Vielleicht kann man schon in ein, zwei Jahren die Besucher in das Gemünden der 1930er Jahre, das alte Fischer- und Eisenbahnerstädtchen, entführen. Das hofft Reinhold Weber, der „Chef“ der Modellbaugruppe des Film-Photo-Ton-Museumsvereins, die derzeit aus etwa einem halben Dutzend Modellbauenthusiasten besteht. Die Modellbaugruppe hat nun erstmals die im Aufbau befindliche Modelleisenbahnanlage in der Remise des Huttenschlosses der Öffentlichkeit vorgestellt. Weber erläuterte das Projekt, das im Hinblick auf Technik, digitale Steuerung und historische Genauigkeit allerlei Herausforderungen stellt.
Beim Blick auf die großen Trägerplatten aus Holz kann man erahnen, wie sich die Anlage einmal gestaltet. Ihre Grundlage bilden originale Gleispläne und alte Ansichten des Eisenbahnerstädtchens vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. Die meisten Altstadtbauten rund um die St. Peter und Paul Kirche und das alte Renaissance-Rathaus unterhalb der auf der jetzt noch auf Styroporblöcken thronenden Scherenburg existieren bereits im Entwurf aus Karton im Maßstab 1:87. Auch die ersten Schienen sind ansatzweise verlegt.
Derweil liegen auf den freien Flächen Werkzeuge, Drähte, Schienenteile und erste Lokomotiven stehen zur Ansicht bereit: „Wir wollen nur Loks einsetzen, die auch in Gemünden gefahren sind“, sagt Weber. Einer der beiden Computer zeigt den Besuchern, wie Gemünden einmal aussah: im Bahnhofsviertel blühende Bäume links und rechts der Friedenstraße, ein Postamt mit besonders schöner Dachkonstruktion und die schmale, an beiden Seiten begrünte Eingangsstraße, der heutigen mehr als doppelt so breiten B 26.
Vor allem von alteingesessenen Gemündenern und ehemaligen Eisenbahnern erhielten die Modellbaufreunde wertvolle Hinweise. „Dafür sind wir sehr dankbar, das können wir jetzt noch alles einarbeiten“, freute sich Weber. Julius Sitzmann beispielsweise erkannte sofort, dass sein Geburtshaus nicht richtig platziert war, obwohl alle Bauwerke auf einem vergrößerten Lageplan eingeordnet sind.
Stadtrat Hubert Schuster und weitere ehemalige Eisenbahner verglichen die Merkmale der aktuellen Gemündener Gleisanlage mit den alten Plänen von 1924 bis 1935. Sie beinhalten genau durchnummerierte Weichenfolgen und nach Richtungen zugeteilte Gleise. „Die dreimal aufeinanderfolgenden Zweifachweichen beim früheren Sägewerk Hamm machen uns noch etwas Kopfzerbrechen. Das Problem werden wir aber lösen“, ist sich Weber sicher. Bei der Umsetzung gilt es etwa zu beachten, dass die alten Gleispläne in der Länge den Maßstab 1:3000, in der Breite aber 1:1000 haben.
Wenn es weiter gut läuft, könne man in ein, zwei Jahren schon einiges vorweisen. Aber so eine Anlage müsse immer weiterentwickelt werden. Weber spricht von bis zu 28 Zügen, die verdeckt geparkt werden, sechs bis acht können gleichzeitig im Einsatz sein und auf dem Güterbahnhof sei es dank neuester Mikrotechnik und digitaler Steuerung möglich, manuell realistische Rangierabläufe darzustellen.
Er könne sich auch vorstellen, später ein Modellautosystem zu integrieren, bei dem durch die Straßen ein Modellauto fährt und mit einer Mikrokamera die alten Winkel des ehemaligen Fischerstädtchens sichtbar macht.