Mit der temporeichen und spritzigen Komödie "Silver Sisters" hat sich der Theaterverein "Die Gaukler" nach der Corona-Zwangspause auf der Bühne des nahezu ausverkauften Kulturkellers im Weinhaus Mehling zurückgemeldet. In zwölf Szenen geht es – in Anlehnung an die Fernsehserie "Golden Girls" – um das Leben und die Probleme einer Wohngemeinschaft von vier nicht mehr ganz jungen Frauen.
Die Premiere spielte Gruppe 1 der Gaukler, am kommenden Wochenende sind die fünf Ensemblemitglieder der Gruppe 2 an der Reihe. Im Grunde genommen handelte es sich sogar um eine Weltpremiere, denn Regisseur Constantin Kilian hat das Stück in dreieinhalb Monaten eigens für die Gaukler geschrieben, unterstützt von seiner Lebensgefährtin und Co-Autorin Birgit Mittelstädt.
In der Wohngemeinschaft der intelligenten Carlotta (Inge Schwab), ihrer zynischen Mutter Lucia (Martina Rausch), der lebenslustigen Maeve (Ditte Remmel) und der naiven Trudy (Tanja Nätscher) ist bis auf einige kleinere Probleme alles in Ordnung: Wer hat das letzte Stück Käsekuchen gegessen? Hat Carlotta endlich ein erfolgreiches Date? Wann hört Trudy mit den öden Geschichten aus ihrem Heimatort St. Olaf auf?
Kündigung schockiert
In das traute Zusammenleben hinein platzt ein Brief des Vermieters Levinsky (Gerhard Kolbert): Weil seine Frau ihn hinausgeworfen hat, um mit einem 20 Jahre jüngeren Fitnesstrainer zusammenzuleben, kündigt er Hauptmieterin Maeve wegen Eigenbedarfs den Mietvertrag. Was soll aus den vier Frauen werden? In Miami, wo das Stück spielt, gibt es keinen günstigen Wohnraum.
Lucia will auf keinen Fall ins Altenheim "Zum fröhlichen Endspurt": "Wenigstens habe ich noch den Revolver, ich muss mal gleich nachsehen, ob dafür noch Patronen da sind." Die Hoffnungen auf ein frei gewordenes Haus, dessen Bewohner ermordet wurden, zerschlägt sich. "Das Massaker-Haus ist schon weg", berichtet Trudy.
Ein Date beim Nobel-Italiener mit Jack (Gerhard Kolbert in einer Doppelrolle), der sich auf ihre Kontaktanzeige gemeldet hat, kann Carlotta nicht ablenken. Denn es stellt sich heraus, dass den tollen Text, der Carlotta so gefallen hat, ein Freund Jacks geschrieben hat ("vielleicht sollte ich den mal daten"), und ihr Zufallsbekannter vor allem über seine eigenen albernen Witze lachen kann.
Ihrer Freundin Trudy gefällt Jack allerdings, als dieser Carlottas vergessene Ohrringe abgibt, und sie fängt etwas mit ihm an. Lucia hat inzwischen mit ihrem alten Bekannten Alfredo in Sizilien telefoniert: "Der Vermieter muss weg und zwar subito!" Aber sie kann sich nicht sicher sein, ob sie ihn damit wirklich auf die Abschussliste gesetzt hat, denn ihr Italienisch ist schon etwas eingerostet.
Einen anderen Weg wählt Maeve: Sie verabredet sich mit Levinsky, um ihn zu bezirzen. Die beiden verstehen sich tatsächlich gut und am nächsten Tag taucht der Vermieter bei den vier Damen auf, um Maeve überraschend einen Heiratsantrag zu machen. Ob Maeve den Antrag angenommen hat und es ein Happy End für die Wohngemeinschaft der vier Frauen gibt, kann man in 30 weiteren Vorstellungen jeweils am Freitag und Samstag bis Anfang März 2023 sehen.
Hommage an US-Serie
Ohne die Leistungen der anderen zu schmälern, müssen vor allem Martina Rausch und Gerhard Kolbert erwähnt werden. Rausch spielt mit toller Maske und rauer Stimme eine überzeugende Lucia, die zwar zynisch klingt, oft aber nur realistisch ist. Kolbert ähnelt mit blonder Perücke als Jack verblüffend Bond-Bösewicht Javier Bardem und changiert mit Dauerlachen zwischen albernem Muttersöhnchen und irrem Serienkiller.
Regisseur Constantin Kilian meinte nach der Premiere, als er im Januar von den Gauklern gefragt worden sei, ob er nach 2017 ein zweites Mal Regie bei ihnen führen wolle, habe er "mit großer Begeisterung ja gesagt". Es sei nicht leicht gewesen, ein passendes Stück zu finden, weil der Frauenüberschuss bei den Gauklern groß sei. Dieser sei größer "als in der Politik und bei Shakespeare", lästerte Kilian.
So sei die Idee entstanden, eine Hommage an die "Golden Girls" zu schreiben, eine "tolle US-Fernsehserie aus den 1980er Jahren". Die Schwierigkeit sei gewesen, aus 23-Minuten-Folgen ein 90-Minuten-Theaterstück zu generieren.