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NEUENDORF: Die Maskenschnitzer von Neuendorf

NEUENDORF

Die Maskenschnitzer von Neuendorf

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    Liebe zum Detail: Viel Zeit kosten gerade die Feinarbeiten, die Ralf Spiegel an allen fünfzehn Masken selbst vornimmt.
    Liebe zum Detail: Viel Zeit kosten gerade die Feinarbeiten, die Ralf Spiegel an allen fünfzehn Masken selbst vornimmt. Foto: Foto: Gabi Nätscher

    Nicht unbedingt Nägel mit Köpfen, aber sicher Köpfe mit Masken wird man wohl in Neuendorf demnächst öfters sehen. Derzeit sind nämlich 15 fleißige Handwerker dabei, sich für die nächste Faschingssession traditionelle Holzmasken selbst zu schnitzen. Dazu kommt noch ein selbst genähtes Fleckenkostüm und fertig sind die Winteraustreiber.

    Das sei nämlich die eigentliche Idee des Faschings, erzählt Ideengeber und Organisator Marco Pintar: den Winter austreiben. Dies würde vor allem noch bei der alemannischen Fastnacht praktiziert. „Da gibt es noch richtige Zünfte“, weiß Pintar. Bei uns ist dieser Brauch in Vergessenheit geraten. Deshalb wollen sich die Neuendorfer Faschingsnarren wieder an solch alten Traditionen orientieren.

    Schon vor Jahren hatte Pintar die Idee gehabt, Holzmasken für den Fasching anzuschaffen. Zum Beispiel in der Rhön hätte man diese kaufen können – für mindestens 300 bis 400 Euro pro Stück. Das war dann doch etwas zu viel und so sagten sich Pintar und sein Mitstreiter Ralf Spiegel: „Dann mach mer die halt selber.“ Zunächst waren sie zu siebt, mittlerweile sind es fünfzehn „Schnitzwillige“ geworden, die sich unter Anleitung von Spiegel bereits seit einem Jahr immer wieder treffen und die Masken langsam entstehen lassen.

    Erste Probemaske

    Für Ralf „Ralle“ Spiegel ist Holz kein unbekanntes Material: Bereits seit Jahren arbeitet der Diplompädagoge als Ergotherapeut an der Universitätsklinik Würzburg unter anderem mit diesem Material. Eigentlich ist eher Zeichnen „sein Ding“, Karikaturen oder Malen mit Ölfarben seine Favoriten, aber auch mit Speckstein hat er schon viel gemacht. Und Holz liegt gar nicht so weit davon weg. „Ich probiere gerne Materialien aus“, berichtet er, Holzarbeiten hat er auch schon viele gemacht und verschenkt. Jetzt hat er eine „Probemaske“ geschnitzt, nach deren Aussehen die anderen Masken gefertigt werden.

    Jeder macht die Grobarbeiten an seiner Maske selbst, so sei auch ein Bezug da, berichten Norbert Vogel und Armin Bernard. Sie befinden sich an einem Samstag ebenfalls in der Werkstatt von Elmar Ebert in Neuendorf, der seine Räume zur Verfügung gestellt hat.

    Die Feinarbeiten muss dann fast alle Spiegel machen. „Irgendwann ist es begrenzt“, meint er zu den künstlerischen Fähigkeiten seiner Kollegen. „Ohne Ralle würden wir es nicht schaffen“, ist sich Marco Pintar sicher. Vom Augenabstand erzählt Spiegel, oder davon, wie die Maske durch die Form der Stirn ihren eigenen Charakter bekommt.

    Schon die Holzbeschaffung war eine Aktion für sich: Über den Forsttechniker Stephan Günther, der aus der Nähe von Kaiserslautern stammt und jetzt bei der Stadt Lohr angestellt ist, sind sie an seinem Heimatort an das Holz einer 120 Jahre alten Linde gekommen. Diese war vom Blitz getroffen worden und musste weg. „Da haben wir zugeschlagen“, erzählen die Maskenschnitzer. Lindenholz sei ideal für solche Zwecke, da es ein sehr weiches Holz und leicht zu schnitzen sei. Bereits früher ist oft traditionell Lindenholz dafür benutzt worden.

    Trocknung im Sägewerk

    Die Neuendorfer sind dafür extra nach Kaiserslautern gefahren. 18 Holzklötze, rund 300 Kilogramm schwer, haben sie mitgebracht und im Langenprozeltener Sägewerk Grötsch trocknen lassen. „Was davon mal übrig blieb, kann man ja sehen“, meint Spiegel. Die Masken müssen ja innen noch ausgehöhlt werden, da bleibt vom ursprünglichen Gewicht nicht mehr so viel übrig.

    Individuell werden die Masken allemal sein: Nach Art der „Näudöffer Köalstiehl“, wie sich die Faschingsnarren dort nennen, ist der Kopf in der Form einer Rübe gestaltet. Oben heraus wächst auch das „Kraut“, das noch mit grünem Filz besser hervorgehoben werden soll – echte „Neuendorfer Masken“ eben. Ein kleines Manko haben die Masken aber noch: „Angeblich schauen sie zu fröhlich“, berichtet Spiegel. Normalerweise sind Holzmasken ernst dreinblickende Gesellen, die eher Angst machen. Nicht so in Neuendorf – individuell eben.

    Genauso individuell werden die Kostüme dazu angefertigt: Hier handelt es sich um ebenfalls traditionelle „Flickenkostüme“, die man in der alemannischen Fastnacht sehen kann. In Neuendorf sind sie aber farblich extra an der Gemeindefahne ausgerichtet und in hellblau, gelb, rot, schwarz und weiß gehalten. Viel, viel Arbeit macht es, die einzelnen Flicken in Wellen auf Jacken und Hosen zu nähen. Davon kann Marco Pintars Mutter ein Lied singen, die das erste Kostüm bereits genäht hat. Nach der Fertigstellung meinte sie: „Tu's weg, ich kann's nimmer seh.“

    Was jetzt schon lange währt, wird nun hoffentlich endlich gut: Bereits nach dem Fasching 2009 hatten sie sich zusammengesetzt, im August 2009 erst das Holz bekommen und „dann haben wir die Arbeit leicht unterschätzt“, schmunzelt Armin Bernard. Nun haben sie sich den nächsten Fasching zum Ziel gesetzt – dann kann man beim Faschingszug in Neuendorf wohl echte „Winteraustreiber“ sehen.

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