Spaß und Vergnügen statt Alltag versprach Sitzungspräsident Jörg Brimer in der ersten Prunksitzung der „Kapalleköpf“. Der Retzbacher Carneval Club mit dem Prinzenpaar Melanie I. und Pierre I. samt Gästen, darunter die Aschfelder Karnevalsgesellschaft mit Prinzenpaar Ramona I. und Holger II. sowie dem Tanzmariechen Emma Späthm, hielten in der nahezu ausverkauften Walter-Endrich-Halle Wort.
Gleich am Anfang sprach der Sitzungspräsident mit spitzer Zunge von Politikern, die sich wie Kleinkinder aufführen, weil sie nicht alleine regieren dürfen, und von Leuten, die 60 Jahre Frieden zum Trotz auf Europa und die EU schimpfen: „Vergesst nicht, hier sind die Narren, die Idioten sind woanders.“
Klassischer Tanz
Im klassischen Kostüm hatte die Juniorengarde die Ehre des ersten Tanzes. Ihr späterer Showtanz in neonbuntem Outfit drehte sich um Offenheit, Miteinander und Freundschaft. Die Purzelgarde tanzte das Märchen „Froschkönig“ mal etwas anders.
Das Mitteilungsblatt in der Hand und im Gesundheitsgarten sitzend zogen Balthasar und Laney als altkluge Senioren über das Ortsgeschehen her. Da sei ein Leinacher am Gespringsbach spazieren gegangen, also dort, wo Biber zubeißen, und von dreckigen Schuhen hart getroffen worden. Doch weder Bürgermeister noch Landrat habe das gejuckt. Retzbach brauche schon deshalb einen Hubschrauberlandeplatz, damit der Papst landen könne, wenn er komme, um den Monsignore noch zu Lebzeiten seligzusprechen.
Wie auf der Wiesn
Filzhüte, karierte Hemden und Krachlederne – die Steinbergsänger sahen aus, als kämen sie gerade von der Wiesn und führten seltsame Tänze auf. Die beiden Enkel plauderten aus dem Nähkästchen: Zur über Hexenschuss jammernden Oma habe der Opa „die schießen doch nicht auf ihre eigenen Leute“ gesagt.
Im engen kurzem Kleid und auf Stöckelschuhen machte Manuela Lyding auf Partnervermittlerin. Der Fasching sei ideal, um hässlichen Kerlen zu einer Frau zu verhelfen – dank Masken. Nicht alle Männer wollten in den Hafen der Ehe, vielen reiche eine „Hafenrundfahrt“.
Jung und Alt nahmen Jochen Behr und Maxi Ziegler in ihrer Gesangsbütt auf die Schippe. Die jungen Leute hätten vor lauter Selfie-machen keine Zeit mehr und Angst vor vollen Speicherkarten und leeren Handyakkus. Sie brachten den Saal mit Stimmungsliedern in Fahrt und sammelten für die Hauptmann-Küppers-Stiftung 378 Euro, was der Elferrat auf 400 Euro aufrundete.
Schwarze Afroperücken und dunkle Sonnenbrillen – der Elferrat nutzte die Pause, um sich passend zum Sessionsmotto „RCC goes Harlem“ und den Soul der 70er umzukleiden. Bleich, modrig, mit Betonklötzen an den Füssen stapfte Sarah Brimer auf die Bühne – wegen ihrer Bütt vom vergangenen Jahr hätten einige sie in die Retz geworden. Erst sei über die Köpfe der Bevölkerung hinweg entschieden worden und jetzt sei die Sache in der Schwebe, bemerkte sie zum Hubschrauberlandeplatz. Einigen Faschingsfreunden redete sie ins Gewissen: Es könne nicht sein, sich am Faschingsdienstag kleine Masken anzulachen und sie dann um halb neun mit dem Hinweis „ich bin müde“ stehen zu lassen.
Nachtwächter „Emu“ plauderte als stolzer Retzstadter aus dem Nähkästchen. Bürgermeister Karl Gerhard habe ihm geschrieben im Fair-Trade-Town seien nur noch faire Witze erlaubt. Benachteiligte Randgruppen wie der Gemeinderat seien zu verschonen. In Retzbach sei es nur mit Wein auszuhalten, der Blick auf Zellingen zwinge quasi zum Trinken. Ein Schüler habe seinem Lehrer auf die Frage, was Menschen vom Affen trennt, mit „in Retzbach ist es der Main“ geantwortet.
Das Männerballett widmete seinen tags zuvor in Retzstadt preisgekrönten Showtanz den wohl berühmtesten Klempner der Welt und spielte – zum Teil schon akrobatisch – eine Runde Super-Mario.
Als Krönung der Retzbacher Garden hatte die Prinzengarde schon beim Marschtanz überzeugt, mit dem Showtanz zu Fred Feuerstein und Familie setzte sie den Höhepunkt des Abends. Der war nach fünf kurzweiligen Stunden schon fast vorbei und endete wie üblich mit einer Polonaise aller Aktiven.
ONLINE-TIPP
Eine Diaschau finden Sie auf www.mainpost.de