 2009 bis August 2010 der Arbeitsagentur 579 Ausbildungsstellen gemeldet – im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 52 Prozent.
122 suchten noch Lehrstelle
Im gleichen Zeitraum haben sich 1091 junge Frauen und Männer bei der Berufsberatung als Bewerber vormerken lassen – 60 weniger als im Jahr zuvor. Auf Lehrstellensuche waren im August noch 122 Jugendliche. Laut Arbeitsagentur waren besonders die Berufe Kaufmann im Einzelhandel, Verkäufer, Bürokaufmann, Kaufmann für Bürokommunikation und Kraftfahrzeugmechatroniker gefragt. Aber auch Industriekaufmann, Medizinischer Fachangestellter oder Industriemechaniker erfreuten sich großer Beliebtheit. Gesucht werden derzeit noch Ausbildungsstellen im Handel, Büro, Lager und in Fertigungsberufen wie Kraftfahrzeugmechatroniker oder Schreiner.
Die Arbeitsagentur rät Lehrstellensuchende, die Berufsberatung zu kontaktieren: Tel. (01 80) 1 55 51 11. Freie Ausbildungsstellen können Arbeitgeber unter Tel. (0180) 1 66 44 66 mitteilen.