Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Main-Spessart
Icon Pfeil nach unten
Lohr
Icon Pfeil nach unten

Denkmal im Dreierpack

Lohr

Denkmal im Dreierpack

    • |
    • |
    Große Aufgabe: Landschaftsarchitekt Markus Fleckenstein aus Sackenbach will in Euerdorf (Landkreis Bad Kissingen) drei Bauwerke restaurieren..
    Große Aufgabe: Landschaftsarchitekt Markus Fleckenstein aus Sackenbach will in Euerdorf (Landkreis Bad Kissingen) drei Bauwerke restaurieren.. Foto: Fotos: Wolfgang Dünnebier

    Euerdorf war einst bedeutender, als Kissingen und Hammelburg. Architektonisch drückt sich dieser Umstand in der Gerichtsgasse aus. Hier liegen königliches Amtsgericht von 1822, die Fronfeste mit Ursprüngen wohl im 12. Jahrhundert und die Zehntscheune aus dem frühen 16. Jahrhundert nebeneinander um einen Garten.

    Das macht einen denkmalträchtigen Dreierpack, der Landschaftarchitekt Markus Fleckenstein bei Atem hält. Nach fünf Jahren Umbau auf dem 1300 Quadratmeter großen Areal gab es jetzt für den Sackenbacher einen mit 25 000 Euro dotierten Denkmalpreis des Bezirks Unterfranken. Für den Bauherren markiert die Verleihung eine erfolgreiche Zwischenetappe auf einem arbeitsreichen Weg. Prämiert wurde die stilvolle Herrichtung des ersten Stockes im Gerichtsgebäude mit zwei Wohnungen. Ein schöner Ansporn zum Weitermachen. Ziel des 33-Jährigen ist es, den Komplex bis zum Jubiläum „1300 Jahre Euerdorf“, das in drei Jahren gefeiert wird, saniert zu haben.

    Vor fünf Jahren verlor Fleckenstein sein Herz an die Immobilie. „Ich wusste gar nicht, wo Euerdorf liegt“, erzählt er. Die Immobilienangebote des Freistaates ließen ihn aufhorchen. Für alte Häuser interessiert er sich seit seiner Jugend. Die verbrachte er in einem Haus mit knarzenden Holzdielen.

    So etwas wollte er sich gönnen. Lange wog er ab, bevor er sein Angebot abgab. Das Amtsgerichtsgebäude mit seiner neoklassizistischen Fassade zog ihn in seinen Bann. Ein schönes Treppenhaus, hohe Räume, Rundbogenfenster und Säulen in der Fassade geben dem innen sehr hellen Gebäude Leichtigkeit. Wenig sensibel war es in den 1970er Jahren zu Wohnungen umgebaut worden. „Jetzt half nur noch das Entkernen“, beschreibt Fleckenstein den Aufwand im Obergeschoss. Dieses bekam Sprossenfenster. Die Fassade im tristen Behördengrau wertete er mit einem Grünstich auf.

    Jetzt ist das Untergeschoss an der Reihe. Bis zum Jahresende will der Architekt dort den Einbau von zwei Wohnungen abgeschlossen haben. Perfekt ist der Eindruck bereits im Treppenhaus mit dem alten Windfang und der schönen Holztreppe. Die Haustür von 1822 ist schon hergerichtet. „Schade, dass die Einrichtung nicht mehr vorhanden ist“, trauert Fleckenstein dem Gerichtssaal nach. Fragmentarisch sind noch Wandmalereien vorhanden. Im Grundriss einer der beiden Wohnungen soll sich demnächst der 30 Quadratmeter große Gerichtssaal als Zimmer wiederfinden.

    Spektakulär ist das Ambiente in der früheren Fronfeste. Vom Obergeschoss seines Zweitwohnsitzes blickt der Sackenbacher auf die Dachlandschaft im Altort. In seine Wohnung gelangt er durch das Erdgeschoss. Dafür durchquert er den Zellengang des früheren Gefängnisses mit Kerzenleuchtern an den trutzigen Wänden. Die fünf, sechs Quadratmeter großen Zellen hat er als Hauwirtschaftsraum, Kraftraum, Gästezimmer, Sanitärraum und Weinlager gewidmet. In den schweren Türen mit den Sandsteingewänden sind noch jene Klappen, durch die die Gefangenen früher ihre Suppe gereicht bekamen. Mehrfach sei das Gebäude früher umgebaut worden. Dort fanden wohl Landadelige bei der Durchreise Schutz.

    Durch eine bemerkenswerte Dachkonstruktion fällt die Zehntscheune auf. Sie hat der Altbaufan von der Gemeinde Euerdorf erworben. Ab 1936 war sie bis in die 1990er Jahre BayWa-Lager für mehrere tausend Tonnen Getreide. Erhalten ist auch noch ein Lastenaufzug aus dem Jahr 1942. Und die Schornsteine für die Staubabsaugung. Auf den zweimal 300 Quadratmetern Geschossflächen möchte Fleckenstein eine Zweigstelle seines bisher dreiköpfigen Landschaftsplanungsbüro einrichten. Außerdem will er mit der regionalen Künstlerszene über die Möglichkeit von Ausstellungen ins Gespräch kommen. In den kommenden Wochen stehen aber erst einmal Dacharbeiten an.

    Mit seinem Engagement verbindet der Architekt auch eine Botschaft: „Ich möchte den Menschen die Angst nehmen, so eine Herausforderung anzunehmen.“ Voll des Lobes ist er für die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Kreisbaumeister Günter Stammwitz und dem Landesamt für Denkmalpflege. Dort erhalte er immer fachlichen Rat. So beim Auftauchen des alten Torbogens im Innenhof der Zehntscheune, der jetzt wieder geöffnet werden soll.

    Mit Überraschungen ist immer zu rechnen. „Das Preisgeld ist gut angelegt“, sagt Fleckenstein. Rund 200 000 Euro hat er nach dem Erwerb der Immobile vor fünf Jahren bisher investiert. Das Einstandsgebot für Amtsgericht und Fronfeste in Höhe von 76 000 Euro habe er gut überboten. Dabei ist seine Kalkulation bodenständig. „Ich bin kein Millionär“, sagt er. Ohne Eigenleistung geht nichts. So riss er die eine oder andere Mauer eigenhändig ab, schlägt Putz ab und transportierte 22 Fuhren Bauschutt ab. Die Anstrengung verschaffe körperlichen Ausgleich. Außerdem wecke sie Einfühlungsvermögen für Arbeiten, die ein Architekt sonst von anderen verlangt.

    Bis zum Schluss hebt sich der Landschaftsarchitekt die Gestaltung des Gartens auf, womöglich will er sie gar einem Kollegen übertragen. „Der geht vielleicht unvoreingenommener ran.“ Bis dahin gibt es noch genug zu tun. Schon jetzt kann man spüren, welches Flair die künftig vier Mietwohnungen im Amtsgericht umgibt. Das Arreal scheint Potenzial für weitere Denkmalpreise zu haben.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden