Als sich Familie Müller das Haus in der Brückenstraße 44 in Zellingen vor drei Jahren anguckte, gefiel es allen auf Anhieb: Schöne Räume, ein Kinderspielplatz direkt vor der Tür und dann erst diese Aussicht! Das Haus aus rotem Buntsandstein ist das letzte in der Straße, die zum Main hinunterführt. Und damit eines der ersten, das bei Hochwasser unter Wasser steht.
„Die Vermieterin hat damals gesagt, dass es sein kann, dass wir Hochwasser bekommen. Aber sie sagte auch, das sei nicht so schlimm“, erinnert sich Nicole Müller an die Zeit, als sie gemeinsam mit Ehemann Siegfried und den Kindern Pia (2) und Anna-Lena (11) in das Haus einzog.
Für die Familie wurde es dann doch schlimm: Heimlich, mitten in der Nacht kam das Wasser beim ersten Mal. „Ich bin runtergegangen und da stand schon alles unter Wasser“, erzählt sie. Kinderspielzeug, Kinderwägen und leider auch alte Urkunden vom Opa ihres Mannes waren bereits nass. „Es ging einfach zu schnell, innerhalb von Minuten hat es das Wasser von unten hereingedrückt“, erzählt Nicole Müller.
Klares Grundwasser, zum Glück, dennoch sind die Sachen nun ein Fall für den Sperrmüll. Auch der Keller riecht muffig. Sämtliche Kartons sind zusammengesackt. „Ich habe lange gebraucht, bis ich mich getraut hab reinzuschauen“, erzählt die Mutter. Doch all das ist zu ertragen, Hauptsache der reißende Fluss vor ihrem Fenster ist weg. Der ganze Stress und die Angst haben sie krank gemacht. „Die paar Tage kamen uns vor wie Wochen. Ich hatte ständig Angst, dass es durch das Tor kommt“, sagt sie, denn dann wäre auch der elektrische Strom weggewesen. Stromkasten sowie die Heizung sind im unteren Geschoss untergebracht.
Doch das Garagentor hielt, ihr Vater hatte es vorsorglich mit Bauschaum abgedichtet. Und auch die Laune hielt halbwegs: Viele Freunde und Helfer kamen regelmäßig vorbei und packten mit an. Vor allem Pia sorgte immer mal wieder für Spaß, wenn sie „Mama, komm wir gehen tauchen“, rief oder ihren Eltern weismachen wollte, dass sie bald von Elefanten und Nilpferden gerettet würden. Noch einmal zu Gast haben wollen Nicole und ihre Familie den Main aber nicht. „Wir wollen uns etwas Neues suchen“, sagt die Mieterin. Möglichst noch dieses Jahr.