Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Main-Spessart
Icon Pfeil nach unten
Lohr
Icon Pfeil nach unten

PARTENSTEIN: Der Tod des Johann Adam Hasenstab

PARTENSTEIN

Der Tod des Johann Adam Hasenstab

    • |
    • |
    Am Fronleichnamstag 1923 starb der Partensteiner Wilderer Johann Adam Hasenstab durch die Kugel des Forstverwalters Lutz. Zur Erinnerung wurde ein Gedenkstein auf dem Höhenweg nahe der Frammersbacher Skihütte errichtet.
    Am Fronleichnamstag 1923 starb der Partensteiner Wilderer Johann Adam Hasenstab durch die Kugel des Forstverwalters Lutz. Zur Erinnerung wurde ein Gedenkstein auf dem Höhenweg nahe der Frammersbacher Skihütte errichtet. Foto: Foto: Tanja Breitenbach

    Einer der wohl bekanntesten Wilderer des Spessarts ist bis zum heutigen Tage sicher Johann Adam Hasenstab, welcher 1773 im Kropfbachtal durch Revierförster Sator ums Leben kam. Weniger berühmt ist sein Partensteiner Namensvetter, der ebenfalls als Wilderer von der Kugel eines Försters starb – an Fronleichnam vor 90 Jahren.

    Im Jahre 1923 saßen am Fronleichnamstag einige Partensteiner Männer im Gastraum des Wirtshaus „Desch“ bei einem Bier zusammen und führten die üblichen „Wirtshausgespräche“. Einer der Gäste, ein stattlicher Mann namens Johann Adam Hasenstab – sein Rufname war Adam – schickte sich frühzeitig an zu gehen. Er sagte, er müsse oben auf der Schlosshöhe Eichenprügel suchen, bei denen er in nächster Zeit die Rinde zur Gewinnung von Lohrinde abschlagen musste. Auch der Hinweis auf den Festtag konnte den Adam nicht von seiner Absicht abbringen.

    Er zahlte, stand auf und ging – von den Anwesenden sollte ihn keiner mehr lebend sehen. Ihm wurde nachgesagt, ein Wilderer – oder wie die Partensteiner sagten ein „Welbertsknabbr“ – zu sein. Nicht seine vorgeschobene Absicht trieb ihn in den Wald, sondern mehr das Verlangen, auf die „Pirsch“ zu gehen. Wie sich das darauf folgende tragische Geschehen im Einzelnen abspielte, kann man nur ahnen.

    Rekonstruktion des Ablaufs

    Hier soll an Hand von Fakten, Aussagen, Berichten und logischen Überlegungen der Ablauf der nächsten Stunden und der darauf folgenden Zeit berichtet werden.

    Adam Hasenstab ging vermutlich durch die Mühlgasse, überquerte bei der Mühle auf dem alten Steg den Lohrbach und stieg den steilen Weg hoch. Sein Gewehr holte er sich aus einem Versteck in einem hohlen Baum, setzte es zusammen und begann seinen Pirschgang. Sich immer in der Deckung haltend, suchte er freie Sicht auf Flächen, auf denen er Wild vermuten konnte. Er vermied jedes Rascheln und Knacken, lauerte auf jedes Geräusch, das ein Wild oder einen Wanderer oder einen Förster anzeigen konnte. Er umschlich, immer den Waldrand nutzend, die Felder und Grasäcker der Schlosshöhe, dann des Stückfeldes. Sein Weg führte ihn in den Frammersbacher Forst zum Aubachtalhang, wo ihm dichtere Waldbezirke besseren Schutz boten und er auch weit genug von der Frammersbacher Flur war.

    Nichts Unerwartetes war geschehen, er begegnete niemandem, sah auch kein Wild. Doch ohne Beute wollte er nicht zurück. Er kannte einen Wildacker, den die Förster angelegt hatten. Dort waren seine Chancen sicher größer, dort konnte er mit Wild rechnen, das vom Grünwuchs des Wildgartens angelockt wurde.

    Um diese Zeit streifte der in Frammersbach tätige Förster August Lutz über dieselben Hänge, bisher mit dem gleichen Misserfolg wie Adam Hasenstab. Vermutlich hatte er dieselbe Idee wie Hasenstab: Am Wildacker sollte er sein Glück versuchen. Und so geschah das Schreckliche. Dort trafen sie unerwartet aufeinander. Lutz, der etwas höher stand, riss seine Schrotbüchse hoch und schrie, dass sich seine Stimme überschlug: „Halt“! Hasenstab schrie zurück: „Ein Halt gibt es nicht“, nahm seine Büchse hoch, schoss und traf. Da schoss auch Lutz und traf den Wildschütz, der mit einem Schrei zusammenbrach.

    Lutz überlegte kurz, dann rannte er nach Hause, erstattete seiner vorgesetzten Behörde, dem Forstamt Partenstein, Bericht. Dieses informierte das Amtsgericht Lohr, welches am 1. Juni 1923 die „Mitteilung des Todesfalls“ ausstellte. An diesem Tage wurde seine Familie vom Tod ihres Ernährers durch einen Gendarmerie-Wachtmeister aus Frammersbach unterrichtet. Seine Frau Eva und einer seiner Söhne spannten ihre einzige Kuh vor den Mistwagen, warfen ein Bündel Stroh drauf und fuhren hoch in den Wald zum Ort des Unglückes.

    Einige Zeit später kam das Fuhrwerk zurück, auf dem Wagen im Stroh liegend, notdürftig zugedeckt, der blutige Leichnam des Adam Hasenstab, begleitet von seinen weinenden Angehörigen. Später habe der Förster Lutz zugegeben, das Hasenstab vielleicht nicht sofort tot gewesen sei. Aber man habe erlebt, dass angeschossene Wilderer sich tot stellten und dann beim Näherkommen plötzlich schossen. Deshalb habe er es nicht gewagt, sich Hasenstab nach dem Schuss zu nähern. Es ist sicher, dass der Leichnam Hasenstabs die ganze Nacht allein und verlassen im Wald lag. Im Dorf wurde später erzählt, Hasenstab hätte nicht verbluten müssen, wenn der Förster sich um ihn gekümmert hätte.

    Keine Untersuchung

    Eine Untersuchung wurde vermutlich nicht angestellt. Über den Ablauf des tragischen Geschehens gab es abweichende Angaben. Was nun wirklich passiert war, ließ sich nicht feststellen und sorgte für ausgiebige Spekulationen und Gerüchte. Aus dem Verwandtenkreis des Getöteten wurde berichtet, dass die Unterhose Hasenstabs im Bereich der linken Leiste durch den Schrotschuss vielfältig durchlöchert gewesen sei. Dort wurde Adam Hasenstab vom tödlichen Schuss getroffen. In einer knappen Notiz in der damaligen Presse konnte man lesen: „Der Getötete hinterlässt eine Witwe und acht unmündige Kinder.“

    Bei der Bewertung dieses Sachverhaltes sollte die Situation des Jahres 1923 berücksichtigt werden. Man war im Jahr 1923, mitten in der großen Inflation, es herrschte Not und Hunger, auch bei Hasenstab und seiner Familie.

    An der Stelle, an der Johann Adam Hasenstab starb, waren danach viele Bäume mit einem Kreuz gekennzeichnet. Förster Lutz ließ die Bäume mit dem Kreuz fällen, aber kurz darauf sollen immer wieder Kreuze in die anderen Bäume geschnitzt worden sein, bis Lutz die Fällungen aufgab.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden