Pater Anselm Grün war ein Publikumsmagnet: bei der Konzertmeditation mit dem Singkreis „Leuchtspur“ aus Oberndorf am Donnerstagabend hörten die Gäste in der voll besetzten Herz-Mariä-Kirche meditative Betrachtungen des 69-jährigen Benediktiners zu Advent und Weihnachten.
Der studierte Philosoph und promovierte Theologe ist einer der meistgelesenen christlichen Buchautoren der Gegenwart. Er lebt seit 50 Jahren im unterfränkischen Kloster Münsterschwarzach. (Siehe auch heutiges Interview im Frankenteil, S. 10). Grün hat seit den 1970er Jahren mit seinen Mitbrüdern nach neuen Aufbrüchen in der Spiritualität gesucht. So ließ er sich vor allem von der Psychologie Carl Gustav Jungs inspirieren und widmete sich asiatischen Meditationstechniken.
In Oberndorf wirkte Grün in seiner schwarzen Mönchskutte und dem langen weißen Bart wie das Urbild eines Predigers. Mit einfachen Worten und in bedächtiger Erzählweise rief der Pater dazu auf, der Hektik in der Vorweihnachtszeit entspannt zu begegnen und sich auf die eigenen Sehnsüchte zu besinnen. Sehnsucht tue auch weh, weshalb viele sie verdrängen würden. Verdrängte Sehnsucht aber führe zur Sucht, beschied der Pater. Advent sei die richtige Zeit, unsere Süchte wieder in Sehnsüchte zu verwandeln.
Advent bedeute Ankunft. Damit wir Gottes Kommen spüren, müssten wir jedoch zuerst bei uns selbst ankommen. Nur wenn wir wirklich bei uns selbst seien, könnten wir an Weihnachten das Kommen Gottes in der Geburt Jesu Christi als Erfüllung unserer Sehnsucht erfahren.
Begonnen hatte nach der Begrüßung durch Pfarrer i.R. Josef Rudolph zunächst der Singkreis „Leuchtspur“ unter Chorleiterin Christa Gutmann, einer studierten Musikpädagogin, und mit Unterstützung von Uwe Leimeister an der Orgel. „Leuchtspur“, ein Oberton-Chor, dessen Kennzeichen die Stimm-Balance zwischen dem „kleinen f“ und dem „zweifach gestrichenen g“ ist. Letztere extrem hohe Note erreichen nicht allzu viele Frauenchöre. Unter anderem mit „O Heiland, reiß die Himmel auf“ wurde in eindrücklicher Weise die erwartungsvolle Sehnsucht nach dem Erlöser thematisiert. Das getragen und verhalten dargebotene „Maria durch ein Dornwald ging“ ist vom Ursprung her ein Wallfahrtslied, das seit Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem volkstümlichen Adventslied wurde. Zum Abschluss brachte der Singkreis das „Vater unser“ nach der Vertonung von Hanne Haller.
Lang anhaltender und stehender Beifall dankte sowohl den Sängerinnen als auch dem Pater für ihre Beiträge. Anselm Grün wird im Juni kommenden Jahres im Rahmen des 60-jährigen Kirchenjubiläums wieder in Oberndorf sprechen.