In den vergangenen Jahren wurde Main-Spessart von Martin Koch von Würzburg aus mitbetreut, erklärte Trottmann. „Das war keine Dauerlösung.“ Zuvor bildete Walter Wiesmann aus Neustadt ab 2002 die Anlaufstelle im Landkreis. Mit Manfred Wirth ist nun die räumliche Nähe wieder gegeben. 77 Mitglieder zählt der Verein in Main-Spessart.
Im Sitzungssaal des Landratsamts in Karlstadt wurde Wirth im Beisein von Vertretern von Kommunen und Kirchen, von Justiz, Polizei und Versorgungsbehörde in sein Amt eingeführt. Main-Spessart sei mit 4500 Straftaten im Jahr 2008 keine Insel der Glückseligen, sagte Landrat Thomas Schiebel. Obwohl die Anzahl der Gewaltdelikte nicht hoch sei, sei eine Institution wie der Weiße Ring wichtig: „Wer die Erfahrung nicht gemacht hat, kann nur schwer nachvollziehen, wie Gewaltopfer noch Jahre nach der Tat leiden.“
Manfred Wirth weiß um die Not und die Bedürfnisse der Opfer, die nach der Tat oft traumatisiert seien. Der 58-jährige Kriminalhauptkommissar ist Sachbearbeiter für Raub, Erpressung und Eigentumsdelikte bei der Würzburger Kriminalpolizei: „Die Geschädigten stehen allein da.“ Dem Ermittler bleibe bei der Polizeiarbeit oft zu wenig Zeit für ein Gespräch. Drei Fälle gibt es derzeit in Main-Spessart. Er möchte einen unbürokratischen Weg zu Justiz, Polizei und Ämtern finden und für die Opfer eine unkomplizierte Anlaufstelle sein. Wirth ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder.
Das Leben bricht weg
„Auch wenn Manfred Wirth als Beamter die Täter gejagt hat, lagen ihm die Opfer schon immer am Herzen“, bescheinigte Wolfgang Geier, Leitender Kriminaldirektor des Polizeipräsidiums Unterfranken, dem neuen Außenstellenleiter, den er als Kollegen seit Jahren kennt. Gerade die Polizei sehe, wie Opfern und Angehörigen nach einer Gewalttat das Leben wegbreche, könne aber in der alltäglichen Arbeit das Leid nicht so würdigen, wie es notwendig sei. Sie weise aber die Opfer standardmäßig auf Opferhilfeeinrichtungen wie den Weißen Ring hin, mit dem sie in Unterfranken eng zusammenarbeite.
Bardo Backert, Direktor des Amtsgerichts Gemünden, betonte die Verbundenheit der Justiz mit dem Weißen Ring. Der Justiz sei wie der Polizei der Opferschutz ein wichtiges Anliegen, aber welche Unterstützung ein Opfer im konkreten Fall benötige, richte sich nach dessen eigenen Bedürfnissen. Hier beginne eine der wichtigsten Tätigkeiten des Vereins, nämlich auf die Menschen zuzugehen und Hilfe anzubieten. Und die örtliche Verwurzelung eines Mitarbeiters des Weißen Rings in einer bestimmten Region mit den Kenntnissen über die lokalen Möglichkeiten sei eine ganz wesentliche Voraussetzung für effektiven Opferschutz.
„Den Menschen das Leben zu erleichtern und den Opfern zur Seite zu stehen, ist die Notwendigkeit der heutigen Zeit“, sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Zöller in seiner Festrede. Früher stand die Rolle des Opfers deutlich hinter der Bestrafung des Täters zurück, blickte er in die Vergangenheit. Seit Gründung des Weißen Rings 1976 habe sich viel getan: „Wir wissen jetzt viel über die Bedürfnisse der Menschen in dieser Ausnahmesituation.“
Gerade die Polizei habe sich sehr große Kompetenzen erworben. Die seelische Situation werde bei der Vernehmung der Opfer berücksichtigt. Opferschutz sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die aber besonders den Staat in die Pflicht nehme: Die Täter bestrafen und die Opfer nicht alleine lassen. Der Bundestag habe die Rechte der Opfer gestärkt, sagte Zöller, und wies auf neue Gesetze hin.
Prävention große Bedeutung
Aber für die Zuwendung und den Beistand für die Opfer brauche der Staat Menschen, die auch die emotionalen Bedürfnisse abdecken: „Mit dem Weißen Ring haben die Opfer eine unüberhörbare Stimme in diesem Land.“ Der Verein stehe beispielhaft für eine zivile Bürgergesellschaft. Auch der Kriminalitätsprävention maß Wolfgang Zöller eine große Bedeutung bei. Der Weiße Ring sei hier ebenfalls engagiert, aber jeder könne selbst einen Beitrag zur Vorbeugung von Verbrechen leisten.
Musikalisch gestalteten Rainer Steinbach (Panflöte) und Elisabeth Netrval (Klavier) die Feierstunde mit.
Im Blickpunkt
Der Weiße Ring Der Weiße Ring wurde 1976 in Mainz ins Leben gerufen. Bundesweit zählt er rund 56 000 Mitglieder. Der Verein unterhält 420 Anlaufstellen für Kriminalitätsopfer mit rund 3000 ehrenamtlichen Helfern. Die Hilfe erfolgt unter anderem durch menschlichen Beistand und Betreuung nach der Straftat, durch Begleitung zu Terminen bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht, Vermittlung von Hilfen anderer Organisationen und Unterstützung bei materiellen Notlagen im Zusammenhang mit der Straftat.
Die Außenstelle Main-Spessart mit Manfred Wirth ist erreichbar: Am Burkardstuhl 25, 97267 Himmelstadt, Tel. (0 93 64) 81 53 00.