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BILLINGSHAUSEN: Der extra-lange Rosenmontag: Narrentreff unter der Maske

BILLINGSHAUSEN

Der extra-lange Rosenmontag: Narrentreff unter der Maske

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    Agnes Möschl trägt Süßigkeiten für die Kinder herbei. In einer Stunde fallen in ihrem Hof die Narren ein.
    Agnes Möschl trägt Süßigkeiten für die Kinder herbei. In einer Stunde fallen in ihrem Hof die Narren ein. Foto: Foto: Ralf Thees

    Die Straßen von Billingshausen sind am Rosenmontagmorgen so ruhig wie an anderen Montagen auch. Doch darf man sich davon nicht täuschen lassen – an zwei Stellen des Dorfes herrscht hektische Aktivität.

    So schöpft Claus Möschl zu dieser Zeit in seinem Hof altes Wasser aus dem Brunnen, um mit einem Schlauch frisches Wasser einzulassen. „Wenn man schon einen Brunnen hat, dann soll der auch gefüllt sein“, sagt der Billingshäuser und geht schnellen Schrittes weiter, um Gläser zu suchen. Noch vor wenigen Tagen hat er sich seinen Rosenmontag ganz anders vorgestellt. Doch dann kam eine Tradition dazwischen, die es in Billingshausen seit 14 Jahren gibt. Vor der Faschingssitzung „Billingshausen in der Bütt“ wird im Geheimen jemand ausgesucht, der am Rosenmontag alle Narren aus dem Ort zu sich einladen und verköstigen darf. Der zukünftige Gastgeber erfährt aber erst in einer Büttenrede am Samstagabend von seinem Glück. Diesmal war in den Reden öfters von einem „Mostkeller“ die Rede. Möschl habe es erst gar nicht verstanden, wie seine Tischnachbarn dieses Abends erzählen. „Du hast doch einen alten Mostkeller“, erinnerten sie ihn. Als dann der Groschen fiel, „wurden die Augen erst mal groß“.

    Überrascht war er schon, sagt Möschl. „Aber es ist uns eine Ehre“, ergänzt der 52-Jährige lachend. Eine logistische Herausforderung ist der alljährliche Narrentreff für jeden Gastgeber. Möschl und seine Frau Agnes haben den Sonntag über ihren Hof hergerichtet – und den erwähnten Mostkeller saubergemacht. „Da hat vor ein paar Tagen noch ein Schreiner drin gearbeitet, alles war voller Sägespäne“, erzählt Agnes Möschl. Am Montag ging es dann in aller Frühe los, um Krapfen und Würste zu besorgen, Getränke liefern zu lassen und Erbsensuppe zu kochen.

    Doch gegen 10 Uhr – eine Stunde vor Beginn des Narrentreffs – war das Ehepaar Möschl zwar etwas erschöpft, aber gut gelaunt beim ersten wohlverdienten Bier und wartete auf die närrischen Gäste.

    Die trafen sich um halb elf erst Mal am Dorfplatz. Eigentlich ist der übliche Treffpunkt für das Narrenvolk bei Frieder Hüsam, dem Vorsitzenden des Kultur- und Heimatvereins und Sitzungspräsidenten. „Das ging in diesem Jahr nicht, der Claus ist mein Nachbar, die hätten ja alles mitbekommen“, erklärt Hüsam. Zwei Mottos standen in diesem Jahr an: Einmal „Alles im Keller“, in Anspielung auf Möschls alten Mostkeller.

    Und das „Horrorwittchen“ aus einem Bütt-Beitrag am Samstag, in dem das Lohrer Schneewittchen einen neuen Standort sucht und schließlich in Billingshausen landet.

    Das Horrorwittchen führte auch den Zug an, der bei der Familie Möschl mit lautem „Helau“ einfiel. Den Gastgebern wurde ein Lied gesungen und die Narren feierten gemeinsam bis in den Abend hinein im Hof bei Sekt, Bier, Schnaps und manchmal auch Wasser.

    Dem „Horrorwittchen“ gefällt es in Billingshausen besser als in Lohr.
    Dem „Horrorwittchen“ gefällt es in Billingshausen besser als in Lohr. Foto: Foto: Ivana Biscan

    Das Narrentreffen am Rosenmontag ist nur ein Teil des Faschings in Billingshausen. Im Grunde genommen geht es von Weiberfasching bis zum Fischessen am Aschermittwoch im Dorf rund. „Das ist über die Jahre gewachsen“, sagt Hüsam.  

    Was es schon lange gibt, ist der Brauch, maskiert am Faschingsdienstag von Haus zu Haus zu ziehen. Dort gab es für die Maskierten ein Ei und auch mal einen Schnaps. Eine Faschingssitzung mit Büttenreden gab es in dem vorwiegend protestanischen Dorf erst seit 1988, wie Hüsam sagt. „Das haben wir einfach so angefangen mit den Vereinen, das war ein so großer Erfolg, wir haben dann weitergemacht.“

    Passend zum Motto „Alles im Keller“ singen Sektflaschen und Weinfässer beim Narrentreff in Familie Möschls Hof.
    Passend zum Motto „Alles im Keller“ singen Sektflaschen und Weinfässer beim Narrentreff in Familie Möschls Hof. Foto: Foto: Ivana Biscan

    Das Narrentreffen existiert erst seit 2003. Entstanden ist es in der Bütt. Da war der spontane Wetteinsatz bei einem „Wetten, dass“-Spiel, alle nach Hause einzuladen. Und schon war ein neuer Punkt im Billingshäuser Faschingsreigen geboren.

    So richtig erklären kann die Faschingsbegeisterung der letzten Jahrzehnte im Dorf niemand. Aber jeder der Narren nimmt sich – so weit es geht – Urlaub in dieser Zeit und feiert durch. Anita Hüsam berichtet, dass ihre mittlerweile über 20-jährige Tochter im vergangenen Jahr zum ersten Mal auf einem Faschingszug außerhalb des Dorfs war. „Es gibt in der Faschingszeit keinen Grund, Billingshausen zu verlassen.“

    Saskia, Anita, Thorsten, Isabell und Nathalie gehen „unter die Masken“.
    Saskia, Anita, Thorsten, Isabell und Nathalie gehen „unter die Masken“. Foto: Foto: Ralf THEES

    Am Nachmittag löste sich der Narrentreff in Möschls Hof langsam auf. Doch damit ist der Rosenmontag noch nicht vorbei. Mehrere Grüppchen ziehen sich am frühen Abend zurück und „gehen unter die Maske“, wie es in Billingshausen genannt wird. Saskia, Anita, Thorsten, Isabell und Nathalie waren so eine Gruppe. Mit Mönchskutten, Plastikmasken und einem Eimer für Eier, die man beim Besuch geschenkt bekommt, zogen sie am Abend durchs Dorf. „Die Leute müssen dann erraten, wer wir sind“, erklärt Saskia. Damit das nicht zu einfach wird, verstellen alle beim Besuch die Stimme.

    Ein lustiger Abend, der schon alleine dadurch immer alberner wird, dass es bei jedem Besuch nicht nur etwas zu essen, sondern auch diverse Schnäpse und Liköre gibt. „So zehn bis zwölf Häuser schaffen wir normalerweise“, sagt Saskia.

    Wer ist wer? Gabi Hüsam gibt ihr Bestes, das zu erraten.
    Wer ist wer? Gabi Hüsam gibt ihr Bestes, das zu erraten. Foto: Foto: RALF THEES

    Auf der Seite der Hausbesitzer werden verschiedene Taktiken angewandt, um die Maskierten zu erraten. Geschicktes Nachfragen führt manchmal zum Erfolg, aber auch ein Größenvergleich oder ein Blick auf die Hände. „Es gibt eine Familie, die erkennt einen schnell am Handgelenk“, erklärt Saskia. Bis spät in die Nacht gehen die Gruppen „unter die Maske“. „Doch am Dienstag um Mitternacht ist dann endgültig Schluss“, erklärt Saskia. Bis nächstes Jahr.

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