"Maiken, willst du nicht auch Pfarrer werden?" Auf diese Frage hatte Maiken Scheuermann als Jugendlicher noch keine richtige Antwort. Heute studiert der 24-Jährige aus Brasilien Theologie – und das, obwohl er als Kind eher selten den Gottesdienst besuchte. Erste Erfahrungen in diesem Beruf macht er aktuell in der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Thüngen-Arnstein.
Seit Anfang Oktober ist der Theologiestudent dort Praktikant bei Pfarrer Tilman Schneider. Durch ein Stipendium des Zentrums "Mission EineWelt" wurde ihm der Aufenthalt in Deutschland ermöglicht. "Mission EineWelt ist eine Einrichtung der Landeskirche in Bayern, welche Beziehungen zu lutherischen Partnerkirchen in Afrika, Asien, Lateinamerika und Übersee pflegt", erklärt Schneider. Bereits 2019 hatte er einen Praktikanten bei sich zu Gast. "Mission EineWelt" hat ihren Sitz in Neuendettelsau (Lkr. Ansbach), wo Scheuermann jetzt für zwei Semester sein Studium absolviert. Das einmonatige Praktikum ist fester Bestandteil des Austauschs.
Pfarrer: Mehr als nur ein Beruf
Untergebracht ist Scheuermann bei Pfarrer Schneider in der Pfarrwohnung Thüngen. Das bietet seiner Meinung nach die beste Möglichkeit, den Tagesablauf eines Pfarrers kennenzulernen. Dieser beinhaltet nämlich deutlich mehr als nur die Planung der Gottesdienste. Vieles muss vorbereitet und organisiert werden: so zum Beispiel Taufgespräche, Hausbesuche und Religionsunterricht. "Oft klingelt auch das Telefon", erzählt Scheuermann, der mittlerweile fließend Deutsch spricht. Er fühle sich in der Gemeinde gut aufgenommen und hat Spaß, Einblicke in den Berufsalltag eines Pfarrers zu gewinnen.

Wie groß war der Kulturschock?
In der Kirchengemeinde selbst gebe es wenig Unterschiede zu seiner Heimatgemeinde im südlichsten Bundesstaat Brasiliens, sagt Scheuermann. Somit sei ihm die Eingewöhnung in Thüngen relativ leicht gefallen. "Bei uns gibt es das Klischee, dass es in Deutschland immer Kuchen gibt", sagt Scheuermann amüsiert. Dieses Vorurteil habe sich tatsächlich ein wenig bestätigt.
Die deutsche Kultur ist ihm nicht völlig fremd: Seine Vorfahren stammen aus dem Hunsrück, sein Nachname lässt es erahnen. Aus diesem Grund habe auch sein Großvater ihn dazu animiert, sein Auslandssemester in Deutschland zu verbringen. Das persönliche Highlight sei für ihn der Schnee gewesen, den er bei seiner Ankunft im Februar das erste Mal sah.
Der Weg zum Theologiestudium
Als Teenager entwickelte Scheuermann durch den Konfirmandenunterricht und später die Jugendgruppe eine engere Verbindung zur Kirche. Hier wurde das Interesse des 24-Jährigen zum ersten Mal geweckt. Dies fiel auch anderen Mitgliedern der Kirchengemeinde auf. "Als die Pfarrerin mich fragte, ob ich Pfarrer werden will, habe ich nicht ja und nicht nein gesagt", berichtet der Student. Ab diesem Zeitpunkt habe er jedoch mehr und mehr darüber nachgedacht und war sich mit 19 schließlich sicher.
Bei diesem Beruf sei ihm vor allem der Austausch mit den Menschen besonders wichtig. Er möchte Gemeindemitglieder in verschiedenen Lebenssituationen begleiten und Gespräche über Gott führen. Diese Vorstellung deckt sich gut mit der von Pfarrer Schneider, stellen die beiden fest.