"Eulen kriegt man immer los", sagt die 22-jährige Lisa Pfeuffer aus Neustadt. Wobei sie lieber Figuren von Kindern schnitzt. Die Skulpturen sägt sie mit der Motorsäge aus Baumstämmen. Längst ist es für sie mehr als ein Hobby, schließlich arbeitet sie zwei Tage die Woche den ganzen Tag an ihren Skulpturen und betreibt ihre Kunst seit rund einem Jahr als Nebenberuf. Dafür stehen ihr mittlerweile sage und schreibe 14 Kettensägen zur Verfügung.
Weil es für die umliegenden Häuser am Pfeuffershof auf Dauer zu laut wäre, wenn sie den ganzen Tag mit der Motorsäge hantiert, hat sie ihren Schnitzplatz jetzt etwas außerhalb. Hinter Holzarken steht sie dann auf einem immer größer werdenden Sägemehlhaufen und schneidet mit ihren spitz zulaufenden Carving-Sägen ihre Kunstwerke. Um sie herum liegen Eichenstämme – ihr Rohstoff. Wenn es regnet, nimmt sie einen Pavillon mit. Im Winter könne es draußen schon unangenehm werden. Aber das bremst sie nicht.
Tierfiguren für den Kindergarten

Für kleinere Tiere wie etwa Katze, Hund und Hahn für den Kindergarten Eisingen, die sie als Auftragsarbeit gemacht hat, braucht sie etwa einen Tag. Für einen großen Steinbock, der auf einem Steinhaufen im Ziegengehege am Haus der Pfeuffers steht, hat sie dagegen 45 Arbeitsstunden gebraucht. Obwohl ihr alle davon abgeraten haben, ihn farbig zu machen, hat sie es trotzdem gemacht. Für 2000 Euro würde sie ihn verkaufen.
Früher sei sie auf Märkte gegangen, aber da hätten die Leute bei den Preisen geschluckt. Für Figuren wie Katze, Hund und Hahn verlangt sie 300 Euro. Jetzt laufe das meiste über Mundpropaganda und über ihre Facebook-Seite "Lisa – sawdust & art" (zu deutsch: Sägemehl und Kunst). "So viel wirft's nicht ab", sagt sie. Neben den Kosten für das Eichenholz müsse man noch mit etwa zehn Euro Verschleiß pro Stunde an den Sägen rechnen, gibt sie zu bedenken.

Wie kommt eine junge Frau auf eine solch ungewöhnliche Beschäftigung? "Irgendwie war es für mich schon immer klar, dass ich mal was mit Holz machen will." Nach einer Schreinerlehre hat sie zunächst einen Holzbildhauerkurs in Oberammergau gemacht. In 40 Stunden hat sie eine kleine Skulptur geschaffen – eine ganz schön lange Zeit, wie sie fand. Irgendwann haben ihr Bruder und ihr Freund, beides Förster, ihr gezeigt, wie sie in der Ausbildung mit Motorsägen Skulpturen geformt haben. "Da dachte ich mir, das geht doch schneller." Einen Tag hat sie es ausprobiert und ist dann gleich am nächsten Tag los, um sich Ausrüstung zu holen. Holz gab's im eigenen Wald. Zweieinhalb Jahre ist das jetzt her.
Meistens arbeitet sie mit Eiche
"In der Anfangszeit hab ich relativ viel Brennholz erzeugt. Bei allem, was mir nicht gefallen hat, kam der Kopf runter", erzählt Lisa Pfeuffer. Das habe für sie auch etwas Befreiendes gehabt. Heute ist sie erfahrener und kann kleine Fehler noch korrigieren. Meist arbeitet sie mit Eiche. Das feste Holz ist einerseits am witterungsbeständigsten, andererseits lasse es sich mit der Säge schön bearbeiten und franse nicht aus. Bei Eiche bleibe zudem die Struktur des Holzes gut erhalten. Im Frühjahr beschaffe sie sich ihren Eichenvorrat fürs ganze Jahr, der eigene Wald decke den Bedarf inzwischen nicht mehr ab.
"Ich bin einfach glücklicher so, als wenn ich die ganze Woche in der Halle stehe."
Lisa Pfeuffer über ihren Nebenberuf Kettensägenkünstlerin
In ihrem Beruf möchte die gelernte Schreinerin nicht mehr arbeiten. An sich sei er schön, aber da werde heutzutage viel mit großen Maschinen gearbeitet, weniger mit der Hand. "Beim Schnitzen ist noch alles Handarbeit." Und die Leute wüssten Qualität oft nicht mehr so zu schätzen und kauften lieber billige Möbel. Jetzt arbeitet sie drei Tage in der Woche bei P&G im Lager und zwei an ihren Skulpturen. "Ich bin einfach glücklicher so, als wenn ich die ganze Woche in der Halle stehe."

Die 22-Jährige erzählt, dass es eine regelrechte Schnitzer-Szene mit regelmäßigen Treffen gibt. Anfang Mai war sie ein Wochenende in Zwickau und hat dort mit anderen auf einer Bühne die ganze Zeit geschnitzt. Bei solchen Events gehe es hauptsächlich um Geselligkeit, es gebe aber auch Schnellsäge-Wettbewerbe (Speedcarving), wo man meist 45 Minuten Zeit für eine beliebige Figur hat. "Gewonnen" hat dann der, der dafür den höchsten Versteigerungserlös erhält.
Figur steht im Zoo in Neuwied
Ihre erste derartige Veranstaltung war in Bad Mergentheim im Wildpark. Weil sie dort als fast noch blutige Anfängerin die Gelegenheit dazu hatte, hat sie sich an einen zwei Meter hohen Stamm gewagt und daraus ein Känguru geschnitzt. Das stehe jetzt im Zoo Neuwied. Inzwischen kann sie mit ihrer Vielzahl an Werkzeugen Figuren viel filigraner schnitzen als am Anfang. Dafür hat sie Schleifwerkzeug, Fräsen und Handeisen für die Augen.
Für Tierskulpturen sucht sie sich im Internet Bilder heraus, die sie dann während des Sägens aufhängt. Grob misst sie die Proportionen aus, dann geht es schon los. Am liebsten schnitzt sie Menschen, was aber zugleich die größte Herausforderung ist. Deswegen hat sie auch schon einen Kurse für Gesichter und Hände mitgemacht. Eulen gehen bei Kunden immer, sie hat auch ein paar, aber das sei nicht ihr Lieblingsmotiv. Was auch gehe, sind Adler, aber da übe sie noch.
Wer sich persönlich ein Bild von der Kunst und dem Schaffen von Lisa Pfeuffer machen will, kann dies bei der 1250-Jahrfeier Neustadts Anfang Juli auf dem Pfeuffershof.