„Wirtschaft ist nicht notwendig, sie ist eine Notwendung – sie soll Not wenden und damit dem Menschen dienen.“ Der Unternehmer Wolfgang Gutberlet nutzte das ihm gebotene Forum beim dritten Lohrer Stadtgespräch im Alten Rathaus, um seine Unternehmensphilosophie darzulegen.
Den nahezu 150 Gästen, überwiegend Unternehmerinnen und Unternehmer aus Lohr und Umgebung, bietet Gutberlet aber mehr an, als eine Unternehmenskultur oder Weltanschauung. „Ich bin Lebensmittelhändler, kein Philosoph“, stellte er fest. Aber er macht sich Gedanken, warum man Menschen wie ihn „Man-ager“ nennt, obwohl er doch gar nicht mit den Händen arbeitet, da sei doch „Head-ager“ die korrektere Bezeichnung.
Es ist diese Art zu philosophieren, die sich wie ein roter Faden durch seinen Vortrag und die Zuhörer in seinen Bann zieht. „Wir müssen darauf achten, wie wir unsere Sprache sorgfältiger benutzen“, fordert er, reibt sich an Wörtern wie „Tierproduktion“ oder „Pflanzenproduktion“. Das sei doch gar nicht ein Tun des Menschen. „Wir schaffen nur die Voraussetzungen“, den Rest erledige die Schöpfung.
Wolfgang Gutberlet macht immer wieder deutlich, wo seine Wurzeln liegen: „Ich habe drei Chefs“, hätte ihm sein Vater einmal gesagt, „den Herrgott, meine Frau, und die Schulden“. Elegant legt der Referent dar, dass sich diese drei Dimensionen, die „Trinität des Menschen“, aus dem „Vater Unser“ entwickeln lassen. Genau so solle ein Unternehmer die Ideen „auf den Boden der Tatsachen“ holen, sie gemeinsam mit anderen Menschen verwirklichen und dabei auch Irrtümer und Fehler „entschulden“ können.
„Wir sind gegen Fehler nicht gefeit, auch bei tegut läuft einiges, was mir nicht passt“, räumt er ein. Aber deswegen müsse doch nicht gleich die ganze Idee schlecht sein. „Du musst jedoch eine Idee haben, wie du den Schaden begrenzt, ihn wieder gut machst“, zitiert der Unternehmer noch einmal seinen Vater. Im Anschluss an den frei gehaltenen Vortrag hatten die Besucher Gelegenheit, den Referenten direkt zu befragen oder mit ihm bei einem mit Bioprodukten bestückten Imbiss zwanglos ins Gespräch zu kommen. Veranstalter des dritten Lohrer Stadtgesprächs waren wie in den Vorjahren das Steuerbüro Altendorf & Heckel und Finanzplaner Klaus Marschall.
Wolfgang Gutberlet
Der 66-jährige Wolfgang Gutberlet, bis heute im Vorstand der tegut Gutberlet Stiftung & Co., hatte 1973 die Führung des 1947 gegründeten väterlichen Handelsunternehmens übernommen. Gutberlet ist Anthroposoph und war Vorreiter bei der Einführung von Bio-Produkten Anfang der 80er Jahre im klassischen Lebensmitteleinzelhandel. 2009 übergab er den Vorstandsvorsitz an seinen Sohn Thomas. Zwei 1989 von Gutberlet gegründete Stiftungen dienen dazu, die Führung des Unternehmens zu sichern und Teile des Unternehmenseinkommens gemeinnützig zu verwenden. Er hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter das Bundesverdienstkreuz und den Titel „Ökomanager 2005“.