Noch vor einem Jahr pries die Werksleitung „die hohe Präzision und herausragende Qualität“ der Rotorenproduktion auf dem Marktheidenfelder Dillberg, weswegen das hohe deutsche Lohnniveau gerechtfertigt sei. Damals hatte der Stadtrat die beiden Standorte der De'Longhi Braun Household GmbH in Altfeld und auf dem Dillberg besucht.
Doch schon bald kommen die Kreiselmotoren, die alle Braun-Haushaltsgeräte antreiben, in denen sich etwas dreht, nur noch aus Rumänien.
„Es gibt Garantien für eine längerfristige und marktfähige Lösung für den Standort Marktheidenfeld.“
Jürgen Wawersig IG-Metall-Sekretär
De'Longhi hat nämlich 2012 das ehemalige Nokia-Werk in Cluj gekauft und verlagert dorthin Schritt für Schritt auch die Rotorenfertigung aus Marktheidenfeld. Damit werden die Rotoren mit der Endgeräteproduktion in Rumänien zusammengeführt, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens.
Für die davon betroffenen 34 Beschäftigten, die auf dem Dillberg in gemieteten Hallen der benachbarten Firma Fenster Paul arbeiten, gibt es bereits neue Aufgaben, wie IG-Metall-Sekretär Jürgen Wawersig und De'Longhi-Standortleiter Jörg Roggensack übereinstimmend berichten. Die Hallen auf dem Dillberg werden seit einigen Monaten zu einem Reparaturzentrum für die unternehmenseigenen Produkte umgebaut, die Mitarbeiter dafür umgeschult.
Dazu werden bislang an externe Firmen ausgelagerte Aufgaben wieder in den Konzern zurückgeholt. Somit ergebe sich für die Mitarbeiter „eine andere Aufgabenstellung mit der Option, das Personal aufzustocken“, erklärt Wawersig.
Er begründet die Zustimmung der Gewerkschaft IG Metall zu der Verlagerung und der Umstrukturierung auch damit: „Es gibt Garantien, dass eine längerfristige und marktfähige Lösung“ für den Standort Marktheidenfeld geplant sei, die auch „das deutsche Entgelt aushält“. In der Bewertung ist sich der Gewerkschaftssekretär daher mit der Arbeitnehmervertretung vor Ort einig. Wawersig: „Wir akzeptieren das, weil De'Longhi die klare Ansage gemacht hat, dass das Unternehmen zu seinem Standort Marktheidenfeld steht.
“ Ob das Reparaturzentrum allerdings auf dem Dillberg bleibt, ist unklar, denn der Mietvertrag dort läuft Mitte 2016 aus. Unternehmensintern wird wohl eine Zusammenlegung der Betriebsteile in Altfeld geprüft.
Die Rotorenfertigung sei erst 2008 von Spanien nach Marktheidenfeld umgesiedelt, heißt es in der De'Longhi-Pressemitteilung. Allerdings werden Braun-Haushaltsgerätemotoren schon seit 1999 in Marktheidenfeld hergestellt. Mit der Zusammenführung von Rotoren- und Endgeräte-Produktion in Rumänien würden die Flexibilität in der Produktion und in der Lieferkette erhöht sowie die Kosten gesenkt.
Nicht betroffen von der Rotorenverlagerung sind die weiteren rund 40 Arbeitsplätze von De'Longhi Braun Household in einem Gebäude in der Altfelder Max-Braun-Straße, das ebenfalls angemietet ist. Dort stellen die Mitarbeiter des Planungs- und Logistikbereichs sicher, dass die Herstellung von Produkten in externen Partnerbetrieben nach deutschen Vorgaben und Qualitätsstandards erfolgen.
In Altfeld ist auch das zentrale Prüflabor des Unternehmens untergebracht, in dem die Haushaltsgeräte auf ihre Qualität und Funktionsfähigkeit getestet werden.
De'Longhi Braun Household GmbH
Der italienische Elektrokonzern De'Longhi S.p.A. mit Sitz in Treviso erwirtschaftete 2014 mit 6500 Mitarbeitern über 1,72 Milliarden Euro Umsatz. Die Aktiengesellschaft verkauft ihre Marken De'Longhi, Kenwood und Braun in über 100 Ländern. Das Sortiment umfasst hunderte von Artikeln – von der Espressomaschine über Bodenpflege- bis hin zu Klimageräten.
Von Procter & Gamble erwarb De'Longhi im September 2012 das Haushaltsgeschäft der Traditionsmarke Braun. Damals wechselten 90 „Braunianer“ zum italienischen Konzern; allein in Marktheidenfeld waren es 74.
Die De'Longhi Braun Household GmbH gehört zur De'Longhi Deutschland GmbH, die ihre Zentrale in Neu-Isenburg hat. Dort arbeiten 130 Beschäftigte, in Marktheidenfeld rund 75. In Neu-Isenburg haben die Bereiche Entwicklung und Design der Braun-Haushaltsgeräte ihren Sitz. In Marktheidenfeld werden keine Haushaltsgeräte mehr hergestellt. Text: abra