"Ich weiß gar nicht, wieviele Motorradfreunde heute zu diesem Gottesdienst kommen werden. Es ist das erste Mal, dass wir so etwas hier in Obersinn veranstalten", sagt Wolfgang Wissinger, 46, Initiator und Veranstalter des Treffens vor dem Gottesdienst. Aber dann rollen sie an, etwa 40 Kradfahrer und reihen ihre Maschinen entlang der Kirche aneinander. Die Nummernschilder verraten, dass nicht nur die einheimischen "Bikerfreunde Oberer Sinngrund" gekommen sind, sondern auch die Freunde aus Hessen mit Hanauer Kennzeichen sowie Motorradbegeisterte aus Schweinfurt, Bad Neustadt an der Saale, und natürlich aus dem Kreis Main-Spessart.
Die Idee, einen solchen Gottesdienst hier zu organisieren, hatte Wissinger erst relativ kurzfristig. "Wir sind erst vor drei Wochen in die Planung gegangen. Die Jahre zuvor sind wir immer nach Schweinfurt gefahren, das Motorradtreffen dort hat schon Tradition. Da kommen etwa 6 000 Besucher. Aber die haben auch irgendwann mal mit 15 Motorradfreunden angefangen, gibt sich Wissinger optimistisch." Angesprochen auf die große Akzeptanz solcher Veranstaltungen, weiß Helmut Ries von den Bikerfreunden Oberer Sinngrund die Antwort: "Es passiert so viel auf den Straßen, dabei sind die Motorradfahrer die ungeschütztesten Verkehrsteilnehmer. Wir erbitten den Segen Gottes, damit er uns bei unseren Touren beschützt."
Pfarrer Franz Malczyk, der von der Idee der Bikerfreunde begeistert war, begrüßte die Besucher als "starke PS-Motorrad-Gesellschaft aus vielen Orten des Spessarts und Deutschlands" in der Kirche. In der Ansprache aus den Reihen der Motorradfahrer erinnerte eine junge Frau daran, dass hinter jedem Helm ein Mensch stecke, den gebe es zu entdecken und zu verstehen. Ebenso der Wunsch nach einem Gottesdienst, der Verbindung schaffe. Pfarrer Malczyk betonte in seiner Predigt, dass Motorradfahren ein schönes, aber gleichzeitig auch gefährliches Hobby sei, das in jeder Saison immer wieder Opfer fordere. Im Gedenken an die Verstorbenen legte er eine Schweigeminute ein. Man solle jedoch die Leidenschaft des Fahrens tolerieren. Nicht zuletzt deshalb seien die Kradfahrer alle gekommen, um Gott zu danken und den Schutz für kommende Fahrten zu erbitten. Mit dem Reisesegen für die Motorradfahrer beschloss Pfarrer Malczyk den Gottesdienst, jedoch nicht, ohne jedes Motorrad einzeln auf dem Kirchhof zu segnen. Musikalisch klang der Gottesdienst mit dem Lied "Country Roads" aus, das von zwei Bikerfreunden mit Gitarrenbegleitung vorgetragen wurde.
"Wir sind sehr zufrieden, unser Angebot wurde gut angenommen. Das werden wir im nächsten Jahr wiederholen, allerdings dann schon zu Beginn der Saison", zeigt sich Wolfgang Wissinger ganz erfreut. Dabei gehört er noch nicht mal zu den passionierten "alten Hasen". "Ich habe erst vor fünf Jahren, mit 41, auf Drängen meiner Frau, gemeinsam mit ihr den Motorradführerschein gemacht. Aber nicht hier, sondern in der Ferienfahrschule in der Rhön, um mich nicht zu blamieren. . ."