Nach 65 Jahren geht eine Ära zu Ende: Die Metzgerei Johannes Remlein schließt am Karsamstag, 15. April, für immer die Türen. Damit enden eine Familientradition und ein Stück Dorfgeschichte.
Die Gründe sind vielfältig: Zum einen setzten Supermärkte und Discounter handwerkliche Metzgereien unter Preisdruck, da sie Fleischprodukte viel günstiger anbieten können. Zum anderen geht der Trend zum geringeren Fleischkonsum. Der frühere Slogan der Metzger „wir verkaufen Genuss“ habe heute ausgedient, sagt Bernadette Remlein.
Wehmütiger Blick auf 65 Jahre
Die Chefin blickt auf sechseinhalb Jahrzehnte Metzgertradition zurück. Ihr Schwiegervater Karl Remlein erlernte Anfang der 1940er Jahre in der Metzgerei Knauf in Burgsinn den Metzgerberuf. Anfang der 1950er Jahre ging sein Vater Johannes mit dem Jägermeister-Vertreter Andreas Rupp in Aura zur Jagd. Rupp animierte den ehrgeizigen Jungmetzger Karl Remlein, in seinem Elternhaus eine Metzgerei zu eröffnen, um Wildbret zu verkaufen.
Mit Rupps Unterstützung wurde 1952 der Metzgerladen in der Hauptstraße 37 eröffnet, der in der Metzgerei Filippi einen Mitbewerber am Ort hatte. Der junge Mann holte 1956 die Meisterprüfung nach und bildete die ersten Lehrlinge aus. Das Fleischerei-Fachgeschäft expandierte, besonders in den hessischen Nachbargemeinden bis Bad Orb, Bad Soden und Wächtersbach fanden die Fleisch- und Wurstprodukte aus Aura viel Absatz. Die Metzgerei Remlein war zur Adresse für Hausmacher Spezialitäten geworden.
Karriere als Lokalpolitiker
Doch die 1960 begonnene politische Karriere als Bürgermeister (36 Jahre) und als Gemeinschaftsvorsitzender der Verwaltungsgemeinschaft Burgsinn (zwölf Jahr) ließen wenig Freiraum für die Metzgerei. 1981 übergab der Senior den Betrieb an seinen Sohn Hans, der neun Jahre zuvor seine Ausbildung im elterlichen Betrieb begonnen hatte und 1976 die Meisterprüfung mit Bravour abschloss.
Ganz im Sinne des Vaters führte Hans das Fleischereifachgeschäft mit Erfolg weiter. Doch Anfang der 1990er Jahre kamen die ersten Rückschläge und die Geschäfte gingen erheblich zurück. Wegen der hohen Spritpreise während der Ölkrise brachen die hessischen Kunden weg, und neue Supermärkte lockten mit Billigangeboten. 2012 erkrankte Hans Remlein und starb.
Wettbewerb verschärft sich
Ehefrau Bernadette und Sohn Julian, der schon die Meisterprüfung im Metzgereihandwerk besaß, führten das Geschäft weiter. Der Wettbewerb verschärfte sich, der neue Dorfladen eröffnete. Nach und nach reifte der Entschluss, nach 65 Jahren die Ladentüre endgültig abzuschließen.
Bernadette Remlein, die knapp 40 Jahre hinter der Ladentheke stand, sieht das Ende mit Wehmut. Sie ist jedoch froh, dass Sohn Julian in Würzburg als Metzgermeister eine neue Herausforderung fand. Sie zollt der Kundschaft Dank für die langjährige Treue. Am Karsamstag, 15. April, öffnet der Laden von 7 bis 11 Uhr zum letzten Verkaufstag. Einkaufsgutscheine können bis zu diesem Termin eingelöst werden.