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LOHR: Der Gitarren(zusammen)­bauer aus Steinbach

LOHR

Der Gitarren(zusammen)­bauer aus Steinbach

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    Wo Genauigkeit und Fingerfertigkeit gefragt sind: Johannes „Hennes“ Gebauer in seiner Steinbacher Werkstatt bei der Arbeit an einer seiner Gitarren.
    Wo Genauigkeit und Fingerfertigkeit gefragt sind: Johannes „Hennes“ Gebauer in seiner Steinbacher Werkstatt bei der Arbeit an einer seiner Gitarren. Foto: Fotos: Johannes Ungemach

    „Bei allen Materialfragen – der Ton kommt immer noch aus den Fingern.“

    Johannes „Hennes“ Gebauer über den Gitarrenbau

    Sitting Bull lehnt am Regal. Ihm zur Seite Little Bighorn. Gleich nebenan räkelt sich ein barbusiges Pin-up-Girl im Stil der 50er Jahre unter Gitarrensaiten. Einen Schritt weiter ist die Nationalflagge der USA mit einem Emblem der sagenumwobenen Route 66 vereint. Er präsentiert sich bunt und voller Abwechslung, dieser Kellerraum in Steinbach.

    Material aus dem Internet oder von Flohmärkten

    Er ist das Reich von Johannes „Hennes“ Gebauer. Der 62-Jährige baut elektrische Gitarren. Genau genommen baut er sie zusammen. Aus Teilen, die er sich neu oder gebraucht auf Flohmärkten oder im Internet zusammensucht. Jeder Gitarre gibt er ein anderes Aussehen, einen anderen Charakter – und am Ende des Schaffensprozesses auch einen Namen, beispielsweise Sitting Bull.

    Wann genau ihn die Leidenschaft des Gitarrenbauens gepackt hat, kann Gebauer gar nicht mehr sagen. Irgendwann vor fünf oder sechs Jahren sei es gewesen, als er in einem Würzburger Musikladen einen schönen Gitarrenhals gesehen habe, jenes Stück also, an dem beim Spielen üblicherweise die Greifhand entlanggleitet. „Ach, den nimmst du mal mit“, habe er sich damals gedacht, erinnert sich Gebauer an den Moment, in dem ein Hobby seinen Anfang nahm, das ihn heute täglich beschäftigt.

    Musikalische Prägung aus den 1970ern

    Natürlich hatte der Mann mit den wilden weißen Haaren schon länger einen recht innigen Bezug zu Gitarren. Vor 40 Jahren spielte er selbst in einer Band. Die Jugend in den 1970er Jahren habe ihn eng mit der damals aufkommenden Rockmusik verbunden, erzählt Gebauer – Deep Purple, Uriah Heep, die Klassiker eben.

    Das Resultat dieser Jugend war ein ausgeprägtes Faible für Gitarren: „Ich halte sie einfach gerne in der Hand.“

    Die Musik blieb jedoch die Leidenschaft der Freizeit. Beruflich schlug Gebauer einen anderen Weg ein, zunächst in der Sportartikelbranche, dann als Finanzbuchhalter bei Rexroth in Lohr.

    Mit der Akribie des Finanzbuchhalters

    Die Akribie des Buchhalterberufes sei für den Gitarrenbau sehr hilfreich, sagt Gebauer. Denn Genauigkeit und die Detailarbeit seien es, auf die es beim Zusammenbau der Instrumente ankomme.

    Als Gebauer vor einigen Jahren mit dem in Würzburg erstandenen Gitarrenhals und weiteren zusammengetragenen Komponenten die erste Gitarre baute, dachte er noch nicht daran, dass viele weitere folgen würden. Er wollte sie für sich selbst behalten.

    Doch als er das Erstlingswerk nicht ohne Stolz Bekannten zeigte, war deren Interesse schnell geweckt. Gebauer verkaufte die erste Gitarre und begann mit dem Bau einer zweiten, es folgten viele weitere. „Das hat sich einfach so entwickelt“, sagt Gebauer.

    Rückzugsraum im Keller geschaffen

    Er trug die alte Stereoanlage in einen Kellerraum und erschuf sich dort eine kleine Gitarrenbauwerkstatt, seinen „Rückzugsraum“, wie er sagt.

    Die Decke ist niedrig, das Sammelsurium an Zutaten für den Gitarrenbau groß. Rund ein Dutzend fertiger Gitarren lehnt an Regalen, in denen in Reih und Glied etliche Gitarrenhälse auf Verarbeitung warten. In Wandschränken schlummern all die kleineren Bestandteile einer elektrischen Gitarre: Tonabnehmer, Schlagbretter, Drehrädchen, Wippschalter, Wirbel zum Spannen der Saiten. Rund 50 größere Teile sind in einer E-Gitarre verbaut.

    Ständig ist Gebauer auf der Suche nach neuen Komponenten. Vor allem alte Bodys haben es ihm angetan, also bereits benutzte Gitarrenkörper. Sie sind meist aus Esche oder Erle gefertigt. Die Eigenschaften des Holzes, so sagt Gebauer, gelten als ein wesentliches Qualitätsmerkmal für die gesamte Gitarre.

    Zusammenarbeit mit anderen Experten vor Ort Nicht wenige Gitarrenspieler messen daneben auch dem Tonabnehmer, Pickup genannt, eine ähnliche Bedeutung zu. Hier arbeitet Gebauer mit dem Lohrer Werner Happ zusammen. Dieser fertige nicht nur handgewickelte Tonabnehmer selbst, sondern sei auch in Fragen der Gitarrenelektrik ein Experte. Auch beim gelernten Gitarrenbauer Alexander Fiedler aus Sendelbach holt sich Gebauer bei Bedarf Rat.

    Der eigentliche Zusammenbau der Komponenten habe durchaus seine Tücken, sagt der 62-Jährige: „Es passt nicht jeder Hals auf jeden Body.“ Oft müsse geschliffen, abgestimmt und angepasst werden. Für jemanden mit zwei linken Händen sei die Arbeit daher eher nichts. Rund zehn Gitarren verlassen pro Jahr die Werkstatt von Gebauer.

    Der besondere Reiz des Baus der E-Gitarren liegt für Gebauer nicht nur im individuellen Gestalten der Instrumente durch die Auswahl verschiedener Korpusformen, Komponenten und Farben. Große Freude hat der Gitarrenbauer auch am eigenen Design gefunden. So gestaltet er in Anlehnung an seinen Heimatort Steinbach unter dem Künstlernamen „Stone Creek Guitars“ großflächige Verzierungen ebenso wie kleine Plaketten und Details, ge- oder bedruckt von der Lohrer Firma Schilder Günther. Mitunter lackiert Gebauer seine Gitarren selbst.

    Mit Individualität gegen die Massenware

    Nur durch Individualität könne sich eine Gitarre heute von der breiten Masse abheben, sagt er. Chinesische Herstelle schleuderten jeden Tag zigtausend Instrumente auf den Markt. Dem müsse man mit Kreativität begegnen. Und so gibt es bei Gebauer statt der berühmten „Fender Stratocaster“ eben einen „Franken Sadomaster“.

    Allerdings hat der Steinbacher auch schon festgestellt, dass man es mit der Individualität nicht übertreiben darf: „Sonst kauft das keiner.“ Der Verkauf der Gitarren ist am Ende natürlich das Ziel. „Man kann sie schließlich nicht alle behalten.“

    Das Hobby soll ein Hobby bleiben

    Gebauer bietet seine Gitarren über eine bekannte Internetplattform an. Je nach verbauten Komponenten kosten sie zwischen 300 und 1000 Euro. Verdient sei dabei kaum etwas, sagt der Gitarrenbauer. Man dürfe die Arbeitsstunden halt nicht rechnen. „Aber es ist ein Hobby und soll auch eines bleiben.“

    Die Käufer kommen aus dem gesamten Bundesgebiet, etliche holen ihre Gitarre in Steinbach ab. Der so entstehende Kontakt mit anderen Gitarristen sei ein positiver Nebeneffekt seines Hobbys, so Gebauer.

    Natürlich spielt er alle Gitarren vor dem Verkauf selbst. „Sie müssen ja ausprobiert werden.“ Das Einstellen der Gitarre sei eine besondere Kunst. Auch hier seien Genauigkeit und Erfahrung gefragt. „Sonst scheppert's,“ sagt Gebauer.

    Das Credo des Gitarrenbauers lautet freilich noch immer: „Bei allen Materialfragen – der Ton kommt immer noch aus den Fingern.“

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