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WIESENFELD: Der Lockruf des Weibes

WIESENFELD

Der Lockruf des Weibes

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    Auf Blattjagd: Jäger Hubert Helfrich will mit dem Blatter Rehböcke anlocken. Der Fiepton ähnelt dem Laut einer brunftigen Ricke.
    Auf Blattjagd: Jäger Hubert Helfrich will mit dem Blatter Rehböcke anlocken. Der Fiepton ähnelt dem Laut einer brunftigen Ricke. Foto: Foto: Klaus Gimmler

    Was ist eigentlich eine Blattjagd? Woher kommt dieser Ausdruck in der Jägersprache? Um dies zu erklären, greift der Wiesenfelder Jagdpächter Hubert Helfrich nach einem dünnrippgen Buchenblatt und faltet es zusammen, so dass er darauf einen hellen Fiep-Ton erzeugen kann. „Früher hat der Jäger so den Ruf einer brunftigen Rehgeiß nachgemacht“, sagt er. Der Rehbock folgt diesem vermeintlichen Lockruf des Weibes, landet aber genau vor der Büchse des Jägers. Heutzutage nimmt man dafür kein Buchenblatt mehr, es gibt sogenannte Blatter, meist aus einem Rehgehörn mit einem Kunststoffblättchen gefertigt, mit denen der Jäger den Ruf einer Ricke imitiert. Der Name Blattjagd ist aber geblieben.

    Auf Blattjagd

    Mit Jäger Helfrich bin ich heute auf einer Blattjagd, es ist ein schöner Tag Ende Juli, die Sonne scheint und es ist warm. Wir haben uns auf einen Hochsitz in seinem Revier in einem Wald bei Wiesenfeld geschlichen. Eine grüne Decke verdeckt unsere Körper und das Gewehr von Helfrich liegt zum Schuss bereit. Es ist ruhig im Wald, nur ein paar Vögel zwitschern. Seit gut einer Viertelstunde sitzen wir schon hier und suchen mit dem Fernglas die Umgebung ab. „Die Natur muss sich erst einmal beruhigen“, flüstert Helfrich. Möglicherweise sind wir beim Pirschen zum Hochsitz doch vom Wild bemerkt worden.

    Helfrich will heute einen Rehbock schießen und um es vorweg zu sagen, er wird kein Glück haben. Woran das liegt? Als Jäger muss man Geduld haben und die Gelegenheit nutzen, sagt Helfrich. Das bedeutet umgekehrt, manchmal gibt es diese Gelegenheit eben nicht.

    Ricken sind brunftig

    Vielleicht stand aber auch der Wind ungünstig, oder wir sind noch zu früh dran. Es ist erst der Beginn der Blattzeit, die sich bis Mitte August ziehen kann. In dieser Zeit sind die Ricken brunftig und die Rehböcke daher tagaktiver, besonders rege und unaufmerksamer. Aber die meisten Ricken sind noch nicht beschlagen, wie der Jäger sagt. Hat der Rehbock eine nicht beschlagene Ricke gefunden, reagiert er nicht auf die vermeintlichen Lockrufe des Jägers mit dem Blatter.

    Glücklicherweise werden wir Zeuge eines solchen Brunftspiels. In einer Lichtung vor uns erscheint eine Ricke, die von einem Rehbock getrieben wird. Von uns nehmen die beiden keine Notiz. Diese sogenannte Vorbrunft, in der die Ricke sich nicht beschlagen lässt, wird durch häufiges Äsen unterbrochen. Auf der Verfolgung der Ricke verliert der Rehbock die Vorsicht, ist aber auch ganz schwer zu schießen, weil er meist in Bewegung ist.

    Bock hat kein Interesse

    Jäger Helfrich fiept mit dem Blatter. Dies hat seine Wirkung. Kurz bleibt der Bock stehen und schaut in unsere Richtung. Doch er hat kein Interesse, schließlich hat er seine „Braut“ schon gefunden. Für Helfrich hat aber dieser kurze Stopp des Rehbockes ausgereicht, um mit dem Fernglas das Alter des Tieres zu bestimmen. „Es ist ein junger Bock“, flüstert er. „Diesen werde ich nicht schießen.“ Um einen möglichst günstigen Altersaufbau in seinem Revier zu erhalten, will Helfrich vorrangig einjährige (Jährlinge) oder ältere (fünf Jahre und älter) erlegen. Die mittelalten (2- bis 4-Jährigen) werden geschont. Die beiden Tiere sind mittlerweile verschwunden. Helfrich versucht es dann mehrmals, mit den Blatter Rehböcke anzulocken, doch dies will heute nicht gelingen.

    Die Untere Jagdbehörde hat die Abschusszahlen für sein Revier bestätigt. Insgesamt 18 Böcke, 18 Ricken und 18 Kitze muss Helfrich und seine Jagdkollegen in drei Jahren schießen, das sind jeweils sechs pro Jahr. In der Blattzeit sind die Rehböcke sehr aktiv, später sind diese nur noch schwer zu erlegen. Sie ziehen sich dann zurück, werden heimlicher, wie es in der Jägersprache heißt.

    Hätte Helfrich einen Rehbock geschossen, hätte er diesen vor Ort ausgenommen. Dies ist so üblich. Der Jäger öffnet mit dem scharfen Messer die Bauchdecke des Wildes und entfernt vom Kehlkopf bis zum Enddarm alle Innereien. Dies soll unverzüglich nach Eintritt des Todes erfolgen, um ein Einwandern von Bakterien in das Muskelfleisch zu verhindern. Die Gedärme bleiben in Wald und darüber freuen sich die Füchse.

    Blattschuss

    Übrigens: Der Begriff Blattschuss, der als Volltreffer gilt, kommt nicht von der Blattjagd. Es ist ein Schuss aufs Schulterblatt und dieser ist tödlich, da sich dahinter Herz und Lunge befinden.

    Die Redaktion will in diesem Jahr in loser Folge über die Arbeit der Jäger berichten. Dazu wollen wir Hubert Helfrich im Laufe des Jagdjahres begleiten. Das Jagdjahr hat im April begonnen.

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